Olympisches Rudern – das Maximum über 2000 Meter
Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Review) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.
Olympisches Rudern ist in seiner aktuellen Form ein hochintensives Bootsrennen über eine Strecke von 2000 m. Die schnellsten Rennzeiten liegen zwischen ~5.5 und 7.5 min, abhängig von Bootsklasse, Geschlecht und Umweltfaktoren. Um solche Rennzeiten zu realisieren, benötigen Ruderer Kraft und Ausdauer.
Der aerobe Metabolismus dominiert im Ruderrennen mit bis ca. 67-88% der Gesamtenenergiebereitstellung. Aufgrund der notwendigen, sehr hohen Gesamtenergieflussrate werden auch die anaeroben Systeme phasenweise stark belastet, jedoch ermöglicht erst die Fähigkeit des aeroben Systems zur Oxidierung des im anaeroben Energiestoffwechsel gebildeten Laktats die zeitlich optimale Ausnutzung der anaeroben Kapazität, deren Energiebereitstellung im Endspurt eines Rennens nochmals zunehmende Bedeutung zukommt.
Voraussetzung für die relativ und absolut hohe aerobe Energiebereitstellung während des Rennens ist eine hohe aerobe Kapazität (V˙O2max). Sie resultiert wesentlich aus funktionalen und strukturellen Anpassungen des Herzens, einer großen, oxidativ adaptierten Muskelmasse, einer hohen Sauerstofftransportkapazität aufgrund von großer Hämoglobinmasse und hohem Blutvolumen und sie wird wesentlich durch die anthropometrischen Charakteristika vermittelt, wie großer Körperhöhe und -masse mit einem hohen Anteil fettfreier Körpermasse. Auch die Ruderbewegung selbst begünstigt durch den parallelen Beinstoß in sitzender Position, mit hohem venösem Rückfluss und großer aktiver Muskelmasse eine sportartspezifisch hohe V˙O2max
Das Trainingsvolumen von Hochleistungsruderern liegt bei ca. 20-25 h/Woche, ist muskulär anstrengend und metabolisch sehr aufwändig (Tabelle 1.). Zum spezifischen Training im Boot, dem semispezifischen Ruderergometertraining und unspezifischem Ausdauertraining (z.B. auf dem Rad) kommen beachtliche Anteile von Krafttraining. In internationalen Ruderprogrammen existieren erhebliche Unterschiede in der Trainingsintensitätsverteilung, die in diesem Review erstmals dargestellt werden.
Die Leistungsdiagnostik im Rudern ist dem metabolischen Profil der Sportart entsprechend ausdauerfokussiert und wird meist auf Ruderergometern durchgeführt. Die Fahrzeit im 2000 m-Test ist ein weltweit etabliertes Surrogat für die komplexe, semispezifische Leistungsfähigkeit. Verschiedene Stufentestprotokolle erlauben die Berechnung von laktatbasierten Kenngrößen, die wiederum ein guter Prädiktor der 2000 m-Ergometerleistung sind. Auch die V˙O2max lässt sich sportartspezifisch in Rampentestprotokollen ermitteln. Krafttests sind international wenig standardisiert, finden aber meist in Form etablierter Langhantelübungen statt.
Bei den olympischen Sommerspielen in Tokio werden Ruderer einem erheblichen Hitzestress ausgesetzt sein, der angesichts der relativ kurzen Renndauer jedoch durch gute Akklimatisation und professionelles Hitzemanagement mit pre- und post-cooling tolerierbar sein wird. Im Training sind bei schwül-heißen Bedingungen auch per-cooling Maßnahmen empfehlenswert.
■ Treff G, Winkert K, Steinacker JM