ADHS: So hilft Sport betroffenen Erwachsenen
Weltweit erhalten immer mehr Menschen die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) – zunehmend erst im Erwachsenenalter. Viele dieser Patienten leiden stark unter den Symptomen wie Impulsivität, Konzentrationsschwierigkeiten und Hyperaktivität, die es ihnen erschweren, ihren Alltag selbstständig zu meistern. Verschiedene Sportarten können ihre inhibitorische Kontrolle verbessern und ihren Leidensdruck verringern, legt eine systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse aus China nahe (5). Pilates und Tai Chi waren demnach besonders effektiv und langfristige Trainingsprogramme wirkten stärker als einzelne Trainingseinheiten.
Für seit der Kindheit persistierende ADHS wird unter Erwachsenen eine Prävalenz von 2,58 % angenommen, für symptomatische im Erwachsenenalter festgestellte ADHS eine Prävalenz von 6,76 % (4). Die Prävalenz nimmt mit zunehmendem Alter ab, doch viele haben lebenslang Nachteile im Berufsleben und in Beziehungen; einige entwickeln Komorbiditäten wie Angststörungen und Suchterkrankungen (5).
Studien mit Kindern und Jugendlichen arbeiteten vielfältig heraus, wie sehr Sport die inhibitorische Kontrolle der Patienten verbessern kann – sowohl einmaliges als auch wiederholtes Training (5). Um die Studienlage für Erwachsene zu überprüfen, recherchierten die Autoren weltweit nach randomisiert-kontrollierten Studien (RCT) zum Thema „Bewegungs-Interventionen für Erwachsene mit ADHS“. Sie fanden acht Journal-Beiträge mit Daten aus 14 RCT, die sich den Sportarten Pilates, Yoga, Tai Chi, Radfahren auf dem Ergometer und Vibrationsplatten-Training widmeten und aus Europa, den USA, China und Iran stammten. 372 Menschen im Alter von 18 bis 50 Jahren nahmen daran teil. Teilnehmer, deren ADHS medikamentös behandelt wurde, setzten diese Therapie während der Interventionen fort.
Fünf der Veröffentlichungen verglichen Interventions- und Kontrollgruppen nach einzelnen Trainings, die drei anderen nach Trainingsprogrammen über sechs bis 24 Wochen. Die Veränderungen der inhibitorischen Kontrolle ermittelten die Autoren mittels bewährter Aufgaben, die die Aufmerksamkeit und das kognitive Kontrollsystem testeten (z. B. nach Stroop, Flanker oder Go/No Go).
Wie erwartet, verbesserte sich in den Interventionsgruppen die inhibitorische Kontrolle der Studienteilnehmer, meistens signifikant. Die Subgruppenanalyse zeigte, dass verschiedene Arten von körperlicher Aktivität unterschiedlich starke Effekte hatten. So zeigten schon einmalige Übungen positive Effekte, doch Programme über mehrere Wochen weitaus größere. Mit Blick auf einzelne Sportarten wirkten sich Pilates und Tai Chi am stärksten aus, gefolgt von Radfahren und Übungen auf der Vibrationsplatte. Die Effekte von Yoga waren nur gering. Allerdings betonen die Autoren, dass insgesamt noch zu wenig Sportarten und Patienten untersucht wurden, um globale Aussagen über bestimmte Trainings zuzulassen.
Fest steht, dass die inhibitorische Kontrolle von jeder Intervention mit Bewegung profitierte. Die Autoren verweisen auf mögliche Zusammenhänge: „Die Pathogenese von ADHS könnte mit individuellen Veränderungen des Gehirnvolumens, abnormen subkutanen Strukturen und einer beeinträchtigten Funktion des präfrontalen Kortex zusammenhängen“, fassen sie Studienergebnisse zusammen (3). Sport kann die Plastizität des Gehirns erhöhen und die Struktur und Funktion des präfrontalen Kortex verbessern. Studien zufolge ist die Aktivität des rechten dorsolateralen präfrontalen Kortex bei ADHS-Patienten, die langfristig Sport treiben, deutlich höher als bei inaktiven ADHS-Patienten (1). Darüber hinaus kann jede einmalige körperliche Betätigung einen Priming-Effekt auf das zentrale Nervensystem haben, indem sie den Blutfluss in dafür relevanten Gehirnregionen erhöht (2).
Sport als eine Säule der Behandlung des ADHS im Erwachsenenalter empfehlen die Autoren daher uneingeschränkt und fordern: „Künftige Studien sollten die Veränderung des ADHS-Status bei Erwachsenen oder die Schweregrade des ADHS zu Studienbeginn berücksichtigen, um die Auswirkungen körperlicher Aktivität auf die inhibitorische Kontrolle noch wissenschaftlicher zu erforschen.“
■ Plaum P
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Quellen:
Choi JW, Han DH, Kang KD, Jung HY, Renshaw PF. Aerobic Exercise and Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Brain Research. Medicine & Science in Sports & Exercise. 2015; 47: 33-39. doi:10.1249/MSS.0000000000000373
Levin O, Netz Y, Ziv G: Behavioral and Neurophysiological Aspects of Inhibition—The Effects of Acute Cardiovascular Exercise. J. Clin. Med. 2021; 10(2): 282. doi:10.3390/jcm10020282
Pagán AF, Huizar YP, Short TR, Gotcher Z, Schmidt AT. Adult Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: a Narrative Review of Biological Mechanisms, Treatments, and Outcomes. Curr Neurol Neurosci Rep. 2023; 23: 451–460. doi:10.1007/s11910-023-01280-4
Song P, Zha M, Yang Q, Zhang Y, Li X, et al. The prevalence of adult attention-deficit hyperactivity disorder: A global systematic review and meta-analysis. J Glob Health. 2021; 11:04009. doi: 10.7189/jogh.11.04009
Yang Y, Wu CH, Sun L, Zhang TR, Luo J. The impact of physical activity on inhibitory control of adult ADHD: a systematic review and meta-analysis. J Glob Health. 2025; 15:04025. doi: 10.7189/jogh.15.04025