Apophysenverletzungen im Jugend-Leistungssport

Apophysenverletzungen im Jugend-Leistungssport
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Der steigende Anteil Heranwachsender im Spitzen- und hochintensiven Breitensport ist aus psychophysischer Sicht begrüßenswert. Doch leider haben hohe Trainingspensen über lange Zeiträume nicht nur bei erwachsenen Leistungsathleten einen Preis: Auch im ambitionierten Jugendsport nehmen sportassoziierte Verletzungen als Folge stetiger muskuloskelettaler Belastung immer mehr zu. Ein besonderes Augenmerk sollte hierbei auf Apophysenverletzungen liegen. Darauf weisen Dr. Markus Neubauer und Stefan Nehrer von der österreichischen Donau Universität Krems in einem Fachartikel hin (1). Sie zeigen die häufigsten Krankheitsbilder der jugendlichen Extremitäten auf, beleuchten deren Pathogenese und geben Hinweise für Diagnostik und Therapie.

Jugendliche Apophysen: Stellen geringen Widerstands

Apophysen sind als sekundär ossifizierende Insertionsstellen für Sehnen und Muskeln besonders verletzungsanfällig – vor allem vor dem Hintergrund, dass an ihnen ansetzende Bänder im Jugendalter noch extrem widerstandsfähig sind. Plötzliche, wiederholte oder extreme Zugbelastungen gehen deshalb meist zu Lasten der Apo- und Epiphysen. Manifeste Apophysenverletzungen treten gehäuft im Altersbereich zwischen 12 und 16 Jahren auf und machen hier immerhin rund 16 Prozent aller Traumata aus. Jungen sind neunmal so häufig betroffen wie Mädchen, vermutlich wegen der höheren Muskelmasse, der anderen pubertären Hormonsituation und der Tendenz zu belastenderen Sportarten. Hauptursachen sind chronisch-repetitive Überbeanspruchung sowie Traumata durch forciert-abrupte Bewegungen, die sich als manifeste Ossifikationsstörungen mit partieller Abhebung, Frakturierung oder Kondensierung zeigen können. Dislokationen ossärer Abrisse (Avulsionen) treten glücklicherweise nur selten auf, da etwaige Fragmente noch vom jugendlich straffen Periost und Perichondrium an der Sehneninsertionsstelle gehalten werden.

Sportarttypische Apophysenschäden betreffen klassischerweise die obere oder untere Extremität und ziehen oft charakteristische Muskeldysbalancen nach sich. Unerkannt können sie langfristig mit Wachstumsbehinderungen, Pseudarthrosen, Kallusbildung und einigen anderen Komplikationen einhergehen. Entscheidend ist daher eine frühzeitige Diagnose.

Vorsicht vor Fehldiagnosen

Klinisch zeigen sich Apophysenbeschwerden meist unspezifisch als schmerzhafte Schwellung, die durchaus auch als harmlose Muskelverspannung fehldiagnostiziert werden könnte. Hellhörig sollte man in jedem Fall werden, wenn der Schmerz an der Apophyse sich unter passiver Dehnung verstärkt und in Ruhe nachlässt. Unterstützend offenbaren bildgebende Verfahren spezifische Details eventueller Stukturschäden bereits in Frühstadien. Röntgenaufnahmen – ggf. mit Dreh- oder Detailaufnahmen, z. B. beim Verdacht auf apophysäre Verletzung des Trochanter minor – sind meist ausreichend. Zur Begutachtung der Sehne und des knorpelig-knöchernen Übergangs in der Apophyse eignet sich eine Ultraschalluntersuchung; die Vaskularisierung kann mittels Dopplerultraschall beurteilt werden. Gestaltet sich die Differenzialdiagnose als schwierig, etwa weil der Verdacht auf tumorales oder entzündliches Geschehen im Raum steht, sollte zusätzlich ein MRT veranlasst werden.

Maßnahmen gegen Apophysenverletzungen

Die erste Maßnahme bei Apophysenverletzungen ist die sofortige Pause vom überfordernden Sport. Je nach Krankheitsbild empfehlen sich neben Schonung verschiedene konservative Behandlungsformen wie z. B. Kryotherapie. Sport darf erst nach deutlicher Besserung der Beschwerden und nur in belastungsangepasster Form weiter betrieben werden. Forcierte oder chronisch-repetitive Belastungen sollten dann erst wieder nach vollständiger Verknöcherung der Wachstumsfuge trainiert werden. Insgesamt lassen sich Apophysenverletzungen im Jugendsport durch sorgsame und systematische Trainingsplanung effektiv vermeiden. Hier spielen Trainingsfehler die größte Rolle: Es wird zu früh und zu viel trainiert.

■ Kura L

Quellen:

  1. Neubauer M, Nehrer S. Apophysenschäden im Sport. Orthopäde. 2021; 50: 163–171. doi:10.1007/s00132-021-04074-z