Hochintensives Intervalltraining (HIIT) im Fußball: Effekte anaerober und aerober Varianten

Hochintensives Intervalltraining (HIIT) im Fußball: Effekte anaerober und aerober Varianten
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Fußball ist in den letzten Jahren immer athletischer geworden und die Anforderungen an die Trainingsgestaltung zunehmend komplexer. Heutzutage gilt es, eine Mannschaft umfassend langfristig auf eine Saison, mittelfristig auf eine Trainingswoche und kurzfristig auf das Tagesgeschäft vorzubereiten und bestmöglich einzustellen. Dazu gehören neben technischer und taktischer Weiterentwicklung vor allem die Ausbildung konditioneller Fähigkeiten. In der Praxis steht hierfür aber nur ein begrenzter Trainingsrahmen zur Verfügung, der bestmöglich genutzt werden muss. Hochintensives Intervalltraining (High-Intensity-Interval-Training/HIIT) ist daher als effektive und zeiteffiziente Trainingsmethode in den Fokus der Trainingswissenschaft geraten – insbesondere im Fußball.

Spielentscheidende Aktionen finden im hochintensiven Bereich statt

Fußballspieler laufen pro Spiel zwischen 9 und 14 km, wobei die Laufleistung insgesamt leicht rückläufig ist. Im Gegensatz dazu haben sich Lauf- und maximale Sprintgeschwindigkeit im Durchschnitt erhöht. Auswertungen zeigen zudem, dass die Anzahl der Sprints in der Premier League in den letzten 10 Jahren um 50 Prozent gestiegen ist. Eine Untersuchung des Bewegungsverhaltens während der Fußball-WM 2018 in Russland ergab, dass sich die Spieler die meiste Zeit nur mit geringer Laufintensität (7–14,8 km/h) fortbewegten. Mit einer Geschwindigkeit von mindestens 14,8 km/h (High Intensity Actions) liefen sie Strecken von 2600 – 2800 m, während die Sprintdistanz, also eine Geschwindigkeit von mindestens 25,2 km/h, lediglich 200 – 260 m betrug (9). Der Bewegungsanteil mit höchster Intensität während eines Spiels ist also verhältnismäßig gering.

Jedoch finden die entscheidenden Aktionen in diesem hochintensiven Bereich statt. Zudem fallen überproportional viele Tore in den letzten 15 Minuten. Je länger die Spieler also den konditionellen Belastungen standhalten, desto besser können sie ihr fußballerisches Potenzial über die gesamte Spieldauer hinweg abrufen. Vor allem die optimale Bewältigung hochintensiver Aktionen wird dabei als Erfolgsfaktor gesehen. Trainingsinhalte zur Verbesserung der Ausdauer müssen daher gleichermaßen den aeroben wie auch den anaeroben Energiestoffwechsel fördern. HIIT bietet sich hier als geeignete Trainingsmethode an.

Effekte von anaerobem HIIT bei Schnelligkeits-Ausdauer-Training

Schnelligkeits-Ausdauer-Training (SET) wird im Fußball mit »All-out«-Intensität für eine relative kurze Dauer von 10 bis 90 Sekunden durchgeführt, um die körperliche Leistungsfähigkeit während der intensivsten Spielphasen zu verbessern. Grundsätzlich unterscheidet man dabei zwei anaerobe HIIT-Varianten:

• Speed Endurance Maintenance (SEM), d. h. SET mit kurzem Belastung-Pausen-Verhältnis (1:1 – 1:3). Diese Methode soll vor allem die Fähigkeit verbessern, hochintensive Belastungen wiederholt abzurufen.

• Speed Endurance Production (SEP), d. h. SET mit einem größeren Belastungs-Pausen-Verhältnis (1: ≥ 5). Diese Trainingsform soll die Fähigkeit verbessern, für eine relativ kurze Dauer maximale Leistung erbringen.

Ein zusätzliches Schnelligkeits-Ausdauer-Training mit geringem Trainingsvolumen (ca. 20 min) über einen Zeitraum von neun Wochen kann die Fähigkeit verbessern, hochintensive Aktionen wiederholt auszuführen (7). Zudem verbessert es die oxidative Kapazität der Skelettmuskulatur und die Laufleistung beim YYIR-Test Level 2 in höherem Maße als die verwendeten Trainingsprotokolle für Kleinfeldspiele (6 vs. 6 Spieler) (4).

