„Playing Hurt“ – Wettkampfteilnahme trotz Verletzungen oder Schmerzen

Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Originalarbeit) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.

„Playing Hurt“ – Wettkampfteilnahme trotz Verletzungen oder Schmerzen

Design der Studie

Trotz akuter Erkrankung, Schmerzen oder Verletzungen an Wettkampf oder Training teilzunehmen, ist hoch riskant, im Leistungssport aber dennoch weit verbreitet. Besonders problematisch ist dieses als „playing hurt“ beschriebene Phänomen für jugendliche Leistungssportler, weil dort konsekutive Risiken wie eine Schmerzchronifizierung, Folgeverletzungen und Sportschäden besonders hoch sind. Aus der Literatur sind Determinanten und Rahmenbedingungen für dieses problematische Verhalten auf Mikro-, Meso- und Makroebene bekannt (Abb. 1). Die vorliegende Studie untersucht die empirische Relevanz dieser Faktoren anhand eines bundesweiten Kollektivs von jugendlichen Basketballern aus den höchsten nationalen Ligen.

Methoden

Die bundesdeutsche ‘Adolescents’ and Childrens’ Health in Elite Basketball study’ (ACHE study), wurde als quantitative Befragungsstudie 2016 durchgeführt und umfasst ein Kollektiv von 182 Elite-Basketballspielerinnen und -spielern im Alter zwischen 13 und 19 Jahren aus 46 deutschen Mannschaften.

Ergebnisse und Diskussion

Es zeigt sich, dass verletzt, krank oder unter Schmerzen zu spielen für jugendliche Elitebasketballer bereits zum Alltag gehört: Unter allen Befragten würden 39% dennoch spielen, auch wenn sie sich körperlich nicht fit fühlten, 36%, auch wenn sie Schmerzmittel einnehmen müssten, und 34%, auch wenn sie akute Gelenkschmerzen hätten. Bei akutem Fieber würden immerhin noch 21% trotzdem an Wettkämpfen teilnehmen. Die Regressionskoeffizienten multipler Regressionsanalysen zeigten, dass ältere Jugendliche (+0,493, p=0,006), Spieler mit sportbezogener Überkonformität (+0,660, p≤0,001), mit hoher Noncompliance gegenüber ärztlichen Empfehlungen (+2,218, p≤0,001) und Spieler aus Sportinternaten (+1,897, p≤0,001) hierfür besonders anfällig sind.

Was ist neu und was ist relevant?

Unsere Daten zeigen, dass bereits in den nationalen Jugendligen häufig krank oder verletzt gespielt und trainiert wird. Dass es sich dabei in der Mehrheit um Jugendliche handelt, unterstreicht zudem die ethische Notwendigkeit einer angemessenen Intervention.

Methodische Einschränkungen und Störfaktoren

Bei der Interpretation der ACHE-Study sollten eine mögliche Selektivität des Studienkollektives, ein potenzieller Social Desirability Bias, die Nichtberücksichtigung situationsspezifischer Einflussgrößen sowie der unterstellte Zusammenhang zwischen geäußerter Absicht und tatsächlichem Verhalten berücksichtigt werden.

Fazit für die Praxis

Fakt 1: Erstens verdeutlichen die Ergebnisse die Schlüsselrolle und damit auch die ethische Verantwortung seitens des Betreuerstabes.

Fakt 2: Zweitens erscheint eine bessere Aufklärung und eine engere Zusammenarbeit zwischen Athlet und allen Verantwortlichen (Trainern, Eltern, Ärzten, Physiotherapeuten und anderen Betreuern) dringend erforderlich.

Fakt 3: Drittens wird eine Athletenkonferenz analog der in der Medizin etablierten Fallkonferenz vorgeschlagen.

Determinanten des Phänomens "Playing Hurt"
Untersuchte Determinanten für die Bereitschaft, verletzt, krank oder unter Schmerzen zu trainieren oder zu spielen. © DZSM 2019

■ Schneider S, Sauer J, Berrsche G, Löbel C, Schmitt H