Muskelarbeit in der Höhe – Akklimatisierung und Adaptation bei Hochlandbewohnern auf verschiedenen Erdteilen
Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Review) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.
Design der Arbeit
Im Vergleich zu akutem Sauerstoffmangel (Akklimatisierung) erfolgen anatomisch-physiologische Veränderungen bei Hochlandbewohnern in Südamerika, Asien und Ostafrika sowohl durch Hypoxie in der Wachstumsphase wie auch durch genetische Adaptation. Sie werden für die einzelnen Stufen des O2-Transportweges analysiert.
Eingeschlossene Literatur
Originalartikel sowie Übersichtsarbeiten und Monographien zum Thema wurden ausgewertet. Zu den einzelnen Punkten erfolgten Suchen in Pubmed und Google Scholar.
Ergebnisse und Diskussion
Die Ventilation verbessert sich bei Höhenbewohnern durch Lungenvergrößerung während des Wachstums. In Tibet erweitert Stickstoffmonoxid (NO) Bronchien und Gefäße und verbessert dadurch die Atemfunktion. Die Diffusionskapazität nimmt wegen der Lungenvergrößerung zu, in Südamerika trägt ein erhöhter Hämatokritwert dazu bei. Eine Zunahme der Hämoglobinkonzentration [Hb] durch Anstieg der Hämoglobinmasse findet man regelmäßig nur bei Andenbewohnern, in Tibet erst ab 4000m, in Äthiopien bei einem Stamm überhaupt nicht. Es ist ungeklärt, ob hierbei die Hämoglobinmasse nicht ansteigt oder ob das Plasmavolumen erhöht ist.
Die Verstärkung der Sauerstoffaffinität des Hämoglobins bei Höhentieren, die die O2-Aufnahme erleichtert, findet sich auch bei asiatischen und afrikanischen Hochlandbewohnern. Dagegen wird sie bei Kurzzeitaufenthalt und bei Südamerikanern außer in extremer Höhe nicht beobachtet. Herzzeitvolumen und periphere Durchblutung sind in Südamerika nicht wesentlich verändert, in Tibet und Äthiopien dagegen erhöht (NO-Effekt). Im Muskel ist die Capillarzahl nicht erhöht, aber der Abstand zu den Mitochondrien verkürzt. Der Energiestoffwechsel verschiebt sich zu mehr Kohlenhydratumsatz, der weniger O2 als Fettabbau braucht. Der Energiebedarf bei Arbeit ist u. a. durch grazilen Körperbau und optimierte Koordination niedrig. Genetische Änderungen sind zahlreich. Bei Tibetern hindern sie die Zunahme der Hb-Konzentration und verstärken die NO-Bildung.

Was ist neu und relevant?
Drei verschiedenen Modelle der Höhenanpassung: Südamerika: Hyperventilation und Hb Massen-Zunahme; Tibet: verbesserte Lungenfunktion und Durchblutung; Äthiopier: verbesserte O2-Beladung des Blutes (möglicherweise Affinitätsänderung wie bei Lamas).
Methodische Einschränkungen und Störfaktoren
Fehlende Messungen vor allem in Äthiopien
Fazit für die Praxis
– Fakt 1: Vorteile der Hochlandbewohner durch Akklimatisierung meist nicht einholbar, außergewöhnliche Leistungen von aus dem Flachland stammenden Sportlern in Höhe vielleicht genetisch verursacht.
– Fakt 2: Zunahme des Hb nur Teilaspekt, andere Anpassungen möglich ohne Nebenwirkungen, Leistungen von Kenianern und Äthiopiern wahrscheinlich nicht durch hohe Hb Masse bedingt.
■ Böning D