Curcumin im Sport – sinnvoll oder nicht?

Curcumin im Sport –  sinnvoll oder nicht?
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Die Kurkumawurzel mit ihrem Hauptinhaltsstoff Curcumin gilt vielen als gelbe Wunderknolle. In vitro präsentiert sich Curcumin mit antiinflammatorischen Effekten, die vergleichbar mit Kortisonpräparaten und anderen entzündungshemmenden Medikamenten (NSAR) sein sollen (6). Auch eine Wirkung gegen mehrere Bakterien, Viren und Pilze ist bekannt. Studien zeigten, dass bei Patienten, die z. B. an Gelenkerkrankungen, Übergewicht oder chronischen Stoffwechselkrankheiten leiden, diverse Entzündungsparameter durch Curcumin gesenkt werden konnten. Zudem scheint die Einnahme selbst großer Mengen sicher und nebenwirkungsarm möglich zu sein. Ist Curcumin also bedenkenlos und mit Zusatznutzen für jedermann sinnvoll?

Nachfolgend wird speziell die Situation für Sportler beleuchtet. Denn anders als chronisch Kranke, stark Übergewichtige oder Menschen mit systemischer Inflammation haben regelmäßig körperlich aktive Menschen in aller Regel nicht das Problem zu hoher Entzündungswerte. Folglich müssen diese auch nicht gesenkt werden – was wiederum die Frage aufwirft, ob Sportler überhaupt von der Einnahme von Curcumin (und anderen antientzündlich wirkenden Supplementen) profitieren und wenn ja, wie? Denn abgesehen von der Höhe von Markermolekülen für Entzündungen oder oxidativem Stress steht besonders bei Sportlern die Leistung im Fokus. Welchen Nutzen können sie also erwarten? Unter Experten werden diese und andere Fragen noch intensiv diskutiert.

Curcumin und Inflammation

Der systematische Review von Suhett und Kollegen (9) aus dem Jahr 2021 fasst die Ergebnisse von Studien an Athleten zusammen. Wie auch in Untersuchungen an Patienten aus der Allgemeinbevölkerung zeigte sich in einigen Studien, dass Entzündungsparameter (z. B. IL1-RA, TNF-α, IL-10, IL-8) bei der Gabe von täglich 180–500 mg Curcumin über einen Zeitraum von drei bis sieben Tagen vor oder nach einer Belastung geringer waren als in Placebo-Kontrollen. Die phenolische Verbindung scheint die Bildung von entzündungsfördernden Prostaglandinen und Zyktokinen zu hemmen. Andere Untersuchungen konnten die Effekte auf Inflammationsmarker jedoch nicht bestätigen. Unbeantwortet blieb in den Arbeiten, ob die verringerten Entzündungs-
werte positive Effekte für die Studienteilnehmer hatten.

Ein interessanter Aspekt ist die Auswirkung von Curcumin auf Muskelschmerzen, -schädigungen und Muskelerholung. Auch hier sind die Ergebnisse nicht immer konsistent, doch es könnte sein, dass Muskelschmerzen durch die Einnahme nach intensiver exzentrischer Muskelbeanspruchung geringer ausfallen. Das galt jedoch nur, wenn Curcumin nach der Belastung eingenommen wurde. Eine prophylaktische Gabe brachte keine Vorteile (10). Andere Arbeiten zeigten trotz vergleichbarer Einnahmeprotokolle keinen Effekt auf Muskelschädigungen oder -schmerzen.

Eine kürzlich erschienene Studie (1) beleuchtete die Effekte von Curcumin auf Muskelkater, Muskelermüdung, Entzündungsfaktoren, Körperzusammensetzung und sportliche Leistung während 12 Wochen, in denen jugendliche Sportler mehr als 20 Stunden pro Woche trainierten. Die Athleten konnten selbst entscheiden, ob sie in die Verum- oder die Kontrollgruppe eingeteilt werden wollten. Die Teilnehmer der Curcumingruppe nahmen über 90 Tage 1200 mg Curcumin täglich ein. Muskelermüdung und Muskelschmerzen waren in der Interventionsgruppe nach 12 Wochen signifikant geringer als zu Beginn sowie im Vergleich mit der Kontrollgruppe, bei der es keine Änderung gab. Allerdings profitierten nur die Männer, während sich bei den Frauen keine Vorteile zeigten.

Bei den männlichen Jugendlichen der Curcumingruppe stieg die fettfreie Masse signifikant an, während der Körperfett­anteil sank. Der Grundumsatz stieg bei beiden Geschlechtern. Unterschiede in den Entzündungsparametern wurden interessanterweise zwischen den Gruppen nicht gefunden. Bei der Beurteilung der spannenden Ergebnisse sollte jedoch die fehlende Verblindung berücksichtigt werden. Andere Daten zeigten, dass sich durch die Einnahme von Curcumin nach Belastung der Bewegungsumfang schneller verbesserte, die Regeneration also schneller ablief als unter Placebo. Nur wenige Studien haben bisher analysiert, ob die Einnahme einen direkten Effekt auf die Leistung hat.

