Gründe für körperliche Inaktivität nach ACL-Rekonstruktion

Gründe für körperliche Inaktivität nach ACL-Rekonstruktion
© Daniel / Adobe Stock

Dass eine effiziente und nachhaltige Rehabilitation immer auch psychologische bzw. psychosoziale Komponenten hat, ist seit Längerem bekannt. Unter den häufigen schweren Sportverletzungen stechen hier Rupturen des anterioren Kreuzbands (ACL) besonders hervor. Sie sind äußerst schmerzhaft und erfordern in der meist sehr langen Rehabilitationsphase eiserne Disziplin. Betroffene können oft erst nach Monaten wieder ins Training einsteigen – manchmal ohne ihr früheres Leistungsniveau wieder zu erreichen, was sehr frustrierend sein kann. Auch nimmt die Prävalenz für körperliche Inaktivität nach einer ACL-Rekonstruktion zu.

Schwedische Forscher haben jetzt den Zusammenhang zwischen länger zurückliegender primärer ACL-Rekonstruktion und körperlicher Inaktivität im Rahmen einer Fall-Kontroll-Beobachtungsstudie untersucht (1). Hierzu zog das Forscherteam validierte Skalen wie die Knee Efficacy Scale (K-SES), den Knee Injury Osteoarthritis Outcome Score (KOOS), die Tegner Activity Scale (TAS), die Knee Self-Efficacy Scale (K-SES18) und die ACL Return to Sport after Injury Scale (ACL-RSI) heran. Ausgewertet wurden die Antworten bezüglich täglicher Aktivität und kniebezogenem Befinden von 173 Patienten (47 Prozent weiblich, Alter 15 bis 65 Jahre) aus dem schwedischen ACL-Rehabilitationsregister. Alle Befragten hatten sich fünf bis acht Jahre zuvor einer operativen Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands unterzogen. Median bewegten sich die Teilnehmer 345 Minuten pro Woche; nur 14 Prozent der Befragten (darunter 28 Prozent weiblich) wurden als körperlich inaktiv ermittelt.

Die Frage nach dem Warum ergab ein klares Bild: ACL-Patienten, die 18 Monate nach der OP wieder mit dem Training oder anderen Bewegungsarten begonnen hatten, wiesen ein resilienteres psychologisches Gesamtprofil auf und waren psychisch motivierter für einen teilweisen oder vollständigen Return-to-Sport (RtS). Im Gegensatz dazu korrelierten Berichte über eine geringere gegenwärtige und zukünftige kniebezogene Selbstwirksamkeit sowie geringere psychische Bereitschaft zum RtS im gleichen postoperativen Zeitraum mit einem signifikant erhöhten Risiko, fünf bis acht Jahre nach der ACL-Rekonstruktion körperlich inaktiv zu sein.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie unterstreichen erneut die Wichtigkeit einer guten interdisziplinären Zusammenarbeit aller medizinischen Akteure bei ACL-Verletzungen. Je früher der Patient psychisch stabilisiert und motiviert in ein vertretbares Maß an körperlicher Aktivität einsteigt, desto höher ist seine Chance, das wiederhergestellte Knie auch langfristig ohne Angst zu benutzen – mit allen positiven Effekten, die Bewegung auf Körper und Geist besitzt.

Die Einschränkungen der Erhebung bestehen darin, dass das selbstberichtete Aktivitätsniveau erfahrungsgemäß höher eingeschätzt wird, als es tatsächlich ist. Zudem erfolgte die Datenerhebung während eines Lockdowns in der Corona-Pandemie, was ebenfalls auf die individuelle Aktivität Einfluss gehabt haben kann. Potenziell verzerrend könnte außerdem die Tatsache gewirkt haben, dass die 41 Prozent der Teilnehmer, die anfangs wegen sekundärer ACL-Verletzungen ausgeschieden waren und so aus der Nachbeobachtung fielen, durchwegs deutlich jünger und vor der Primärverletzung sportlich aktiver waren als die verbliebenen Personen.

■ Kura L

Quellen:

  1. Stigert M, Ashnai F, Thomeé R, Hamrin Senorski E, Beischer S. Physical inactivity 5-8 years after anterior cruciate ligament reconstruction is associated with knee-related self-efficacy and psychological readiness to return to sport. BMJ Open Sport Exerc Med. 2023; 9: e001687. doi:10.1136/bmjsem-2023-001687