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Fortsetzung Sporttherapie bei chronischen Nierenerkrankungen

Virtuelle Verlängerung der Dialyse

Ein weiterer positiver Effekt der Sporttherapie während der Dialyse ist, dass im gleichen Zeitraum mehr Toxine eliminiert werden als bei Patienten in Ruhe. Der Effekt ist noch nicht umfassend wissenschaftlich untersucht, aber es scheint vor allem an der vermehrten Durchblutung aller Gewebe und der Muskulatur zu liegen. Die durch die Dialyse herauszufilternden Toxine befinden sich zu einem Prozent im Blut und zu 99 Prozent in Gewebe und Muskulatur. Durch die Aktivität während der Dialyse steigen die Durchblutung in der Muskulatur und die Ausschwemmung der Toxine ins Blut um ein Vielfaches an. »Der Effekt ist wie eine virtuelle Verlängerung der Dialyse um 20 bis 30 Minuten. Darauf deuten die ersten Untersuchungen hin«, erklärt Dr. Anding-Rost.

Ärzte zur Sporttherapie bringen

Nicht nur die Patienten müssen davon überzeugt werden, dass Bewegung – am besten von Kindesbeinen an – in vielen Fällen die wirksamste Medizin ist; auch die Ärzte müssen das verinnerlichen und überzeugend an ihre Patienten bringen. Selbst wenn chronisch nierenkranke Patienten bisher nicht beim Sportmediziner vorstellig wurden, so wären sie dort gut aufgehoben. Denn die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit und die Betreuung solcher Patienten ist für Sportmediziner daily business.

Die eindrucksvollen Ergebnisse der letzten 30 Jahre zu Auswirkungen des Trainings während der Dialyse haben dazu geführt, dass das Dialysetraining in Form einer strukturierten regelmäßigen Sporttherapie als begleitende Maßnahme (»Sporttherapie während Hämodialyse«) in Deutschland anerkannt und von einer Krankenkasse (AOK Plus in Sachsen und Thüringen) bezuschusst wird. Derzeit trainieren in den beiden Bundesländern etwa 400 Patienten in sieben Zentren. Das Interesse vieler Nephrologen an dem Konzept ist groß, doch an der Umsetzung scheitert es noch. Ein wichtiger Ansprechpartner und Koordinator ist die »Deutsche Gesellschaft Rehabilitationssport für chronisch Nierenkranke e. V.« (ReNi).

Bild Gudrun Manuwald-Seemüller
Gudrun Manuwald-Seemüller, 1. Vorsitzende des Vereins TransDia Sport Deutschland e. V. © Manuwald-Seemüller

Aktiv(er) nach Transplantation

Nach im Durchschnitt acht Jahren Wartezeit erfüllt sich für niereninsuffiziente Patienten der Traum von der Transplantation. Die Lebensqualität steigt dadurch in aller Regel stark an. »Doch«, so erklärt Gudrun Manuwald-Seemüller, »die Transplantierten wissen, dass das häufig auch nur eine Lösung auf Zeit ist. Spenderorgane halten selten für das restliche Leben. Betroffene passen daher meist sehr gut auf ihr Organ auf und tun alles dafür, es möglichst lange funktionsfähig zu halten.«

Manuwald-Seemüller weiß einerseits als selbst Lebertransplantierte und Sportlerin, wovon sie spricht, andererseits ist sie als 1. Vorsitzende des Vereins TransDia Sport Deutschland e. V. sowie in der europäischen und weltweiten Vereinigung der Transplantierten und Dialysepatienten aktiv. Dabei geht es nicht nur um Spitzensport, der nach einer Transplantation durchaus möglich ist, sondern auch darum, Transplantierte an den Sport heranzuführen, der so viele positive Effekte hat. Die Betroffenen berichten, dass der Sport ihnen dabei hilft, viele mit der Krankheit in Zusammenhang stehende körperliche und seelische Schwierigkeiten zu bewältigen.

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