Curcumin und oxidativer Stress

Curcumin wird auch mit der Reduktion von oxidativem Stress in Verbindung gebracht. Mehrfach wurde nachgewiesen, dass Curcumin (z. B. 4) und andere Antioxidantien (z. B. Vitamin C, Vitamin E) in der Lage sind, die Konzentration reaktiver Moleküle (Reaktive Oxigen Species, ROS) zu senken. Das galt als erstrebenswert, weil ROS lange Zeit als Gefahr für den Körper gesehen wurden. Neuere Forschungen kommen jedoch zu dem Schluss, dass sie auch wichtige molekulare Botenstoffe bei grundlegenden biologischen Prozessen wie der Stabilität des Genoms sowie der Genaktivierung, Steuerung der Gefäßdilatation, Proliferation, Adaptation sein können.

Zellen verfügen selbst über Antioxidantien und andere Abwehrsysteme, die Schäden beheben, die beispielsweise durch intensive körperliche Aktivität entstehen. Wie bei allen biologischen Prozessen entscheidet das Gleichgewicht: Ein Mangel oder eine Erschöpfung der antioxidativen Systeme kann tatsächlich Gewebeschäden verschlimmern. Für Hochleistungssportler und Athleten mit sehr hohen und hochintensiven Trainingsumfängen sind Beeinträchtigungen der Immunfunktion und erhöhte Infektanfälligkeit bekannt. Doch noch immer wurde nicht eindeutig gezeigt, dass die Supplementierung von antioxidativen Substanzen diesen Prozessen auf funktioneller Ebene entgegenwirken kann. Zwar wird der oxidative Stress reduziert (3, 5), doch das hatte in einer Untersuchung an Fußballspielern keinen Einfluss auf Muskelschäden, Muskelkater oder die Leistung (5).

Dennoch tendieren Profi- und Amateursportler zum (übermäßigen) Gebrauch von Antioxidantien und anderen Vitamin- und Mineralstoffpräparaten. Sie hoffen, dem Körper damit etwas Gutes zu tun und Trainingsumfänge oder -intensitäten über lange Zeit hochhalten oder steigern zu können. Nach Expertenmeinung sollte allerdings besser an anderer Stelle angesetzt werden: »Bei vielen Sportlern ist die alltägliche Ernährung so schlecht, dass durch eine sinnvolle Ernährungsumstellung mit dem Ziel, die Zufuhr an Kohlenhydraten, Proteinen, Fett sowie Vitaminen und Mineralstoffen über die normale Nahrung in die empfohlenen Bereiche zu bringen, viel größere Effekte möglich sind als mit Supplementen, für die es keine ausreichende Evidenz gibt«, sagt Dr. Claudia Osterkamp-Baerens, langjährige Ernährungsberaterin für den Spitzensport und Lehrbeauftragte im Fachgebiet Ernährung und Sporternährung an der Technischen Hochschule Deggendorf.

Curcumin: Nahrungs­ergänzungsmittel oder Gewürz?

Die intensiv orange Kurkumawurzel ist ein häufig verwendetes Gewürz in indischen und orientalischen Gerichten. Im Supermarkt bekommt man Kurkuma entweder frisch als Wurzel oder als getrocknetes und gemahlenes Gewürz. Viele Produkte enthalten es in geringen Mengen als Lebensmittelzusatzstoff E100. Wer nun aber denkt, eine Messerspitze Kurkuma im Abendessen wäre die Lösung gegen Muskelkater, der irrt. Denn für nachweisbare Effekte bräuchte es große Mengen des Gewürzes. Das wiederum ist nicht unproblematisch, weil Belastungen mit Mineralöl und Pestiziden in gemahlenem Kurkumagewürz sogar in Bio-Produkten sehr häufig sind (7).

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gibt eine akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI, Acceptable Daily Intake) für Curcumin von 3 mg/kg
Körpergewicht und Tag an. ADI meint die Menge eines Stoffes, die täglich über die gesamte Lebenszeit ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufgenommen werden kann. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stützt sich für die Bewertung gesundheitlicher Risiken durch Curcumin in Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln auf diesen Wert. Bei einer längerfristigen, auch geringfügigen Überschreitung des Werts können gesundheitlich unerwünschte Wirkungen auftreten. In den zuvor zitierten Studien wurden Mengen zwischen 180 und 1200 mg/Tag eingenommen, meist über wenige Tage bis Monate (maximal 90 Tage). Mit steigender Menge steigt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten unerwünschter gesundheitlicher Wirkungen an.

