Polyzystisches Ovarialsyndrom: HIIT oder MISS?

Polyzystisches Ovarialsyndrom: HIIT oder MISS?
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Ein Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) ist eine Störung des Hormonhaushalts, von der jede 5. bis 20. geschlechtsreife Frau in unterschiedlicher Stärke betroffen ist (2). Charakteristisch sind Zyklusstörungen, starke Menstruationsbeschwerden sowie – aufgrund einer erhöhten Menge an männlichen Geschlechtshormonen (Hyperandrogenämie) – ein männlicher Behaarungstyp und Haarausfall. Betroffene Patientinnen leiden zudem häufig unter Übergewicht und einem unerfüllten Kinderwunsch. Bekanntermaßen haben diese Frauen ein erhöhtes Risiko für Diabetes Typ II, Gebärmutterkrebs, das metabolische Syndrom und damit einhergehend für kardiovaskuläre Erkrankungen.

Prävention kardiovas­kulärer Erkrankungen bei PCOS

Zur Prävention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Zusammenhang mit einem polyzystischen Ovarialsyndrom wird betroffenen Frauen neben medikamentöser Behandlung und angepasster Ernährung oft körperliche Aktivität, insbesondere Hochintensives Intervalltraining (HIIT) em­pfohlen. Studiendaten zeigen, dass HIIT die kardiometabolischen Risiken verringern und die Adhärenz zur körperlichen Aktivität verbessern kann (1). Ein Forscherteam hat nun im Rahmen eines systematischen Reviews und einer Metaanalyse über 16 Studien analysiert, die die Wirksamkeit eines Trainings moderater Intensität (MISS) mit einem HIIT-­Training verglichen (3). Herangezogen wurden als primäre Endpunkte Werte der kardiorespiratorischen Fitness (maxi­male Sauerstoffaufnahmekapazität VO2max) und Insulinresistenz (HOMAR-­IR). Sekundäre Outcomes beinhalteten Körpergewicht, BMI und Hüftumfang, HDL-, LDL-, Gesamtcholesterin und Triglyceride sowie Nüchternglukose und Nüchterninsulin.

MISS stellt HIIT in den Schatten

Die Interventionen dauerten zwischen 8 und 24 Wochen mit drei (HIIT) bzw. drei bis fünf (MISS) Einheiten pro Woche. Die Trainingsausführung variierte abhängig davon, ob ein Fahrradergometer, Laufband oder Walking bzw. Joggen im Freien genutzt wurden. Die Analyse ergab, dass HIIT die VO2max nicht signifikant verbesserte, während sie mit MISS signifikant um das Vierfache (1,081 ml/kg/min; 0,624–1,537, p<0,001) gegenüber der Standardbehandlung stieg. Auf Insulinresistenz und Körpergewicht hatten weder HIIT noch MISS einen signifikanten Effekt. Nur MISS hatte günstige Auswirkungen auf den BMI (Δ = 0,332 kg/m2 (-0,505 bis -0,160), p=0) und den Hüft­umfang [Δ = -0,524 cm (-0,751 bis -0,297), p=0). Die Auswertung von HDL- und LDL-Cholesterin, Trigly­zeriden und Nüchternglukose wurde durch keine der beiden Trainings­methoden signifikant verändert. Für Gesamtcholesterin (Δ = -0,243 mmol/L (-0,454 bis -0,032), p=0,024) und Nüchterninsulin (Δ = -0,330 pmol/l (-0,577 bis -0,083), p=0,009) zeigte das MISS-Training signifikan­te Reduktionen.

Dennoch sollten die Ergebnisse vorerst mit Vorsicht betrachtet werden, da ein relevanter Publikations­bias hinsichtlich des MISS-Trainings festgestellt wurde. Da der Review auf kardiometabolische Faktoren fokussierte, kann zu relevanten PCOS-Parametern (z. B. An­drogenspiegel, klinischen Symptomen) keine Aussage getroffen werden. Möglicherweise, so die Autoren, hängt die Antwort auf einen Aktivitätsreiz vom Subtyp des Ovarialsyndroms ab, der in vielen Studien nicht gesondert erfasst wurde.

■ Hutterer C

Quellen:

  1. Almenning I, Rieber-Mohn A, Lundgren KM, Shetelig Løvvik T, Garnæs KK, Moholdt T. Effects of High Intensity Interval Training and Strength Training on Metabolic, Cardiovascular and Hormonal Outcomes in Women with Polycystic Ovary Syndrome: A Pilot Study. PLoS One. 2015; 10: e0138793. doi:10.1371/journal.pone.0138793

  2. Azziz R, Carmina E, Chen Z, Dunaif A, Laven JS, Legro RS, Lizneva D, Natterson-Horowtiz B, Teede HJ, Yildiz BO. Polycystic ovary syndrome. Nat Rev Dis Primers. 2016; 2: 16057. doi:10.1038/nrdp.2016.57

  3. Richards CT, Meah VL, James PE, Rees DA, Lord RN. HIIT'ing or MISS'ing the Optimal Management of Polycystic Ovary Syndrome: A Systematic Review and Meta-Analysis of High- Versus Moderate-Intensity Exercise Prescription. Front Physiol. 2021; 12: 715881. doi:10.3389/fphys.2021.715881