Dehnen und Faszientraining: Was bringt es für die sportliche Leistung?
Beim Dehnen oder Stretching ist nicht nur der Begriff »out«. Auch der Vorgang an sich scheint, schenkt man wissenschaftlichen Daten Glauben, fast wie aus einer anderen Zeit. »Man kann guten Gewissens auch ohne Dehnungen durch das sportliche Leben kommen«, sagt beispielsweise der Professor für Bewegungswissenschaften Dr. Jürgen Freiwald von der Bergischen Universität Wuppertal – zumindest dann, wenn man keine Schmerzen hat und mit seiner sportlichen Aktivität zufrieden ist. Viele Untersuchungen haben die Hypothese widerlegt, dass Dehnen die Erholung der Muskulatur beschleunigt, Muskelkater verhindert, Verletzungen vorbeugt, zum Aufwärmen geeignet ist und die Leistungsfähigkeit verbessert.
»So generell kann man das nicht sagen, da muss man im Einzelfall schauen«, sagt der Experte. Die Leistungsfähigkeit sinkt sogar nach einem statischen Dehnprogramm, bei dem eine Dehnposition zwischen 15 und 90 Sekunden lang gehalten wird; Leistungseinbußen zwischen 5 bis 30 Prozent wurden beobachtet (3) und auch die Maximal- und Schnellkraftleistungen sind offenbar kurzfristig verringert. Vor dem Sport oder vor einer intensiven Aktivität kann statisches Dehnen also kontraproduktiv wirken. Doch es hat auch seine Berechtigung – etwa zur Verbesserung der Beweglichkeit und kurzfristigen Linderung von Verspannungen.
Auch verletzungsfördernde Asymmetrien der linken und rechten Körperhälfte (5) werden positiv beeinflusst, was das Risiko senkt. »Langes Halten einer Dehnung kann auch bei verklebten Faszienstrukturen sinnvoll sein«, erklärt Ulf Dikof, leitender Physiotherapeut am Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein. »Dabei werden aber die Propriorezeptoren desensibilisiert, so dass anschließend aktivierende Übungen nötig sind, damit der Muskeltonus wieder aufgebaut wird.«