Speed Endurance Production führt bei trainierten Fußballspielern zu einer Leistungssteigerung bei intermittierenden hochintensiven Bewegungsaktionen und erhöht die Gesamtgeschwindigkeit bei wiederholten Sprintbelastungen (6).

Speed Endurance Maintenance vermindert den Leistungsabfall aufgrund einer erhöhten Ermüdungstoleranz und bewirkt, dass die Geschwindigkeit bei wiederholtem »All out« sowie bei kurzen maximalen Belastungen aufrechterhalten werden kann. Beide SET-Varianten eignen sich daher, um die Performance der Spieler zu verbessern.

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Kleinfeldspiele als anaerobe HIIT-Variante

Kleinfeldspiele (small-sides games / SSG) gelten wegen der zusätzlich abverlangten technischen und taktischen Fähigkeiten als fußballspezifischste HIIT-Methode. Doch welches Potenzial zur Verbesserung anaerober Fitness enthalten sie? Eine Studie von Ade et al. (1) zeigte insgesamt geringere physiologische Anpassungen nach Kleinfeldspielen als nach einer SET-Intervention. Jedoch hat bislang noch keine andere Studie die gleiche Methodik bezüglich des Belastungs-Erholungs-Verhältnisses verwendet, weswegen die erfassten Trainingseffekte bei Kleinfeldspielen (SEP 1 vs. 1, SEM 2 vs. 2 Spieler) noch nicht quantifiziert wurden. Andere Studien stellten (verglichen mit hochintensiven Intervallläufen) gleichwertige positive Veränderungen in Bezug auf aerobe Fitness und Beweglichkeit fest (3). Einige Forscher kamen schließlich zu dem Schluss, dass die Belastungsintensität bei Kleinfeldspielen (4 vs. 4 Spieler bzw. 6 vs. 6 Spieler) aufgrund der geringen hochintensiven Laufdistanz (> 19,8 km/h), zu moderat sind, um die wichtigen physiologischen Aspekte im Fußball effektiv zu trainieren (2). Die Ergebnisse der Studie von Ade et al. unterstützen zudem die Annahme, dass Kleinfeldspiele nach SEP mit 1 gegen 1 Spieler durch das intensivere Beanspruchungsprofil die anaerobe Leistungsfähigkeit in höherem Maße verbessert als Kleinfeldspiele nach SEM mit 2 gegen 2 Spielern.

Obwohl die Belastungsparameter bei den SSG in allen oben genannten Untersuchungen geringer waren, war die Anzahl der Tempowechsel durch Antritt-Abstopp-Bewegungen größer. Es ist inzwischen erwiesen, dass Fußballspieler mehr Antritte (bis 5 m) als Sprints (länger als 5 m) während eines Spiels absolvieren und die metabolischen Anforderungen bei Tempowechsel im Vergleich zu konstanten Geschwindigkeiten ansteigen (8). Die Datenlage stützt daher die Auffassung, dass die Entwicklung fußballspezifischer Fitness durch Antritt-Abstopp-Bewegungen, also durch Anwendung von anaeroben SSG, eher erreicht wird als durch hochintensive Läufe.

Effekte von aerobem HIIT

Aerobes HIIT (AHI) im Fußball zielt darauf ab, eine andauernde hochintensive Bewegung länger auszuführen und die Regenerationszeit bei intervallartigen Belastungen zu verkürzen. Diese Trainingsmethode verlangt vom Athleten eine Belastungsdauer von 2 bis 4 Minuten und ein Belastungs-Erholungs-Verhältnis von 2:1 mit 90 Prozent der HRmax.
Ein Review verglich mehrere Studien zu Trainingseffekten von aerobem HIIT (5). Alle erfassten Untersuchungen wurden als 4-versus-4-Trainingsprotokolle mit gleicher Intensität (90 – 95 Prozent HRmax) und gleichem Trainingsumfang durchgeführt. Auch wenn die gemessenen Trainingseffekte variieren, konnten Verbesserungen bei den V˙O2max-Werten (6,6 – 10,8 Prozent) und bei der Laufökonomie (2,8 – 6,7 Prozent) nachgewiesen werden. Darüber hinaus war die Ansammlung von Laktat im Blut bei submaximalen Läufen geringer. Bei fußballspezifischen Ausdauertests (YYIR-Test/soccer speficic circuit) konnten ebenfalls Verbesserungen (12,5 bzw. 14,3 Prozent) festgestellt werden. Ein entscheidender Trainingsfaktor scheint dabei die oben genannte ausreichend hohe Inten­sität (mindestens 90 Prozent der HRmax) während der Belastungsdauer zu sein.

