Thoracic-Outlet-Syndrom bei Athleten

Thoracic-Outlet-Syndrom bei Athleten
© Bruce Blaus. Creative Commons CC BY-SA 4.0

Das Thoracic-Outlet-Syndrom (TOS) ist eine schmerzhafte, durch Muskelhypertrophie ausgelöste Kompression des neurovaskulären Bündels im Bereich der oberen Extremität. Anatomisch bezieht es sich auf die Kompression von Plexus brachialis oder Vena subclavia bzw. subclavia. Im Leistungssport sind v. a. Athleten aus Überkopf-Sportarten wie Baseball oder Schwimmen sowie aus anderen Disziplinen prädisponiert, die mit großer Muskelbelastung am Oberarm einhergehen. Gleichzeitig haben genau diese Patienten besonders hohe Ansprüche an eine schnelle Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit – und glücklicherweise eine gute Prognose, vermutlich wegen ihrer besseren physischen Grundverfassung. Greifbare Therapierichtlinien gibt es bislang nicht. Ein systematischer internationaler Review hat die Literatur zum Thema TOS im Sport gesichtet und fasst Fakten zur Pathophysiologie, Behandlung und zu erwartender Outcomes zusammen (1), während sich ein aktueller Übersichtsartikel gezielt mit dem häufigsten TOS-Subtyp nTOS befasst (2).

Neurologisches Thoracic-Outlet-Syndrom (nTOS): Symptome und Diagnose

In bis zu 95 Prozent aller Fälle ist der Plexus brachialis zumeist im Intersklenar- oder Retrospektorialisraum komprimiert; man spricht dabei von einem neurologioschen Thoracic-Outlet-Syndrom oder nTOS. Ausgerechnet hier ist die Symptomatik oft sehr unspezifisch, was die Diagnose erschwert. Betroffene Sportler klagen über Schmerzen, Parästhesien, Kribbeln, Taubheit und Kraftverlust im Arm, was aber auch zahlreiche andere Gründe haben kann. An ein nTOS wird deshalb oft erst nach Ausschluss anderer Pathologien wie etwa zervikulärer Radikulopathie, Karpal- oder Kubitaltunnelsyndrom gedacht (2). Als diagnostische Kriterien schlägt die sog. CORE-TOS-Studiengruppe seit weniger als 12 Wochen bestehende Symptome vor, die sich über die Halsnervenwurzel oder einen peripheren Nerv hinaus erstrecken, keine andere ersichtliche Ursache haben und mindestens je ein Kriterium in vier von fünf Kategorien des Konsenspapiers 2021 erfüllen (3).

Fallen bei der Anamnese folgende Punkte auf, sollte bei o. g. Beschwerden unbedingt an ein nTOS gedacht und dieses ggf. mittels passender Bildgebung abgeklärt werden (2):

■ Vorangegangene Traumen der Extremität, z. B. Stürze oder Schleudertrauma (ca. 35 Prozent aller Fälle)

■ Fehlgeheilte Mittelschaft-Klavikulafraktur

■ Hypertrophe oder anomale Skalenusmuskulatur

■ Knochenanomalien, z. B. Vorhandensein einer Halsrippe (in ca. 20 Prozent aller Fälle), eines prominenten C7-Querfortsatzes oder Fehlstellungen der Klavikula

■ Maligne invasive Tumoren

Bei der klinischen Untersuchung sind folgende Symptome richtunggebend:

■ Parästhesien, Schwäche, ein- oder beidseitige Schwellung, Zynose oder Blässe der oberen Gliedmaßen

■ Atrophie der Hände (insbesondere Daumenballen- und Hypothenarmuskulatur)

■ Gilliat-Sumner-Hand als Folge einer Atrophie von M. abductor pollicis brevis, Hypothenarmuskulatur und M. interossei

■ Druckempfindlichkeit oder tastbare Raumforderungen bei Palpation der supraklavikulären Region

Als diagnostische Provokationsmanöver eignen sich z. B. Adson-, Roos-, Wright-, Tinels-, Kratzkollaps-, Costoclavicular- und Upper-Extremity-Tension-Test (ULTT). Ergibt sich nach interskalenärer Blockade des M. anterior oder ultraschallgesteuerter Lokalanästhesie der Scalenus anticus Schmerzfreiheit trotz Belastung, deutet dies ebenfalls auf ein nTOS hin (1, 2).

Seltenere Subtypen: vTOS und aTOS

Mit 5 bis 10 Prozent weitaus seltener als das neurologische Thoracic-Outlet-Syndrom ist das venös bedingte sog. vTOS. Hier kann als Komplikation eine Oberarmvenenthrombose entstehen (Paget-Schroetter-Syndrom/PSS), die sich durch Anschwellen, Verfärbung und Schwere des Arms äußert. In der Bildgebung stellen sich die thorakalen Venenkollateralen abnorm dar. Das seltene arterielle aTOS komprimiert oder verschließt die Arteria axillaris oder subclavia, woraus eine Ischämie der oberen Extremitäten entsteht (1).

Behandlung des nTOS

Studien zeigen, dass bei belastungsabhängigem neurologischen Thoracic-Outlet-Syndrom nicht zwingend operiert werden muss. So bringt eine konservative Behandlung mit Aufklärung und spezifischer Physiotherapie in immerhin 59 bis 88 Prozent aller Fälle Erfolg. Ultraschallkontrollierte Injektionen von Botulinumtoxin A in die vordere und mittlere Skalenusmuskulatur können gegebenenfalls kurzfristig Linderung verschaffen. Schlagen diese Optionen fehl oder bestehen bereits neurologische Ausfälle, kann der Thoraxausgang chirurgisch dekomprimiert werden, wobei sich der Operateur je nach Präferenz und Symptomlage entweder für den transaxillären oder den supraklavikulären Zugang entscheiden wird. Bei den vaskulären TOS-Subtypen vTOS und aTOS ist eine hervorragende postoperative Erfolgsrate von 90 Prozent zu erwarten, während nTOS-Patienten mit 56 bis 89 Prozent Erleichterung ihrer Symptome rechnen dürfen. Bei nTOS-Patienten mit störender Halsrippe führt deren Entfernung sehr zuverlässig zur Verbesserung der klinischen Symptome.

Komplikationen sind bei der chirurgischen Dekompression der neurovaskulären thorakalen Strukturen zwar selten, dann jedoch in Einzelfällen schwerwiegend. Das Autorenteam des Übersichtsartikels plädiert deshalb für eine Weiterentwicklung des supraklavikulären Ansatzes.

■ Kura L

Quellen:

  1. Garraud T, Pomares G, Daley P, Menu P, Dauty M, Fouasson-Chailloux A. Thoracic Outlet Syndrome in Sport: A Systematic Review. Front Physiol. 2022; 13: 838014. doi:10.3389/fphys.2022.838014

  2. Khabyeh-Hasbani N, Connors K, Buksbaum JR, Koehler SK. Current Concepts in the Management of Neurogenic Thoracic Outlet Syndrome: A Review. Plast Reconstr Surg Glob Open. 2023; 11: e4829. doi:10.1097/GOX.0000000000004829

  3. Thompson, R.W. (2021). Diagnosis of Neurogenic Thoracic Outlet Syndrome: 2016 Consensus Guidelines and Other Strategies. In: Illig KA et al. Thoracic Outlet Syndrome. Springer, Cham. doi:10.1007/978-3-030-55073-8_9