Bioverfügbarkeit und Toxizität

Die Bioverfügbarkeit von reinem Curcumin ist wegen seiner Wasserunlöslichkeit und der schnellen Verstoffwechselung über Leber und Darm schlecht. Durch den Zusatz von Piperin, dem antioxidativen Hauptbestandteil des schwarzen Pfeffers, kann sie um den Faktor 20 verbessert werden. Die ADI von Piperin sollte aus toxikologischer Sicht maximal 2 mg/Person und Tag betragen (2). Über unterschiedliche Formulierungen wie beispielsweise Nanopartikel, Phytosomen oder Mizellen wird ebenfalls versucht, die Aufnahmerate zu erhöhen.

Mit Blick auf die Verträglichkeit zeichnen die vorhandenen Daten ein widersprüchliches Bild. Teilweise werden leberschädigende Wirkungen beschrieben, die mit der Einnahme curcuminhaltiger Präparate in Verbindung zu stehen scheinen. Andererseits hat in einer Reihe klinischer Studien selbst die hochdosierte Einnahme von mehreren Gramm pro Proband und Tag über einen Zeitraum von mehreren Monaten höchstens leicht ausgeprägte unerwünschte Wirkungen wie gastrointestinale Beschwerden verursacht (8).

Fazit: Die Einnahme von Curcumin kann Entzündungsparameter und oxidativen Stress senken und Muskelschmerzen nach intensiver körperlicher Aktivität etwas schneller lindern als ein Placebo. Unklar bleibt, ob diese Effekte für Sportler von Bedeutung sind, ob dadurch die Leistungsfähigkeit verbessert oder sogar die gewünschten Anpassungen durch Trainingsreize gestört werden. Effekte zeigten sich, wenn überhaupt, nur bei der Einnahme nach intensiver Belastung; für eine dauerhafte prophylaktische Einnahme spricht derzeit nichts. Vermutlich sollte daher davon abgesehen werden, Curcumin-Präparate dauerhaft einzunehmen. Denkbar scheint eine punktuelle Gabe in Phasen mit hoher Wettkampfdichte oder während Turnieren mit vielen Spieleinsätzen. Bevor mit Supplementen und Nahrungsergänzungspräparaten gearbeitet wird, sollte die Alltagsernährung analysiert und verbessert werden. In dieser Optimierung steckt großes Potenzial.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Bai KY, Liu GH, Fan CH, Kuo LT, Hsu WH, Yu PA, Chen CL. 12-week curcumin supplementation may relieve postexercise muscle fatigue in adolescent athletes. Front Nutr. 2023; 9: 1078108. doi:10.3389/fnut.2022.1078108

  2. Bundesamt für Risikobewertung. Curcumin in Nahrungsergänzungsmitteln: Gesundheitlich akzeptable tägliche Aufnahmemenge kann überschritten werden. Stellungnahme Nr. 040/2021 vom 14. Dezember 2021. doi:10.17590/20211214-121912

  3. Carrera-Quintanar L, Funes L, Herranz-López M, Vicente-Salar N, Bonet-García R, Blasco-Peris C, Micol V, Pons A, Roche E. Modulation of Oxidative Stress and Antioxidant Response by Different Polyphenol Supplements in Five-a-Side Football Players. Nutrients. 2022; 15: 177. doi:10.3390/nu15010177

  4. Chilelli NC, Ragazzi E, Valentini R, Cosma C, Ferraresso S, Lapolla A, Sartore G. Curcumin and Boswellia serrata Modulate the Glyco-Oxidative Status and Lipo-Oxidation in Master Athletes. Nutrients. 2016; 8: 745. doi:10.3390/nu8110745

  5. de Oliveira DCX, Rosa FT, Simões-Ambrósio L, Jordao AA, Deminice R. Antioxidant vitamin supplementation prevents oxidative stress but does not enhance performance in young football athletes. Nutrition. 2019; 63-64: 29-35. doi:10.1016/j.nut.2019.01.007

  6. Klegeris A, McGeer PL. Non-steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs) and other anti-inflammatory agents in the treatment of neurodegenerative disease. Curr Alzheimer Res. 2005; 2: 355-365. doi:10.2174/1567205054367883

  7. Öko-Test. Kurkuma: Labor findet Mineralöl und Pestizide in Gewürzpulvern 11.11.2022. (Aufruf am 02.03.2023)

  8. Pancholi V, Smina TP, Kunnumakkara AB, Maliakel B, Krishnakumar IM. Safety assessment of a highly bioavailable curcumin-galactomannoside complex (CurQfen) in healthy volunteers, with a special reference to the recent hepatotoxic reports of curcumin supplements: A 90-days prospective study. Toxicol Rep. 2021; 8: 1255-1264. doi:10.1016/j.toxrep.2021.06.008

  9. Tanabe Y, Chino K, Sagayama H, Lee HJ, Ozawa H, Maeda S, Takahashi H. Effective Timing of Curcumin Ingestion to Attenuate Eccentric Exercise-Induced Muscle Soreness in Men. J Nutr Sci Vitaminol (Tokyo). 2019; 65: 82-89. doi:10.3177/jnsv.65.82