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Fortsetzung Immunsystem und Sport – eine wechselhafte Beziehung

Die enge Beziehung zwischen Immunsystem und Sport wird am bedeutenden Einfluss von Sport auf das Immunsystem deutlich. Es kommt durch Sport nicht nur zu einer Umverteilung von Leukozyten im Körper, die für die Funktion des Immunsystems von wesentlicher Bedeutung sein können (1), wie kürzlich z. B. im Tiermodell anhand der Umverteilung von tumorzellabwehrenden NK-Zellen durch regelmäßiges Training in den Tumor gezeigt wurde (4), sondern Immunzellen werden auch in ihrer Funktion verändert, wie Untersuchungen zur Aktivierung von NK-Zellen durch Sport zeigen (5).

Dies ist jedoch nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was Sport im Immunsystem bewirkt. Vermittelt werden diese Wirkungen von Sport durch das vegetative Nervensystem, das Hormonsystem und vor allem von muskelfreigesetzten Zytokinen. Sport führt dabei auch zu einer Regulation der das Immunsystem regulierenden T-Lymphozyten, so kann gezeigt werden, das die sogenannten supprimierenden Treg-Lymphozyten in Abhängigkeit von der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit bei Leistungssportlern im Blut zunehmen und so das immunologische Gleichgewicht in Richtung anti-inflammatorische Lage verschoben wird (7). Sport führt insgesamt auch zu einer Verschiebung der Freisetzung von pro-inflammatorischen zu anti-inflammatorischen Zytokinen, was für nahezu alle Organsysteme und Gewebe im Körper von Bedeutung ist. Darüber hinaus hat Sport einen positiven Einfluss bei der Hemmung der Alterung des Immunsystems, die auch als Immunseneszenz bezeichnet wird.

Es wird zunehmend deutlich, dass das Immunsystem eine Schlüsselrolle für die Geweberegeneration hat, wie am Beispiel der Muskelregeneration gezeigt werden kann. Insbesondere nach strukturellen Verletzungen der Muskulatur wird die Muskelregeneration vom Immunsystem gesteuert. Der Heilungsprozess benötigt einen koordinierten zellulären Prozess, der initiiert und gesteuert werden muss. Hierbei übernimmt das Immunsystem eine zentrale Rolle, ausgehend von der Ausschüttung von pro-inflammatorischen Faktoren und der Einwanderung von Entzündungszellen, wird die Geweberegeneration durch die lokalen Entzündungszellen geregelt. Diese verändern ihre Funktion von einer pro-inflammatorischen zu einer regulatorischen Funktion, wie bisher am besten für die Makrophagen beschrieben wird.

Eingriffe in diesen Prozess z. B. durch entzündungshemmende Medikamente können daher zu einer Beeinträchtigung des Heilungsverlaufs führen. Die für den Skelettmuskel aufgeführte regulatorische Rolle des Immunsystems bei Geweberegenerationsprozessen dürfte jedoch nicht nur auf den Muskel begrenzt sein, sondern sich auch auf andere Gewebe und Organe übertragen lassen (2). Dies führt dann zur Frage, wie Veränderungen des Immunsystems z. B. durch Alter, Ernährung und vor allem Sport, die Geweberegeneration beeinflussen. Haben z. B. hochtrainierte Leistungssportler aufgrund des verschobenen immunologischen Gleichgewichts eine veränderte Geweberegeneration?

Das Immunsystem ist jedoch nicht nur an der Geweberegeneration beteiligt, sondern hat einen wesentlichen Einfluss auf den Erhalt von Funktion und Struktur von Geweben und Organen in Abhängigkeit vom immunologischen Gleichgewicht, da ein chronisch pro-inflammatorischer Zustand des Immunsystems zu Gewebe- und Organschädigung führt und unter anderem kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen sowie neurodegenerative Erkrankungen zur Folge hat. Am Beispiel von neurodegenerativen Erkrankungen wird deutlich, wie sportliche Aktivität unter anderem über das Immunsystem Neurodegeneration entgegenwirken kann. Die sportliche Aktivität verändert auch im Gehirn die Verfügbarkeit von pro-inflammatorischen Faktoren und die Lokalisation und Aktivierung von Immunzellen im Gehirn, so dass die Neuro-inflammation als Treiber der Neurodegeneration unterdrückt wird. Wie am Beispiel des Effekts von Sport bei Patienten mit Multipler Sklerose gezeigt werden kann (9).

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