Pennation: Gefächerte Muskelform, mehr Leistung

Pennation: Gefächerte Muskelform, mehr Leistung
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Inspiriert von der explosiven Beinkraft von Radfahrern und Sprintern, haben sich Forscher an der Universität Koblenz mit der besonderen Physiologie der unteren Gliedmaßenmuskulatur befasst. Im Fokus stand dabei das Konzept der sog. Pennation (1). Der Begriff beschreibt die spezifische Anordnung von Muskelfasern in einem Winkel zur Sehne, ähnlich der Struktur einer Feder (lat. penna = Feder). Dank dieser Besonderheit, die hinsichtlich der Kraftausübungsrichtung zunächst unwirtschaftlich erscheint, passen innerhalb einer Muskelmasse eine größere Anzahl kürzerer Muskelfasern – was wiederum zu einer Vergrößerung des physiologischen Querschnitts (physiological cross-sectional area/PCSA) führt. Da ein größerer PCSA direkt mit einer erhöhten Kraftproduktion des Muskels korreliert, könnte man darin das ganze Geheimnis hoher Explosivkräfte vermuten – ein Phänomen, das die Forscher im Rahmen der Studie als pennation mechanical advantage (PMA) bezeichneten.

Ganz so einfach ist es jedoch nicht, denn das große Kraftpotenzial gefiederter Muskulatur hat einen Nachteil: Sie schneidet hinsichtlich Geschwindigkeit schlechter ab als normale glatte Muskulatur, weil ihre Fasern nicht nur kürzer, sondern auch „gebogen“ sind, wodurch sie insgesamt weniger kontrahieren können.

Mithilfe mathematisch-geometrischer Modelle nahmen die Wissenschaftler nun das Verhältnis von Muskellänge und -dicke unter die Lupe. Der für Radfahrer und Sprinter essenzielle Wadenmuskel (Musculus gastrocnemicus) etwa ist selbst nur schwach gefiedert, spielt aber eng mit weiteren Muskeln zusammen, die allesamt gefiedert sind haben: Musculus soleus, Musculus vastus lateralis und medialis sowie Musculus gluteus maximus und medius, die allesamt einen annähernd optimalen PMA haben. Gemeinsam erfüllen sie die Anforderungen explosiver Sprints hervorragend – weil die gefiederten Muskeln ihre Fähigkeit zur Krafterzeugung perfekt an den Wadenmuskel weitergeben.

In der sportmedizinischen Praxis könnten diese Erkenntnisse insbesondere bei der Entwicklung von Trainings- und Rehabilitationsprogrammen wichtig sein. Der Grund: Durch gezielte Übungen kann man die Muskelarchitektur beeinflussen, um entweder die Kraftproduktion oder die Verkürzungsgeschwindigkeit zu optimieren – abhängig von den individuellen Anforderungen der Sportart oder der Rehabilitation. Daher sollten künftige Forschungen sich darauf konzentrieren, ein tieferes Verständnis dieser komplexen Zusammenhänge zu erlangen, um verbesserte Trainingsmethoden, effizientere Rehabilitationsstrategien und möglicherweise auch die Entwicklung fortschrittlicher Prothesendesigns zu ermöglichen.

■ Kura L

Quellen:

  1. Rockenfeller R, Günther M, Clemente CJ, Dick TJM. Rethinking the physiological cross-sectional area of skeletal muscle reveals the mechanical advantage of pennation. R Soc Open Sci. 2024; 11: 240037. d1e8079" target="_blank">doi:10.1098/rsos.240037