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Fortsetzung Auf der Suche nach dem Kick: Warum Sportler so oft an ihre Grenzen gehen

Die dunkle Seite der Medaille: Sportsucht

Bei etwa 4 Prozent der deutschen Freizeitsportler hat das Trainingspensum aber bedrohliche Dimensionen angenommen, wie eine Studie der Universität Halle-Wittenberg zeigt. Sie trainieren trotz Schmerzen und körperlicher Schäden, werden bei Trainingsausfall frustriert oder aggressiv und vernachlässigen ihr Sozial- und Familienleben – alles Indikatoren einer echten Sucht. »Wo intrinsische sportliche Motivation zur positiv-eigenbestimmten Bedürfnisbefriedigung führt, ist der Sportsüchtige längst fremdbestimmt. Er fühlt sich gezwungen, seine körperlichen Grenzen auszureizen und treibt sich zu immer neuen Höchstleistungen, um die negativen Folgen des Entzugs zu vermeiden«, erklärt Prof. Kleinert den Unterschied zu einem gesunden Maß an – auch extremem – Sport. »Sportsucht ist nämlich absolut mit einer Drogenabhängigkeit zu vergleichen: Steigendes Zwangserleben kann auch hier zu immer weiter steigender Sportdosis führen, um das Zwangsgefühl zu bekämpfen.« Oft wird übermäßiger Sport auch zur Kompensation anderer, nicht funktionierender Lebensbereiche verwendet.

Manchmal ist es lebensgefährlich

Im September 2014 sind zwei deutsche Extrembergsteiger beim Versuch ums Leben gekommen, den Shishapangma im Himalaya in Rekordzeit zu besteigen. Im Juni des Jahres stürzte ein ungarischer Starkoch beim Wingsuit-Basejumping in den Tod. Das sind nur zwei Beispiele von vielen. Was ist der Antrieb zu derart extremen und gefährlichen Sportarten? »Diese Menschen gehören mutmaßlich zur Gruppe der Sensation Seeker, die Marvin Zuckerman bereits in den 1980er-Jahren nach psychologischen Merkmalen klassifizierte«, erklärt Professor Kleinert. Bei diesem Persönlichkeitsmerkmal liegt in der so genannten Sensation-Seeking-Skala die Schwelle für das optimale, als erfüllend empfundene Erregungsniveau sehr hoch. Studien ergaben einen Erblichkeitsanteil dieser Konstitution von um die 60 Prozent, der Rest ist umweltbedingte Prägung und eine manchmal verzweifelte Suche nach Abgrenzung und besonderer Identität.

Professor Doktor Jens Kleinert, Psychologische Fakultät der Sporthochschule Köln
Univ.-Prof. Dr. Jens Kleinert Psychologische Fakultät der Sporthochschule Köln © DSHS Köln

■ Kura L

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