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Fortsetzung Schwimmer & Werfer: Schulterprobleme bei Überkopf-Sportarten

Schulterprobleme – Gute Prognose bei richtigem Training

Grundsätzlich ist die Werferschulter eine Verletzung, die man gut in den Griff bekommt, wenn in der Anamnese die genaue Ursache eruiert wurde und ein für diesen Patienten spezifisches, progressives Trainingsprogramm zusammengestellt wurde. Sowohl die entsprechenden Übungen als auch die Intensität der Belastung muss individuell angepasst werden. Dabei wird bewusst darauf verzichtet, den betroffenen Sportler dauerhaft pausieren zu lassen, vor allem dann, wenn die Beschwerden nicht hochakut sind, sondern bereits seit Längerem bestehen. Zu groß ist die Gefahr, dass die Probleme bei der Rückkehr ins intensive Training durch die mit einer Ruhigstellung verbundene Dekonditionierung der Schulterstrukturen sofort wieder auftreten. »Wir versuchen, den Athleten möglichst ohne Formverlust optimal weitertrainieren zu lassen und die Trainingsbelastung so wenig wie möglich zu beeinflussen. Wir prüfen dazu genau in enger Zusammenarbeit mit dem Trainerteam, welche Bewegungen machbar sind und wo vorübergehend modifiziert werden muss. Bei der klassischen Sportlerschulter muss ein Sportler eigentlich nicht aussetzen«, erläutert Prof. Reuter. Insgesamt ist es heutzutage eine Strategie, die Athleten möglichst konstant auf hohem Niveau trainieren zu lassen, damit Belastungsspitzen, zum Beispiel durch Wettkämpfe oder spezielle Trainingsformen, effektiver kompensiert werden können.

Prof. Dr. Sven Reuter, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Physiotherapeut, Mannschaftsarzt des deutschen Leichtathletik- Mehrkampfteams
Prof. Dr. Sven Reuter, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Physiotherapeut, Mannschaftsarzt des deutschen Leichtathletik- Mehrkampfteams © Reuter

Auch die Prävention hat einen hohen Stellenwert. »Im Wurfsport werden 50 Prozent der Energie über die untere Ex­tremität, 30 Prozent über den Rumpf und nur 20 Prozent über Schultergürtel und Schulter generiert. Je besser die Kraft und Koordination in der kinetischen Kette funktioniert, desto weniger Stress bekommt die Schulter«, betont Reuter. Sportartspezifisch werden daher im Hochleistungssport die Bereiche Kraft, Stabilität, dynamische Stabilität und Bewegungskontrolle geschult. »Verletzungen der Schulter sind oft sekundär, weil es Schwachstellen in der kinetischen Kette gibt«, so Reuter. »Im Hochleistungsbereich wird von vielen Trainern darauf geachtet, dass die Schwimmer nicht einseitig trainieren«, erklärt Dotzel. Und weiter: »Schwieriger ist es auf Landesebene. Man kann den Trainern keinen Vorwurf machen, denn sie haben es selbst nicht besser gelernt, aber hier gibt es bei den Sportlern große Defizite und man könnte viel verbessern.«

Therapie – aktiv statt passiv

Das wichtigste therapeutische Element – egal ob bei Schwimmern oder Werfern – bildet die spezifische Trainingstherapie. »Mit einem progressiven und individuell angepassten Training, einem Belastungsmanagement und der Abstimmung mit den Trainern kann man nach meiner Erfahrung die Sportlerschulter sehr gut behandeln. Unterstützend kann unter Umständen die Neuromuskuläre Elektrische Stimulation und klassische manuelle Therapie angewendet werden. Stoßwellen setze ich an der Schulter seltener ein und für PRP/ACP an der Schulter gibt es derzeit zu wenig Wirkungsnachweise«, schildert Reuter sein Vorgehen.

Hochleistungsathleten zeigen immer wieder, zu welchen Leistungen der Mensch trotz seiner physiologischen Limitationen in der Lage ist. Sportmediziner, Trainer und Physiotherapeuten können die Athleten dabei unterstützen, die biomechanischen Belastungen bei repetitiven Überkopfbewegungen möglichst dauerhaft verletzungsfrei durchführen zu können.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Becker TJ. Overuse Shoulder Injuries in Swimmers. J Swimming Research. 2011; 18.

  2. Becker TJ, Havriluk R. Freestyle Arm Entry Effects on Shoulder Stress, Force Generation, and Arm Syncronization. XIIth International Symposium for Biomechanics and Medicine in Swimming. 2014.

  3. Beitzel K, Reuter S, Imhoff AB, Braun S. Die Sportlerschulter: Der 5-Punkte-Check zum Therapieerfolg. Dtsch Z Sportmed. 2016; 67: 103-110. doi:10.5960/dzsm.2016.226

  4. De Martino I, Rodeo SA. The Swimmer's Shoulder: Multi-directional Instability. Curr Rev Musculoskelet Med. 2018; 11: 167-171. doi:10.1007/s12178-018-9485-0

  5. Rudolph K. Wege zum Topschwimmer, Band 3: Hochleistungstraining. Hofmann. 2014.

  6. Scovazzo ML, Brown A, Pink M, Jobe FW, Kerrigan J. The painful shoulder during freestyle swimming. An electromyographic cinematographic analysis of twelve muscles. Am J Sports Med. 1991; 19: 577-82.