Dopingrelevanz von Augenmedikamenten im Sport

Dopingrelevanz von Augenmedikamenten im Sport
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Leistungsfördernde Mittel spielten schon im Sport des Altertums eine große Rolle. Ihre Nutzung wurde sehr unterschiedlich geahndet. Seit Schaffung der Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 ist man besonders um einen fairen Sport bemüht und bekämpft das Doping, das immer auch einmal zu Todesfällen führte. Traurige Berühmtheit haben die Doping-Todesfälle des englischen Radfahrers Simpson 1967 bei der Tour de France am Mont Vertoux und des deutschen Boxers Jupp Elze 1968 erlangt, den der Autor konsiliarisch in der Universitätsklinik Köln, im Koma liegend, 1968 augenärztlich untersuchte, ehe er an Gehirnblutungen verstarb.

Gemäß dem Code der Welt-Antidoping-Agentur (WADA) umfasst Doping nicht nur die Einnahme verbotener Substanzen, sondern auch die Anwendung verbotener Methoden und Handlungsweisen (9).

In einer Zeit der Benutzung immer neuer Pharmaka, Methoden und Handlungsweisen, die im Sport nicht erlaubt sind, spielen Kontrollen zur Einhaltung von Vorschriften und Gesetzen eine immer größere Rolle (1, 4). Da sich die entsprechenden Bestimmungen relativ rasch ändern, bedarf es auch auf dem Sektor der Pharmaka für Augenerkrankungen von Zeit zu Zeit aktualisierter Empfehlungen für betroffene Sportler (7) seitens der Sportophthalmologie. Dieses gilt für andere Fachrichtungen in gleichem Maße (3). Aber im Gegensatz zu anderen Fachgebieten stehen Augen-Therapeutika, bzw. Methoden und Handlungsweisen im Allgemeinen nicht im Verdacht, zum Zweck der illegalen Leistungssteigerung angewandt zu werden. Meist führt bei augenkranken Sportlern Unwissen zu Doping-Auffälligkeiten im Sport.

Nebenbei sei bemerkt, dass ja der Sport selbst ein oft sehr wirksames „Medikament“ darstellt, das ggf. gesundheitlichen, aber nicht gesetzlichen Beschränkungen unterliegt (2). Hierbei denken wir an die günstige Wirkung von Ausdauerbelastungen auf diabetische sowie arteriosklerotische Augen- (und Körper-) Prozesse sowie auf das Glaukom (2, 3, 5, 7).

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Sportophthalmologische Untersuchungseinheit im Schwimmzentrum der Deutschen Sporthochschule Köln © Schnell

 

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Augenmedikamente im Leistungssport

Athleten und Athletinnen, die Medikamente gegen Augenerkrankungen anwenden, welche auf der Verbotsliste der WADA (10) stehen, müssen bestimmte Verfahrensweisen einhalten, wenn sie an nationalen oder internationalen Wettkämpfen teilnehmen möchten. Grundsätzlich richtet sich das Prozedere nach der Testpoolzugehörigkeit des Athleten und nach der Wettkampfteilnahme (national oder international). Die aktuelle Verbotsliste der WADA, sowie die deutsche informatorische Übersetzung sind auf der Website der NADA zu finden (www.nada.de/service-infos/downloads/ – “WADA Verbotsliste”).

Sportlerinnen und Sportler, die einem Testpool angehören oder in bestimmter oberen deutschen Ligen in den Sportarten Eishockey, Handball und Fußball spielen, müssen vor der Anwendung verbotener Substanzen oder Methoden eine Medizinische Ausnahmegenehmigung (Therapeutic Use Exemption, TUE) bei der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) beantragen (8). Die Zugehörigkeit zu einem Testpool betrifft in der Regel Athleten, die einem Bundeskader oder einer Nationalmannschaften angehören. Dies wird den Betreffenden vom entsprechenden Sportfachverband, bzw. der NADA, mitgeteilt. Das aktuelle TUE-Antragsformular ist ebenfalls auf der NADA-Website zu finden (“www.nada.de/service-infos/downloads/ – „Formular Antrag auf Medizinische Ausnahmegenehmigung“). Zusätzlich zum vollständig ausgefüllten TUE-Antragsformular muss eine aktuelle fachärztliche Stellungnahme eingereicht werden, die die Vor- und Krankengeschichte ausführlich und nachvollziehbar beschreibt und sorgfältig begründet, warum erlaubte alternative Wirkstoffe nicht eingesetzt werden können. Weitere diagnostische Befunde, z.B. Erstdiagnose, Laborergebnisse, Tests und Berichte, vervollständigen den Antrag. Nach Eingang der vollständigen Unterlagen wird der TUE-Antrag vom Komitee für Medizinische Ausnahmegenehmigungen (Therapeutic Use Exemption Committee, TUEC) der NADA geprüft und beschieden. Das Ergebnis geht dem Athleten in schriftlicher Form zu. Für die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen müssen diese Ausnahmegenehmigungen vom entsprechenden Internationalen Sportfachver­band anerkannt werden.

