Management von Reisemüdigkeit und Jetlag bei Sportlern

Management von Reisemüdigkeit und Jetlag bei Sportlern
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Zu Trainingslagern oder wichtigen Wettkämpfen reisen Athletinnen und Athleten oft aus großer Entfernung an. Meist bleibt es dabei nicht aus, dass das Ziel in einer anderen Zeitzone liegt. Selbst Nichtsportler kennen das Gefühl, nach solchen Reisen erst einmal ein paar Tage lang nicht ganz auf der Höhe zu sein. Im Profisport sind die Symptome von Reisemüdigkeit oder Jetlag nicht nur lästig, sondern können auch die Leistung mindern und das Verletzungsrisiko erhöhen. Ein optimales Management von Reisefolgen wäre deshalb wünschenswert. Bislang gab es diesbezüglich keine einheitlichen Empfehlungen. Deshalb hat ein internationales Expertenteam auf Basis aktueller Literatur und eigener Erfahrungen detaillierte, skalierbare Empfehlungen für reisende Sportler erarbeitet (1). Beteiligt waren u. a. Schlaf-, Sport- und Ernährungswissenschaftler, Teamärzte und -physiotherapeuten sowie Statistiker.

Unterscheidung zwischen Reisemüdigkeit und Jetlag

Begrifflich unterscheiden die Autoren zwischen zwei Arten von chronobiologischen Reisefolgen: Reisemüdigkeit und Jetlag. Denn während die vielfältigen Symptome eines Jetlags ausschließlich beim Überschreiten von Zeitzonen auftreten, kann schiere Reisemüdigkeit Athleten durchaus auch schon nach längeren Strecken in ein und derselben Zeitzone zu schaffen machen. Werden gleich mehrere Zeitzonen in Richtung West-Ost oder Ost-West überschritten, verschwimmen die Beschwerdebilder manchmal.

Reisemüdigkeit erklärt sich im Namen bereits selbst: Man ist nach, manchmal auch schon während der Reise ungewöhnlich müde, z.B. weil eine lange Strecke ohne gute Erholungs-, Lüftungs- und Bewegungsmöglichkeiten per (Mannschafts-)Bus, Zug oder Auto zurückgelegt wurde und/oder eine sehr frühe Abfahrt nötig war. Hat man den fehlenden Schlaf einmal aufgeholt, ist das Problem fast immer erledigt.

Jetlag äußert sich dazu noch durch weitere chronobiologische Symptome. Sie basieren auf der Verschiebung der natürlichen zirkadianen Rhythmen: Ein- und Durchschlafstörungen in der Nacht, zu frühes Erwachen, insgesamt verminderte Leistungsfähigkeit sowie manchmal Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden oder kognitiv-psychologische Probleme bei Tag (z.B. Gereiztheit, Konzentrationsschwierigkeiten). Diese Ansammlung unangenehmer Begleitfolgen kann, wenn sie unbeachtet bleibt, mehrere Tage oder sogar Wochen lang anhalten und Training wie Wettkampf empfindlich beeinträchtigen.

Wie man den oben beschriebenen Symptomen beikommen kann, haben die Forscher in einem Konsensuspapier zusammengefasst. Im Themenkomplex „zirkadianes System“ wurden zunächst die für den Schlaf-Wach-Rhythmus relevanten Marker definiert, darunter Zeitgeber (Licht, körperliche Aktivität, Mahlzeiten, Übergang Schlafen/Wachen, soziale Interaktion), hormonelle Marker für die Schlafregulation (Melatonin, CBT), Faktoren für eine Phasenverschiebung der Körperuhr  und interindividuelle chronotypische Eigenheiten. Sie stellen die Basis der Empfehlungen dar.

Empfehlungen bezüglich Reisemüdigkeit

Vor und während der Reise

■ Gut ausgeschlafen und gesund die Reise antreten

■ Falls dies unmöglich war: nicht während der Fahrt oder des Flugs „Schlaf nachholen“

■ Reisezeiten und -routen sowie Verpflegung optimal planen (schnellstmögliche Zielerreichung, kurze Aufenthalte, komfortables Sitzen, kleine nährstoffreiche Mahlzeiten, kein Alkohol)

■ Möglichst kurze Zeit zwischen letztem „regulärem“ Schlaf am Start- und ersten „regulärem“ Schlaf am Zielort

■ Trainingspensum der Athleten auf die verbrachte Reisezeit abstimmen (genügend Pause nach Ankunft; zunächst leichtere und kürzere Trainingsintervalle einplanen)

■ Beratung der Athleten zu potenziell schlaf-kontraproduktiver Medikation

■ Falls Schlaf während der Reise unumgänglich ist: am besten Augenmaske und Ohrstöpsel/Kopfhörer benutzen, Liegesitze maximal flach einstellen

■ Während der Schlafzeit jegliche Bildschirme vermeiden

■ Reiseübelkeit zeitnah bekämpfen

■ Im Rahmen der Möglichkeiten in Bewegung sein (auf und ab gehen, leichte Dehnübungen)

■ Auf Zwischenstopps möglichst an die frische Luft gehen und bewegen

■ Leichte und bequeme Kompressionskleidung tragen

Nach der Ankunft

■ Bei Müdigkeit möglichst früh am Tag kurze Nickerchen in einem gut gelüfteteten, dunklen Raum ohne Bildschirmstrahlung machen (auch hier: Ohrstöpsel/Augenmaske)

■ Bei gastrointestinalen Beschwerden Ernährung anpassen (Ballaststoffe, Flüssigkeitsmenge, Probiotika etc.)

■ Koffein nur morgens bis mittags

■ Zunächst leichtere Trainingseinheiten, möglichst ohne Videosessions

Empfehlungen bezüglich Jetlag

Beim Management von Jetlag muss klar unterschieden werden, in welche Himmelsrichtung gereist wird – denn bei einem Westwärts-Flug ist die Körperuhr der Zeit am Ankunftsort voraus, während sie bei Ostwärts-Flügen „hinterherhinkt“. Demgemäß muss sie wieder synchronisiert werden. Auch die Anzahl der durchflogenen Zeitzonen spielt eine Rolle bei der Auswahl der passenden Intervention. Ergebnis ist ein recht umfangreiches Set an Empfehlungen, das dem Begleitmaterial des Konsensuspapiers entnommen werden kann (auf Englisch): https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8279034

Eine gute Zusammenfassung zum Thema „Jetlag und Reisemüdigkeit“ hat auch das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin:
https://www.dlr.de/me/desktopdefault.aspx/tabid-2023/2958_read-4535/

■ Kura L

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Quellen:

  1. Janse van Rensburg DC et al. Managing Travel Fatigue and Jet Lag in Athletes: A Review and Consensus Statement. Sports Med. 2021; 51: 2029-2050. doi:10.1007/s40279-021-01502-0