Fazit

Anaerobes HIIT als Schnelligkeits-Ausdauer-Training führt allgemein zur Verbesserung der aeroben Kapazität. Dabei scheint das SEP-Training im Vergleich zur SEM-Variante größere Effekte zu erzielen und die wiederholte Sprintfähigkeit zu verbessern. SEM wirkt sich vor allem positiv auf das Stehvermögen bei hochintensiven Belastungen aus. Kleinfeldspiele scheinen eine adäquate Alternative zu SET zu sein; einige Studien sehen sie sogar im Vorteil (8), doch nicht alle Untersuchungen teilen diese Einschätzung.

Aerobes HIIT führt zur Verbesserung von V˙O2max und Laufökonomie. Kleinfeldspiele mit hoher aerober Belastungsintensität erzeugen vergleichbare Ergebnisse, weshalb ein Einsatz dieser Trainingsmethode nicht zuletzt wegen der zusätzlichen technischen und taktischen Anforderungen sinnvoll erscheint.

Die Untersuchungen zeigen zudem, dass zur Verbesserung von V˙O2max anaerobes HIIT aerobem vorzuziehen ist. Die wiederholte Sprintfähigkeit kann durch anaerobes HIIT und SSG verbessert werden, wobei die Ergebnisse bzw. die genauen Auswirkungen unterschiedlich ausfallen. In diesem Bereich bedarf es weiterer Forschung. Einheitlichere Trainingsprotokolle wären darüber hinaus in Zukunft für eine bessere Vergleichbarkeit der Resultate wünschenswert.

■ Klauke J

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Quellen:

  1. Ade JD, Harley JA, Bradley PS. Physiological response, time–motion characteristics, and reproducibility of various speed-endurance drills in elite youth soccer players: small-sided games versus generic running. Int J Sports Physiol Perform. 2014; 9: 471-479. doi:10.1123/ijspp.2013-0390

  2. Dalen T, Sandmael S, Stevens TGA, Hjelde GH, Kjøsnes TN, Wisløff U. Differences in acceleration and high-intensity activities between small-sided games and peak periods of official matches in elite soccer players. Journal of Strength & Conditioning Research. 2019; Publish Ahead of Print. doi:10.1519/JSC.0000000000003081

  3. Dellal A, Varliette C, Owen A, Chirico EN, Pialoux V. Small-sided games versus interval training in amateur soccer players: effects on the aerobic capacity and the ability to perform intermittent exercises with changes of direction. Journal of Strength & Conditioning Research. 2012; 26: 2712-2720. doi:10.1519/JSC.0b013e31824294c4

  4. Fransson D, et al. Skeletal muscle and performance adaptations to high-intensity training in elite male soccer players: speed endurance runs versus small-sided game training. European Journal of Applied Physiology. 2018; 118: 111–121. doi:10.1007/s00421-017-3751-5

  5. Iaia F, Hellsten Y, Nielsen JJ, Fernstrom M, Sahlin K, Bangsbo J. Four weeks of speed endurance training reduces energy expenditure during exercise and maintains muscle oxidative capacity despite a reduction in training volume. Journal of Applied Physiology. 2009; 106: 73–80. doi:10.1152/japplphysiol.90676.2008

  6. Iaia FM, Fiorenza M, Perri E, Alberti G, Millet GP, Bangsbo J. The effect of two speed endurance training regimes on performance of soccer players. PLoS ONE. 2015; 10: e0138096. doi:10.1371/journal.pone.0138096

  7. Nyberg M et al. Adaptations to Speed Endurance Training in Highly Trained Soccer Players. Medicine & Science in Sports & Exercise. 2016; 48: 1355-1364. doi:10.1249/MSS.0000000000000900

  8. Osgnach C, Poser S, Bernardini R, Rinaldo R, Di Prampero PE. Energy cost and metabolic power in elite soccer: a new match analysis approach. Medicine & Science in Sports & Exercise. 2010; 42: 170–178. doi:10.1249/MSS.0b013e3181ae5cfd

  9. Peev P, Tsvetkov V, Youroukov N. Time-Motion Analysis of the Football World Cup in Russia 2018. Journal of Applied Sports Sciences. 2019; 1: 108-121. doi:10.37393/jass.2019.01.11