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Fortsetzung Topathleten: Welchen Anteil an der Leistung hat der Körperbau?

Körperfett – keine günstige Funktion beim Sportler

Körperliche Merkmale für die Suche nach Talenten heranzuziehen, ist ein effektiver Weg. Wie effektiv, konnte in der ehemaligen DDR beobachtet werden. »Das Sichtungssystem in der DDR in Kombination mit Wuchsprognosen war, neben dem systematischen Doping, der wichtigste Erfolgsgarant«, erklärt Prof. Christoph Raschka vom Institut für Sportwissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. »Für manche Disziplinen ist der passende Körperbautyp Grundvoraussetzung, um ein hohes Niveau erreichen zu können.«

Man könnte nun meinen, dass die ausführlichen Untersuchungen und Vermessungen von Athletinnen und Athleten verschiedenster Disziplinen aus dem letzten Jahrhundert ausreichen würden, um davon auf alle Zeit hin abzuleiten, wer die optimalen Läufer-, Werfer- oder Rudermaße hat. Doch dem ist nicht so. Nicht nur die Trainingsgestaltung und verwendetes Material haben sich in den letzten Jahrzehnten stark geändert, auch die Athleten selbst haben heutzutage andere Maße.

Lag die durchschnittliche Körpergröße zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei Männern bei 167,2 cm und bei Frauen bei 156 cm, so waren Männer und Frauen zum Ende des Jahrhunderts um durchschnittlich 12,7 cm (179,9 cm) bzw. 9,9 cm (165,9 cm) größer. Zudem sind viele Sportler heute deutlich muskulöser und athletischer als zu früheren Zeiten, wenngleich die grundlegende Körperbautypologie noch dieselbe ist. »Heute legt man mehr Wert auf die Verringerung des Körperfettanteils als früher. Außer bei Kanalschwimmern und Sumoringern hat Körperfett im Sport keine günstigen Effekte«, sagt Prof. Raschka. Publikationen stützen diese Aussage: Männliche Ironman-Triathleten konnten ihre Rennzeiten um durchschnittlich 28 Minuten verbessern, wenn die Endomorphie um eine Standardabweichung reduziert wurde (5), und schlanke Läufer haben einen ökonomischeren Laufstil (2).

Die so genannte Akzeleration, die sich nicht nur in der Körpergröße, sondern insgesamt in schnelleren Entwicklungsprozessen bei Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu früheren Jahrzehnten zeigt, führt dazu, dass häufig schon in jüngerem Alter allgemein günstigere Voraussetzungen für sportliche Leistungs- und Belastungsanforderungen gegeben sind. Aktuelle Daten von Sportlern wären daher sehr interessant. Flächendeckende Untersuchungen werden aber heutzutage nicht mehr durchgeführt.

Prof. Christoph Raschka, Institut für Sportwissenschaft, Julius- Maximilians-Universität Würzburg
Prof. Christoph Raschka, Institut für Sportwissenschaft, Julius-Maximilians-Universität Würzburg © Raschka

Talent ist mehr als der optimale Körperbau

Doch allein ein günstiger Körperbau reicht nicht aus für die Weltspitze. »Talent« und sportliche Leistungsfähigkeit werden noch durch eine Reihe weiterer Faktoren bestimmt. So spielt etwa genetische Konstellation eine wichtige Rolle. Sie entscheidet natürlich grundsätzlich über den Körperbau, doch im Speziellen auch über viele weitere essenzielle Details. Die Gene legen beispielsweise nicht nur fest, ob leicht oder schwer Muskulatur aufgebaut werden kann, sondern auch, in welchem Verhältnis Schnellkraft- und Ausdauerfasern vorliegen, wie gut die Muskulatur innerviert und durchblutet ist und wie effektiv sie mit Energie versorgt wird.

»Die sportliche Leistungsfähigkeit ist die Summe einer unglaublichen Vielfalt von Kombinationen unterschiedlicher Aspekte. Neben genetischen sind das auch physiologische, biomechanische, soziologische und psychologische Komponenten. Wenn alle Faktoren im optimalen Zusammenspiel vorliegen, ergibt sich ein Mensch, der überdurchschnittlich leistungsfähig ist«, erklärt Prof. Patrick Diel von der Abteilung für molekulare und zelluläre Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln. »Jeder gesunde Mensch, der das wirklich will, kann einen Marathon laufen. Doch wer zu den wenigen gehört, die ihn unter 2:20 Stunden laufen können, hängt zu einem wichtigen Teil von den genetischen Voraussetzungen ab.«

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