Strukturierte Diagnostik bei Knieschmerzen
Knieschmerzen können bei Leistungs- wie Freizeitathleten die Leistungsfähigkeit erheblich einschränken. Um zielgerichtet therapieren zu können, ist eine strukturierte Diagnostik essenziell. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Aspekte der Diagnostik bei Knieschmerzen.
Anamnese der Knieschmerzen
Die Anamnese liefert in der Regel bereits entscheidende Hinweise auf die Ursache der Knieschmerzen. Neben den klassischen Fragen zu Schmerzintensität, -dauer und -lokalisation sollten Sporttreibende explizit nach Trainingsgewohnheiten und Belastungsumfang und Änderungen der Belastung befragt werden. Besonders wertvoll sind Angaben zum Schmerzverhalten und zur Schmerzausstrahlung. So können Verschleißerscheinungen wie Gonarthrose von ligamentären Problemen oder von tendinopathischen Veränderungen unterschieden werden.
Einordnung möglicher Ursachen
Ein bewährter Ansatz für die strukturierte Diagnostik ist die Einteilung der möglichen Ursachen in sogenannte „orthopädische Schubladen“ (2):
■ Degenerative Veränderungen (z. B. Gonarthrose): Verschleißerscheinungen des Gelenkknorpels, oft schleichend mit wiederkehrenden Belastungsschmerzen. Begleitend können Bewegungseinschränkungen und Ruheschmerzen auftreten (1).
■ Traumatische Ursachen (z. B. Kreuzband- oder Meniskusverletzungen): Häufig akuter Beginn mit deutlicher Erinnerung an ein schädigendes. Meist folgen Schwellungen, Instabilitätsgefühle und Funktionsverluste.
■ Entzündung/Infektion (z. B. septische Arthritis): Ausgeprägte Schmerzen, Rötung, Schwellung und Überwärmung, ggf. Fieber, Abgeschlagenheit.
■ Rheumatologische Ursachen: Bei autoimmunen Prozessen können mehrere Gelenke betroffen sein. Typisch sind Schwellungen und Morgensteifigkeit.
■ Tumoröse Veränderungen (selten): Verdächtig sind therapieresistente Beschwerden, die unabhängig von Belastung bestehen und im Verlauf zunehmen.
Klinische Untersuchung
Im nächsten Schritt sollte eine systematische klinische Untersuchung erfolgen. Diese umfasst:
■ Inspektion: Schonhaltung, Schwellungen, Muskelatrophien oder Fehlstellungen geben erste objektive Hinweise.
■ Palpation: Hierbei stehen die Patellasehne, das Gelenkspaltareal sowie die Bandstrukturen im Fokus. Auf punktuelle Druckschmerzen achten.
■ Funktionsprüfung: Klassische Stabilitätstests und Meniskus-Tests liefern Informationen über Integrität und Funktionsfähigkeit der Strukturen. Eine Testung der Oberschenkelmuskulatur kann muskuläre Dysbalancen und Kraftdefizite aufzudecken.
Bildgebung
Oftmals reichen Röntgenaufnahmen zur ersten Beurteilung von knöchernen Veränderungen aus. Bei Verdacht auf Weichteilschäden oder zur genaueren Abklärung komplexer Befunde ist eine MRT (Magnetresonanztomographie) indiziert, um die Bänder, Menisken und Knorpelstrukturen zu beurteilen. In manchen Fällen kann auch eine Ultraschalluntersuchung ergänzend sinnvoll sein, z. B. zur Darstellung von Baker-Zysten oder Sehnenpathologien.
Differenzialdiagnostik
Bei Knieschmerzen ist eine ganzheitliche Betrachtung sinnvoll. Schmerzen, die ihren Ursprung in Hüfte, Sprunggelenk oder sogar der Lendenwirbelsäule haben, können in das Kniegelenk projizieren. Auch systemische Erkrankungen (z. B. rheumatische Beschwerden) oder Entzündungsprozesse müssen berücksichtigt werden. Bei älteren Patienten oder ehemaligen Leistungssportlern kann eine beginnende Gonarthrose ursächlich sein. Umgekehrt sollte bei unerklärlichen Schwellungen, persistierenden Entzündungszeichen und multiplen Gelenkbeteiligungen an autoimmune oder rheumatische Ursachen gedacht werden.
Funktionelle Tests bei Knieschmerzen
Gerade bei sportlich aktiven Personen haben funktionelle Tests eine hohe Relevanz. Hier lassen sich wiederkehrende Fehlbelastungen identifizieren, die im Training zu kompensatorischen Bewegungsmustern führen. Einbeinige Kniebeugen oder Sprung-Landungs-Tests können Aufschluss über Stabilität und muskuläre Kontrolle geben. Das Ausweichen des Kniegelenks nach innen oder ein Defizit in der Rumpfstabilität sind typische Befunde, die einen ganzheitlichen Trainingsansatz erforderlich machen.
Von der Diagnose zur Therapie
Je nach Diagnose erstreckt sich die Bandbreite der Behandlung von konservativen Maßnahmen wie Physiotherapie, Orthesenversorgung oder gezielter Trainingssteuerung bis hin zu chirurgischen Eingriffen.
Ein interdisziplinärer Ansatz, der Orthopädie, Physiotherapie, Sportmedizin und Trainingswissenschaft vereint, verspricht oftmals die besten Ergebnisse. Dabei ist es wichtig, Patienten oder Athleten aktiv in den diagnostischen und therapeutischen Prozess einzubinden und regelmäßige Kontrolluntersuchungen einzuplanen.
■ Hutterer C
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Quellen:
Jobst D, Mücke M. S1-Leitlinie Knieschmerzen bei Arthrosezeichen. AWMF. (zuletzt aufgerufen am 12.02.2025)
Zapf J, Langer S, von Eisenhart-Rothe R. Systematisches Abarbeiten der orthopädischen Schubladen. Knieschmerzen – was Sie bei der Diagnostik beachten sollten. MMW – Fortschritte der Medizin. 2024; 21-22. doi:10.1007/s15006-024-4436-8