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Fortsetzung Rehabilitation bei indirekt struktureller Muskelverletzung

2. Regenerationsphase – Fokus auf konzentrische Belastung

In dieser Phase wird das neu gebildete muskuläre Narbengewebe dichter, das Granulationsgewebe kompakter und elastischer. Myofasern füllen die verletzungsbedingte Lücke. Jetzt fördern gezielt gesetzte mechanische Reize unter professioneller Anleitung die finale Gewebereparatur.

■ Gewünschte funktionelle Outcomes: Schmerzfreiheit und volles Körperbewusstsein bei Übungen, vollständige Dehnbarkeit des betroffenen Muskels, Wiedererlangung der sportbezogenen aeroben Parameter, Körpergewicht wie vor der Muskelverletzung

■ Klinische Kriterien zur Bestimmung der Phase: Abnahme der Schwellung, Schmerzfreiheit bei isometrischer Kontraktion und endgradiger Dehnung, wiedererlangte ROM aller beteiligten Gelenke

■ Per Bildgebung klären: Läsionsspalt aufgelöst? Granulationsgewebe im Narbenbereich vorhanden? Flüssigkeitsansammlungen zurückgehend?

■ Red flags: anhaltend positiver Dehnungstest

■ Ideale Trainingsform: Langsame, kontrollierte konzentrische Übungen mit steigender Intensität unterhalb von 60% eines Repetitionsmaximums (RM). Die exzentrische Phase der Bewegung muss so gering wie möglich gehalten werden!

■ Beginn Core-stabilisierender sowie propriozeptiver Übungen (Balancetraining auf verschiedenen Untergründen, ggf. mit wiederholter Destabilisierung und/oder weiteren kognitiven Zusatzaufgaben)

■ Gegebenenfalls Massagen

■ Aereobes Training auf Geräten (Reihenfolge: Ergometer, Ellipsentrainer, Antigravitationslauf, Laufband)

■ Start individueller physikalischer Therapien

3. Remodellierungsphase – Fokus auf exzentrische Belastung

Die letzte Genesungsphase ist dem Umbau des Reparatur-/Narbengewebes in gesundes, voll funktionales Muskelgewebe gewidmet. Unterstützt von professionell angeleiteten sportartspezifischen Kraft- und Dehnungsübungen kann dies, je nach Verletzungsschwere, bis zu 60 Tage dauern.

■ Gewünschte funktionelle Outcomes: Vollständige Wiederherstellung von Kraft, Dehnbarkeit und Arbeitswiderstand des verletzten Muskels, Wiedererlangung aller sportartspezifischen Fähigkeiten und athletischen Parameter

■ Klinische Kriterien zur Bestimmung der Phase: Schmerzfreiheit bei konzentrischer, steigender Belastung gegen Widerstand sowie bei submaximaler exzentrischer Belastung

■ Per Bildgebung klären: Substanzielle Schließung der Läsion? Kompaktes Granulationsgewebe vorhanden? (Hinweis: Im Ultraschall sichtbares echogenes Gewebe in vormals kleineren Läsionen ist vermutlich Narbengewebe, das für Folgeverletzungen prädisponiert)

■ Red flags: „Anderes/merkwürdiges“ Gefühl in den Muskeln während oder nach dem Training

■ Ideale Trainingsform: Isokinetische Übungen. Sobald eine effektive konzentrische Muskelkontraktion erreicht ist, kann mit vorwiegend exzentrischen Übungen steigender Intensität begonnen werden, ggf. gegen elastischen Widerstand. Auch isoinertiale Übungen können in Betracht gezogen werden.

■ Schrittweise Einführung von Dehnungsübungen unterhalb der Schmerzschwelle (Halten der Dehnung anfangs 10–15 Sekunden, später bis zu 1 Minute)

■ GPS-verfolgtes Lauftraining unter der Voraussetzung, dass die dynamometrischen Werte des verletzten Muskels auf mindestens 70 % des ursprünglichen Niveaus sind.

■ Gegen Ende der dritten Phase: Einführung sportartspezifischer Übungen

■ Es gibt moderate Evidenz für Vorteile einiger physikalischer Therapien zur Vermeidung muskulärer Ermüdung, Komplikationen und Wiederverletzung, darunter Lasertherapie, Eiswasser-Tauchbäder, Kontrastbäder, TENS und extrakorporale Stoßwellentherapie.

Bei Muskelverletzung nicht zu viel Gewicht aufs MRT legen

Die Autoren weisen darauf hin, dass Kernspin-Bilder einen angemessenen Zeitpunkt für den Return-to-Play verzögern könnten. Der Grund: Auch Wochen nach Heilung und vollständiger funktioneller Erholung weisen Signalveränderungen im MRT eventuell noch auf strukturelle Schäden hin. Für eine sichere Rückkehr in Training und Wettkampf empfiehlt das Konsenspapier daher die Einbeziehung folgender Schlüsselfaktoren:

■ Klinische Symptomfreiheit

■ Schmerzfreiheit bei Muskelpalpation sowie bei passiver und aktiver Dehnung

■ Schmerzfreiheit unter isometrischer, konzentrischer und exzentrischer Belastung

■ Abschluss des verordneten Rehabilitationsprogramms

■ Aussagekräftige Bildgebung

■ Subjektives Empfinden des Athleten

Sind diese Faktoren gegeben, der Sportler hat verletzungsspezifische Muskeltests bestanden und eine Woche lang mindestens vier Trainingseinheiten unter entsprechender Überwachung problemlos absolviert, kann er sicher ins Spiel zurückkehren. Zusätzliches Monitoring von Performancedaten wie Herzfrequenz (die Differenz gegenüber der Zeit vor der Verletzung sollte nicht mehr als 10 Prozent) und VO2max (mindestens 90 Prozent des ursprünglichen Leistungsniveaus) ist sinnvoll.

■ Kura L

Quellen:

  1. Palermi S, Massa B, Vecchiato M, Mazza F, De Blasiis P, Romano AM, Di Salvatore MG, Della Valle E, Tarantino D, Ruosi C, Sirico F. Indirect Structural Muscle Injuries of Lower Limb: Rehabilitation and Therapeutic Exercise. J Funct Morphol Kinesiol. 2021; 6: 75. doi:10.3390/jfmk6030075