Personalisierte Sportmedizin – Prinzipien und maßgeschneiderte Umsetzungen in Gesundheits- und Leistungssport

Einleitung

Kennzeichnender Anspruch der personalisierten Medizin ist die Optimierung von Präzision und Effektivität von medizinischer Maßnahmen auf Ebene der Einzelperson über die auf Gruppenmittelwerten basierenden Rahmenempfehlungen hinaus. Dieser Anspruch ist allerdings mit erheblichen methodischen, statistischen aber auch praktischen Herausforderungen verbunden, die teilweise deutlich über die Voraussetzungen der „klassischen“ gruppenbasierten Vorgehensweise hinausgehen.

Design der Arbeit

In dieser Arbeit wird daher zunächst das spezifische methodische Arsenal einer personalisierten Medizin charakterisiert. Ausgehend von diesem Werkzeugkasten werden konkrete Umsetzungen in der Sportmedizin vorgestellt.

Die internistisch-leistungsphysiologische Sportmedizin ist in mehrfacher Hinsicht ein vielversprechendes Anwendungsgebiet der personalisierten Medizin. Entsprechend sind Elemente wie etwa auf individuellen Referenzwerten basierende relative Trainingsintensitäten bereits heute selbstverständlicher Bestandteil der „Regelversorgung“.

Um sich einer personalisierten Sportmedizin weiter anzunähern ist es notwendig die Diskrepanz zwischen einer auf die Einzelperson fokusierten medizinischen Praxis und einer auf die mittleren Effekte der unabhängigen Variable zentrierten Forschung zumindest teilweise aufzulösen. Das hierfür notwendige spezifische methodische Arsenal beinhaltet in erster Linie die intraindividuelle Messwiederholung, die systematische Verknüpfung gruppenbasierter und individueller Information sowie die gleichzeitige Berücksichtigung mehrerer erklärender Variablen einschließlich eventueller Interaktionen.

Die methodischen Spezifika von Analysen auf individueller Ebene beruhen auf statistischen Grundprinzipien und sind weitgehend unstrittig. Allerdings ergeben sich bei idealtypischer Umsetzung hieraus teilweise Studiendesigns deren Umsetzung mit kaum überwindlichen Schwierigkeiten verknüpft ist. Schlüssel zu einer personalisierten Sportmedizin ist daher ein für jeden Anwendungsfall zu findender Kompromiss zwischen methodischen Voraussetzungen, konkreter Fragestellung und den Rahmenbedingungen des Anwendungsfeldes im Sinne einer „Maßkonfektion“.

Am Ende einer solchen abwägenden Entwicklung sollten in jedem Fall eine exakte Beschreibung des Individualisierungsverfahrens sowie eine Charakterisierung seiner Leistungsmerkmale („Validierung“) stehen. Ein Beispiel für eine solche Umsetzung ist die Referenzwertindividualisierung für das Ermüdungsmonitoring im Leistungssport die im Rahmen des REGman Projekts entwickelt wurde. Abbildung 1 verdeutlicht die graduelle Individualisierung des gruppenbasierten Referenzbereichs mit zunehmender Anzahl von Referenzmessungen in erholtem (grün) und ermüdetem (rot) Zustand (Abb. 1).

Zusammenfassend lässt sich festhalten

– Eine individualisierte (Sport-) Medizin erfordert ein spezifisches methodisch-statistisches Arsenal, das über die gruppenbasierte Vorgehensweise hinausgeht.

– Die drei Kernelemente dieses „Werkzeugkastens“ sind die intraindividuelle Messwiederholung, die systematische Verknüpfung gruppenbasierter und individueller Information sowie die gleichzeitige Berücksichtigung mehrerer erklärender Variablen.

– Praktikable Anwendungen erfordern einen für jeden Anwendungsfall zu findenden Kompromiss zwischen methodischen Voraussetzungen, konkreter Fragestellung und den Rahmenbedingungen des Anwendungsfeldes.

– Eine Charakterisierung der Leistungsmerkmale des jeweiligen Individualisierungsverfahrens ist möglich und notwendig.

Graduelle Individualisierung der 95% Konfidenzintervalle für die Serumkonzentration der Kreatinkinase (CK) im erholten und ermüdeten Zustand für einen exemplarischen männlichen Sportler. Grün: Erholt (nach Ruhetag), Rot: Ermüdet (nach 4 konsekutiven Trainingstagen); Punkte: Gemessene Werte. © DZSM 2018

 Hecksteden A, Meyer T