Digitale Gesundheitsangebote: Was Senioren erwarten

Digitale Gesundheitsangebote: Was Senioren erwarten
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Senioren mit muskuloskelettalen Beschwerden sind durchaus offen für digitale Angebote zur Diagnostik und Therapie. Das vermittelt eine qualitative Studie aus Großbritannien. Die 61 bis 87 Jahre alten Studienteilnehmer sehen Chatbot-Beratung, Trainings-Apps, „Medikamentenwecker“ und ähnliche Angebote positiv – vorausgesetzt, die Anweisungen sind verständlich und sie vertrauen den Anbietern. Die Patienten wünschen sich zudem hybride Lösungen: Digitale Gesundheitsangebote sollen ihre Termine in der Arzt- und Physiotherapiepraxis ergänzen, nicht ersetzen (1).

Auf dem Prüfstand: Chatbot und App

Die Studienautoren rekrutierten ihre Teilnehmer über Gemeindezentren, Wohlfahrtsorganisationen, Bibliotheken, in Anlagen für betreutes Wohnen sowie in religiösen Zentren. Aus den Interessenten wurden zwei Fokusgruppen mit insgesamt 10 Frauen und fünf Männern gebildet. Alle Personen hatten bereits muskuloskelettale Erkrankungen durchlebt, zwölf Teilnehmer litten aktuell unter Schmerzen u. a. aufgrund einer Arthrose, einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit oder einer peripheren Neuropathie. Erfahrungen mit Apps, Trainingsvideos etc. wurden für die Teilnahme an der Studie nicht vorausgesetzt.

Im Rahmen der Untersuchung mussten die Teilnehmer Fragen zu digitalen Gesundheitsplattformen sowie zum Management muskuloskelettaler Erkrankungen beantworten. Außerdem wurden ihnen exemplarisch zwei digitale Angebote beschrieben, die sie bewerten sollten. Das erste Angebot war ein sogenannter „Überweisungs-Chatbot“, der Patienten zu ihren Beschwerden befragt und anschließend an einen Arzt oder Physiotherapeuten verweist – oder alternativ Verhaltensanpassungen zuhause empfiehlt. Das zweite Angebot war eine Physiotherapie-App, in der Übungen in Videos gezeigt und erklärt wurden.

Positiven Erfahrungen

13 der 15 Teilnehmer gaben an, digitale Gesundheitsangebote zu kennen. Sie nutzten bereits Smartwatches, Schrittzähler und/oder Trainingsvideos im Netz. Ein Teilnehmer berichtete, einen sogenannten „Medikamentenwecker“ zu nutzen. Diese App, die eigentlich an die Einnahme bestimmter Medikamente erinnert, setzte der Patient ein, um an seine physiotherapeutischen Übungen erinnert zu werden und sie in den Tagesablauf zu integrieren.

Den vorgestellten „Überweisungs-Chatbot“ bewerteten die Teilnehmer positiv – vorausgesetzt, er erkennt zuverlässig, wer dringend zum Arzt sollte. Zudem könne der Chatbot die Wartezeit auf einen Arzt- oder Physiotherapietermin verkürzen.

Vorteilhaft an der Physiotherapie-App fanden die Teilnehmer,

– dass die Übungen zeit- und ortsunabhängig durchgeführt werden können

– dass die Übungen helfen, die Zeit zwischen zwei Physiotherapieterminen zu überbrücken

– dass jedes Video unterbrochen werden kann, um einzelne Bewegungsabläufe richtig zu verstehen

– und dass Videos Körperpositionen und Bewegungsabläufe verständlicher vermitteln als z. B. Broschüren oder gedruckte Trainingspläne.

Negativerfahrungen und Verbesserungsvorschläge

Als Kritikpunkte wurden u. a. genannt, dass die Kommunikation mit dem Chatbot älteren Menschen schwerfalle. Senioren würden sich oft auf eine Weise ausdrücken, die der Chatbot nicht versteht. Zu Physiotherapie-Videos gab es die Rückmeldung, dass häufig nicht angegeben werde, wie lange eine bestimmte Körperposition gehalten werden solle. Außerdem könnten Patienten beim einsamen Training daheim Übungen falsch ausführen und sich so unzureichend oder übermäßig belasten.

Mehrheitlich wurde der Wunsch nach hybriden Lösungen geäußert: Zuvorderst bezüglich ärztlicher Diagnostik und Beratung, dann zur Einweisung in Übungen sowie zur Kontrolle von Vor-Ort-Terminen beim Physiotherapeuten. Weitere Verbesserungsvorschläge bezogen sich auf zuverlässige Angaben über die Quellen der digitalen Angebote (z. B. Ärzte, Physiotherapeuten), Qualitätssiegel zum Nachweis der Seriosität, Schulungen sowie zusätzliche Features, z. B. die Möglichkeit, sich selbst bei den Übungen aufzunehmen und die Videos dem Physiotherapeuten zur Beurteilung zu senden.

■ Plaum P

Quellen:

  1. Clohessy S, Kempton C, Ryan K, Grinbergs P, Elliott MT. Exploring Older Adults' Perceptions of Using Digital Health Platforms for Self-Managing Musculoskeletal Health Conditions: Focus Group Study JMIR Aging 2024; 7: e55693 doi:10.2196/55693