Körperliche Aktivität bei hypertropher Kardiomyopathie

Körperliche Aktivität bei hypertropher Kardiomyopathie
© Akarat Phasura / Adobe Stock

Eine hypertrophe Kardiomyopathie zeichnet sich durch eine Verdickung des Herzmuskels aus. Ärzte raten den davon betroffenen Personen eher selten zu körperlicher Aktivität mit der Konsequenz, dass sich diese Patientengruppe im Durchschnitt weniger bewegt als die Allgemeinbevölkerung. Der Grund dafür liegt im Risiko lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen nach intensiver Belastung, die einen plötzlichen Herztod auslösen können. So ist bei Menschen unter 30 Jahren – vor allem bei Leistungssportlern – die hypertrophe Kardiomyopathie die häufigste Ursache für einen plötzlichen Herztod. Wie Betroffene trotz der Risiken von den positiven Auswirkungen regelmäßiger moderater körperlicher Betätigung profitieren können, zeigt jetzt ein von Cavigli et al. verfasster Review, der sowohl die vorhandenen Erkenntnisse über Nutzen und Gefahren körperlicher Betätigung bei Patienten mit Kardiomyopathie zusammenfasst als auch evidenzbasierte, praktikable Modalitäten für eine maßgeschneiderte und sichere Verschreibung von Bewegung festlegt (1).

Zunächst stellt die Autorengruppe fest, dass körperliche Betätigung bei hypertropher Kardiomyopathie wie ein Medikament verordnet und abgewogen werden muss, wobei die individuellen Merkmale, die Symptome, die Krankengeschichte, das subjektive Ansprechen auf körperliche Betätigung, die bisherige Trainingserfahrung und das Krankheitsstadium zu berücksichtigen sind. Art, Häufigkeit, Dauer und Intensität des Trainings sollten individuell festgelegt werden. Bei der Verordnung von Bewegung sind zudem einige Kontraindikationen zu beachten. Manche Patienten weisen bestimmte krankheitsspezifische Merkmale auf, die eine Kontraindikation darstellen, also eine Verordnung von körperlich-sportlicher Aktivität verbieten. Darunter fallen eine medizinische Vorgeschichte von Synkope/ Hypotonie (Ohnmacht/geringer Blutdruck), die während Anstrengung auftritt, sowie klinisch relevante Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen) insbesondere während Anstrengung, eine Obstruktion (Verengung) des Ausflusskanals des linken Ventrikels ≥ 50mmHg in Ruhe oder während der Aktivität, eine akute Herzinsuffizienz in der jüngeren Vergangenheit und eine ausgedehnte späte Gadolinium-Anreicherung (spezielle Veränderungen im MRT) im linken Ventrikel. Eine Belastungsechokardiographie ist daher zum Nachweis möglicher Kontraindikationen von besonderer Bedeutung für eine sichere Verschreibung von körperlicher Aktivität.

Wieviel körperliche Aktivität bei hypertropher Kardiomyopathie?

Häufigkeit und Dauer: Patienten sollten den Autoren zufolge zwischen 150 und 300 Minuten (2,5 – 5 Stunden) pro Woche niedrig bis moderat intensives Ausdauertraining an 3 bis 5 Tagen pro Woche machen. Jede Bewegungseinheit sollte dabei mit einem ca. 5-minütigen Warm-up und Cool-down beginnen und enden. Es wird empfohlen, Übungen zur Stärkung der Muskulatur aller Hauptmuskelgruppen bei niedriger bis moderater Intensität an zwei Tagen pro Woche und Mobilitätstraining mindestens zwei bis drei Mal pro Woche durchzuführen (z.B. 10 bis 20 Sekunden, vier Mal Dehnen pro Muskelgruppe)

Intensität: Für Ausdauertraining wird eine niedrige bis moderate Intensität (Borg Skala: 11–13) empfohlen, also ein Training, das sich subjektiv „leicht“ bis „anstrengend“ anfühlt. Dabei sollte der Fokus mehr auf dem Trainingsumfang als auf der Intensität liegen. Beim Krafttraining empfiehlt sich eine Intensität 40 bis 70% des One-Repetition-Maximums (1-RM). 1-RM bedeutet das maximale Gewicht, das eine Person nur ein einziges Mal in einem Bewegungsbereich bewegen kann. Die Übung sollte jedoch immer beendet werden, bevor eine weitere Wiederholung schwierig auszuführen wird.

Progression: Die Autoren empfehlen, mit einer Trainingseinheit pro Woche zu starten. Wenn der Patient daran gewöhnt ist, kann eine Steigerung auf zwei Mal wöchentlich erfolgen. Eine optimale Häufigkeit von drei bis vier Mal pro Woche Ausdauertraining sollte angestrebt werden. Das Ausdauertraining sollte mit 10 bis 30 Minuten begonnen und jede Woche um 10 Minuten gesteigert werden, um innerhalb von drei bis vier Wochen auf das optimale Trainingsvolumen zu kommen.

In den ersten drei bis vier Wochen ist eine niedrige Intensität empfehlenswert. Zunächst sollte der Umfang (also Häufigkeit und Dauer) erhöht werden, bevor auch die Intensität gesteigert werden sollte. Dabei ist immer die individuelle Leistungsfähigkeit des Patienten, seine bisherige Erfahrung mit Bewegung, Alter und klinische Aspekte zu berücksichtigen. Bei Widerstandstraining liegt die Empfehlung der Autoren bei ein bis drei Sets à acht bis zehn Wiederholungen (durchgeführt mit langsamer bis moderater Geschwindigkeit) zu Beginn. Im Wochenrhythmus kann dann je nach Adaptation die Intensität angepasst und gesteigert werden.

■ Bischoff L, Zimmel H

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Quellen:

  1. Cavigli L, Olivotto I, Fattirolli F, Mochi N, Favilli S, Mondillo S, Bonifazi M, D’Ascenzi F. Prescribing, dosing and titrating exercise in patients with hypertrophic cardiomyopathy for prevention of comorbidities: Ready for prime time. European Journal of Preventive Cardiology; 2021; 28: 1093–1099. doi: 10.1177/2047487320928654