Ersatz sitzender Tätigkeit durch Stehen nicht vorteilhafter

Ersatz sitzender Tätigkeit durch Stehen nicht vorteilhafter
© HendraGalus / Adobe Stock (KI generiert)

Wer sich nur schwer zu sportlicher Aktivität motivieren oder die Zeit für regelmäßiges Training nicht in den Alltag einbauen kann, vertraute bisher gern auf das Konzept „immerhin mehr Stehen als Sitzen“. Tatsächlich haben frühere Studien Hinweise darauf ergeben, dass Stehen hinsichtlich kardiovaskulärer Risiken vorteilhafter ist als Sitzen. Aber ersetzt Arbeiten im Stehen wirklich sportliche Aktivität und senkt es – ebenso wie Bewegung – das Risiko für kardiovaskuläre oder orthostatische Erkrankungen? Dieser Frage geht eine neue britische Langzeitstudie nach – und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis (1).

Für die Studie analysierten die Forscher die Bewegungsdaten von 83.013 Personen. Die Informationen über das Bewegungsverhalten entstammten der umfangreichen UK-Biobank und wurden über einen Zeitraum von 6,9 Jahren (±0,9 Jahre) per Akzelerometer erhoben. Alle Probanden waren zu Beginn der Beobachtungszeit gesund, etwa zur Hälfte männlich und weiblich und durchschnittlich 61,3 Jahre (±7,8 Jahre) alt.

Als primäres Studienziel wurde die Inzidenz schwerer kardiovaskulärer (Schlaganfall, Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit) sowie orthostatischer Kreislauferkrankungen (chronische Veneninsuffizienz, Venengeschwüre, Krampfadern, orthostatische Hypertonie) festgelegt, jeweils in Relation zur täglich sitzend bzw. stehend verbrachten Zeit.

Während des Beobachtungszeitraums traten 6829 Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 2042 Fälle von orthostatischen Kreislauferkrankungen auf.

Wenig überraschend steigt laut Studie mit der Anzahl der reinen „Sitzstunden“ auch die Anzahl kardiovaskulärer Ereignisse signifikant an: Ab einer Dauer von zehn Stunden erhöht sich das Risiko je zusätzlich gesessener Stunde um 15 Prozent. Immerhin noch 13 Prozent Risikoanstieg resultieren aus der kumulierten sitzenden plus stehenden Zeit ab einer Gesamtdauer von mehr als 12 Stunden. Die reine Stehzeit war nicht mit einem größeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden.

Für orthostatische Erkrankungen ergab sich, dass bei mehr als zehn Sitzstunden pro Tag jede zusätzliche Sitzstunde das Risiko um 26 Prozent erhöht. Bei den kumulierten stationären Zeiten (sitzend plus stehend) von mehr als zwölf Stunden pro Tag stieg das Risiko um 22 Prozent. Wichtig für alle, die häufig in der Arbeit stehen, z. B. am Tresen, Fließband oder an hochgestellten Schreibtischen: Reines Stehen für mehr als 2 Stunden pro Tag war mit einem um 11 Prozent höheren Risiko pro zusätzlichen 30 Minuten verbunden.

Das Studienteam weist darauf hin, dass Sitzen und Stehen einen gemeinsamen Aspekt haben, der diese Effekte erklären kann: das Fehlen von Gehbewegungen, die ja durch Muskelkontraktion den venösen Rückfluss stimulieren und damit das Gefäßsystem insgesamt entlasten. Nur tatsächliche sportliche Aktivität sei, wie eine ebenfalls aktuelle Studie des Kernteams darlegt (2), zur Minimierung kardiovaskulärer und orthostatischer Risiken geeignet.

Fazit: Die Zeit im Stehen war nicht mit einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, aber mit einem höheren Risiko für orthostatische Erkrankungen. Die Zeit im Sitzen von mehr als 10 Stunden pro Tag war sowohl mit einem höheren Risiko für orthostatische Erkrankungen als auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Die schädlichen Assoziationen der gesamten stationären Zeit (sitzend plus stehend) waren hauptsächlich auf das Sitzen zurückzuführen. Der temporäre Ersatz sitzender Tätigkeit durch Stehen kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen jedoch nicht signifikant senken. Dies vermag nur aktive körperliche Betätigung. Orthostatische Erkrankungen wurden durch langes Stehen sogar wahrscheinlicher.

■ Kura L

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Quellen:

  1. Ahmadi MN, Coenen P, Straker L, Stamatakis E. Device-measured stationary behaviour and cardiovascular and orthostatic circulatory disease incidence. Int J Epidemiol. 2024; 53: dyae136. doi:10.1093/ije/dyae136

  2. Rezende LFM, Ahmadi M, Ferrari G, Del Pozo Cruz B, Lee IM, Ekelund U, Stamatakis E. Device-measured sedentary time and intensity-specific physical activity in relation to all-cause and cardiovascular disease mortality: the UK Biobank cohort study. Int J Behav Nutr Phys Act. 2024; 21: 68. doi:10.1186/s12966-024-01615-5