Sportlerinnen und Sportler, die keinem Testpool angehören, müssen sich die Anwendung verbotener Substanzen oder Methoden bei einem Start auf nationaler Ebene in Deutschland nicht vorab genehmigen lassen (8). Hier genügt zunächst ein fachärztliches Attest, das die Anwendung des Medikamentes in der angewandten Art, Dosierung und Häufigkeit unter Angabe von Therapiebeginn und -ende bescheinigt. Das fachärztliche Attest darf maximal 12 Monate alt sein und muss mit Stempel und Unterschrift des behandelnden Facharztes versehen sein. Ein Vordruck für ein solches Attest ist online verfügbar (www.nada.de/service-infos/downloads/  – „Attestvorlage“). Eine Übermittlung des Attestes vor Wettkämpfen an die NADA ist nicht erforderlich. Eine Kopie muss jedoch bei jedem Wettkampf mitgeführt werden und wird im Falle einer Dopingkontrolle dem Kontrollformular beigefügt. Bei bestimmten Substanzen muss nach einer Dopingkontrolle zusätzlich noch eine rückwirkende TUE beantragt werden. Für die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen sollten sich Athleten unbedingt im Vorfeld beim jeweiligen internationalen Sportfachverband erkundigen, ob diese Attest-Regelung der NADA anerkannt ist. Sofern dort andere Regelungen gelten, muss ggf. beim internationalen Sportfachverband selbst ein Antrag auf Medizinische Ausnahmegenehmigung gestellt werden. In Tabelle 1 sind Medikamente, die häufig am Auge angewendet werden, sowie die ggf. notwendige Verfahrensweise zusammengestellt.

Tab 1: Verfahrensweisen zur Anwendung von Medikamenten bei Augenerkrankungen im Leistungssport
Tabelle: Doping, Verfahrensweisen zur Anwendung von Medikamenten bei Augenerkrankungen im Leistungssport
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Für Sportler mit Augenerkrankungen ist es mitunter nicht leicht, den Bestimmungen zu entnehmen, ob die eigene Medikation bestimmte Handlungen erforderlich macht, um gefahrlos an den Start gehen zu können. Daher empfehlen wir, den behandelnden Augenarzt zur Beratung hinzuzuziehen und ggf. mit ihm zusammen notwendige Papiere auszufüllen, zumal er in vielen Fällen ja sowieso mit ärztlichen Bescheinigungen Hilfestellung leisten muss. Viele Wirkstoffe und Präparate sind mit Hilfe der Medikamentendatenbank NADAmed (https://www.nada.de/medizin/nadamed/) auf ihre Dopingrelevanz hin überprüfbar. Medizinische Anfragen können auch per E-Mail an das Ressort Medizin der NADA gerichtet werden (medizin@nada.de). Von besonderer Wichtigkeit ist es, zusammen mit den behandelnden Ärzten die Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Medikamenten im Sport zu erfassen und an offizielle Stellen weiterzugeben.

■ Schnell D, Welz M (Nationale Anti-Doping Agentur, NADA)

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Quellen:

  1. Clasing D, Müller RK. Dopingkontrollen. Bundesinstitut für Sportwissenschaft Bonn, 3. Auflage, Bergheim: Druckpunkt Offset mbH; 2005: 9-119

  2. Kypke, W. et al. Augeninnendruck während und nach körperlicher Belastung: II. Säuren- und Basenhaushalt. Albrecht von Graefes Arch. klin. exp. Ophthalmol. 1973; 188: 43

  3. Löllgen H, Hiddemann W, Werdan K. Sport als Therapie bei inneren Erkrankungen. Internist. 2012; 53: 661–662. doi:10.1007/s00108-011-2931-3

  4. Nieß AM, Striegel H, Wiesing U. Doping und Medikamentenmissbrauch im Breiten- und Freizeitsport. Dtsch Z Sportmed. 2014; 65: 29-33. doi:10.5960/dzsm.2013.091

  5. Preuß M. Glaukom und Sport. Auswirkungen einer Trainingsintervention auf den intraokularen Druck bei Patienten mit medikamentös eingestelltem primären chronischen Offenwinkel- und Normaldruckglaukom. Dissertation des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln. 2013; 165-238

  6. Schnell D. Auge. In: Graf C, Hrsg. Lehrbuch Sportmedizin. Köln: Deutscher Ärzteverlag; 2012: 421, 429, 432 ff., 661

  7. Schnell D. Antidoping-Problematik bei Augentherapien von Hochleistungssportlern. Der Augenarzt. 2017; 2: 81-83

  8. Standard für Medizinische Ausnahmegenehmigungen der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland. Version 6.0. 15. Februar 2019

  9. The World Anti-Doping Code 2015 with 2019 amendmends. [aufgerufen am: 13.08.2020]

  10. The World Anti-Doping Code. The 2020 Prohibited List. International Standard. 01.01.2020. [aufgerufen am 13.08.2020]