Glucocorticoid-Injektionen: Neue Anti-Doping-Regelungen seit 2022
Glucocorticoide zählen zu den Wirkstoffgruppen, die in nahezu jedem medizinischen Fachgebiet eingesetzt werden. In der Orthopädie und Sportmedizin werden vor allem lokale Glucocorticoid-
Injektionen und -Infiltrationen als Therapieoption genutzt. Da Glucocorticoide jedoch potenziell leistungssteigernd wirken, sind einige Anwendungsarten Bestandteil der im Sport geltenden Verbotsliste der Welt Anti-Doping Agentur (WADA).
Änderungen in der Verbotsliste 2022
Bis Ende des Jahres 2021 waren Glucocorticoide im Wettkampf verboten, wenn sie oral, intravenös, intramuskulär oder rektal verabreicht wurden. Hierbei ging man davon aus, dass sich nur über diese Anwendungsarten potenziell leistungssteigernde Wirkstoffkonzentrationen im Blut erreichen ließen. Allerdings zeigen Studienergebnisse der letzten Jahre, dass auch lokale Injektionen therapeutischer Dosen zu vergleichbar hohen Wirkstoffkonzentrationen im Blut führen können (2). Aus diesem Grund wurden von der WADA weitere Anwendungsarten von Glucocorticoiden
auf die aktuelle Verbotsliste 2022 aufgenommen (3):
»Alle Glucocorticoide sind innerhalb von Wettkämpfen verboten, wenn sie auf jeglichem injizierbaren, oralen (einschließlich oromukosalen [zum Beispiel bukkalen, gingivalen, sublingualen]) oder rektalen Weg verabreicht werden.«
Damit sind nun sämtliche injizierbaren Anwendungsarten von Glucocorticoiden, wie beispielsweise intraartikuläre, peritendinöse, intrabursale oder intradermale Injektionen, im Wettkampf verboten. Als »innerhalb des Wettkampfs« gilt dabei der Zeitraum von kurz vor Mitternacht (um 23:59 Uhr) am Tag vor einem Wettkampf bis zum Ende dieses Wettkampfs und Beendigung der entsprechenden Dopingkontrollen, sofern die WADA für eine bestimmte Sportart keinen anderen Zeitraum zugelassen hat (1). Außerhalb von Wettkämpfen sind alle oben genannten
Verabreichungen erlaubt. Anwendungsarten wie dermal, inhalativ, nasal oder ophthalmisch sind jederzeit erlaubt.
Hinweise für den Einsatz von Kortison in der Praxis
In manchen Fällen, zum Beispiel bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder rheumatischen Erkrankungen, ist es medizinisch notwendig, Glucocorticoide in verbotenen Anwendungsarten über längere Zeit und auch innerhalb von Wettkämpfen zu verabreichen. Athleten, die einem Testpool der NADA oder hohen Ligen bestimmter Mannschaftssportarten angehören, benötigen hierfür eine sogenannte Medizinische Ausnahmegenehmigung, die vorab bei der NADA beantragt werden muss. Für Athleten, die keinem Testpool angehören, reicht es aus,
bei nationalen Wettkämpfen in Deutschland ein fachärztliches Attest mitzuführen.
Da Glucocorticoide jedoch teilweise über mehrere Wochen nach der Anwendung mit dem Urin ausgeschieden werden, besteht die Möglichkeit, dass sie in einer Wettkampf-Dopingprobe nachgewiesen werden, obwohl die Behandlung ausschließlich in der wettkampffreien Zeit stattfand. Als Orientierung für Ärzte und Athleten wurden von der WADA deshalb sogenannte Auswaschzeiten veröffentlicht (siehe Tab. 1). Diese stellen den Zeitraum dar, in dem ein Glucocorticoid nach entsprechender Applikation mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer Urin-Dopingprobe nachgewiesen werden kann (4).
Für die intravenöse und rektale Anwendung wurden bisher keine Auswaschzeiten veröffentlicht. Die WADA empfiehlt, Glucocorticoid-Therapien nach Möglichkeit so zu planen, dass der nächste Wettkampf erst nach Ende der Auswaschzeit stattfindet. Nach Anwendung außerhalb von Wettkämpfen ist die Teilnahme an Wettkämpfen innerhalb der Auswaschzeit nicht verboten und bedarf keiner Beantragung einer prospektiven Medizinischen Ausnahmegenehmigung.
Athleten sollten sich aber darauf einstellen, bei einer Wettkampf-Dopingkontrolle gegebenenfalls positiv auf Glucocorticoide getestet zu werden. In diesem Fall müssen Athleten, die einem Testpool der NADA angehören, nach Aufforderung durch die NADA eine rückwirkende Medizinische Ausnahmegenehmigung beantragen. Hierzu müssen neben dem entsprechenden Antragsformular ausführliche medizinische Unterlagen eingereicht werden. Athleten, die keinem Testpool angehören, müssen in diesem Fall ein fachärztliches Attest über die Behandlung nachreichen. Aus diesem Grund empfiehlt die NADA, Behandlungen mit Glucocorticoiden, insbesondere kurz vor Wettkämpfen, ausführlich medizinisch zu dokumentieren.
Weitere Informationen zum Thema Anwendung von Glucocorticoiden, inklusive eines ausführlichen FAQ stehen auf der Internetseite der NADA unter www.nada.de zur Verfügung.
■ Berg C, Welz M. Nationale Anti Doping Agentur Deutschland
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Quellen:
Nationale Anti Doping Agentur Deutschland: Nationaler Anti-Doping Code 2021 [aufgerufen am 24.01.2022]
Ventura R, Daley-Yates P, Mazzoni I, et al: A novel approach to improve detection of glucocorticoid doping in sport with new guidance for physicians prescribing for athletes British Journal of Sports Medicine. 2021; 55: 631-642. doi: 10.1136/bjsports-2020-103512
World Anti-Doping Agency: The World Anti-Doping Code. The 2022 Prohibited List. International Standard. 01.01.2022. [aufgerufen am 24.01.2022]
World Anti-Doping Agency: Summary of Major Modifications and Explanatory Notes 2022 Prohibited list [aufgerufen am 24.01.2022]