Psychosozialer Stress bremst Frakturheilung, Betablocker können helfen
Werden Unfallopfer mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) künftig Betablocker bekommen, um die Frakturheilung zu fördern? Eine Studie von Forschern des Universitätsklinikums Ulm und der University of California San Francisco legt nahe, dass dieser Therapieansatz Erfolg verspricht (1). Am Mausmodell mit Tieren unter psychosozialem Stress zeigte sich bereits nach der einmaligen systemischen Behandlung mit Propranolol eine verbesserte Knochenheilung.
Erst der Stress, dann weiche Knochen
Ausgangspunkt der Studie war das Wissen, dass Patienten mit PTBS ein erhöhtes Risiko für chronisch-entzündliche Erkrankungen und für Frakturen haben. Welche Prozesse hierfür verantwortlich sind, überprüften die Forscher am Mausmodell: Sie hielten Gruppen von männlichen Tieren, von denen eines besonders groß und aggressiv war, 19 Tage lang gemeinsam in einem Käfig. Diese Art der Haltung heißt fachsprachlich „chronic subordinate colony housing“ (CSC) und hat sich schon in mehreren Studien als Mausmodell für PTBS bewährt.
Nach Frakturen fanden sich bei den CSC-Mäusen wie erwartet Auffälligkeiten in der Immunantwort: Im Knochenmark wurde ein Übermaß an neutrophilen Granulozyten gebildet, die in die Hämatome der frischen Bruchstelle einwanderten. Die Umwandlung von Knorpel zu Knochen verlief gestört. Später fielen die Knochen der CNC-Mäuse durch eine verminderte Biegesteifigkeit auf, auch erreichte der neugebildete Knochen an der Bruchstelle nicht die Härte, die sonst bei den Tieren üblich ist.
Mit Propranolol zur normalen Genesung
Die Wissenschaftler aus Ulm und Kalifornien arbeiteten heraus, dass an diesen Prozessen die ß-Adrenozeptoren beteiligt sind, die durch Adrenalin aktiviert werden. Propranolol steuert gegen und bewährt sich beim Menschen – in dieser Studie half der Betablocker den Mäusen. Nachdem sie einmal, vor der Femurosteotomie, Propranolol bekommen hatten, zeigten die Tiere trotz ihrer Haltungsbedingungen eine unauffällige Immunantwort an den Bruchstellen. Die Bildung von Neutrophilen entsprach der Norm, später heilten die Frakturen unbeeinträchtigt. Nun ist zu erforschen, inwiefern sich diese Erkenntnisse auf Menschen mit PTBS übertragen lassen.
■ Plaum P
Quellen:
Haffner-Luntzer M, Foertsch S, Fischer V, Prystaz K, Tschaffon M, Mödinger Y, Bahney CS, Marcucio RS, Miclau T, Ignatius A, Reber SO. Chronic psychosocial stress compromises the immune response and endochondral ossification during bone fracture healing via β-AR signaling. PNAS. 2019; 116: 8615-8622. doi:10.1073/pnas.1819218116