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Fitness meets Science – von der Zanderei bis zur Fitnesswissenschaft

Editorial von Prof. Dr. Stephan Geisler (IST-Hochschule für Management, Düsseldorf) für die Ausgabe 02/2020 der DZSM. Der Wissenschaftler geht auf die Anfänge des Fitnesssports und den Begriff „Zanderei“ ein. Er erörtert die aktuellen Schwierigkeiten im Fitnesssport und macht sich für die Begrifflichkeit der Fitnesswissenschaft stark.

Fitness meets Science – von der Zanderei bis zur Fitnesswissenschaft
© Kzenon / Adobe Stock

Ob Jonas Gustaf Vilhelm Zander (1835-1920) sich damals schon vorstellen konnte, wie sich die Fitnessindustrie mal entwickeln würde, ist eher unwahrscheinlich. Zander war ein schwedischer Arzt und entwickelte in den 1850er-Jahren erste Apparate zur Unterstützung seiner Heilmethode, der „Medico-mechanischen Therapie“ (5). Damit war er Vorreiter der heutigen gerätegestützten Trainingsmethoden im Krafttraining und in der Therapie.

Man könnte also sagen, dass die heutige Fitnessbranche in gewisser Weise aus der medizinischen Therapie entstanden ist. Im Jahre 1877 begann Zander mit der industriellen Fertigung seiner Geräte und dem Aufbau sogenannter Zander-Institute. Dort wurden Patienten mit den unterschiedlichsten Erkrankungen therapiert und gegen Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland ganze 79 Zander-Institute, in denen ca. 100 000 Menschen der Zanderei nachgingen.

Leider verebbte diese Welle mit dem ersten Weltkrieg und es sollte gute 50 Jahre dauern, bis der Amerikaner Joe Gold die ersten großen Fitnessstudios (Gold´s Gym) in den USA eröffnete (1). Berühmte Sportler und Schauspieler wie Arnold Schwarzenegger und Jane Fonda übernahmen von da an Vorbildfunktionen. Einerseits verhalfen Sie dem Fitnesssport zu mehr Popularität, andererseits aber leider auch zu einem eher zweifelhaften Ruf. „Muskelprotze und Hupfdohlen“ dominierten die Szene und erst in den späten 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts
entwickelte sich die Fitnessszene zu der gesundheitsorientierten und ganzheitlichen Branche, die sie heute ist (3).

Mittlerweile gibt es weltweit über 200 000 Fitnessclubs mit steigender Tendenz und in Deutschland alleine fast 10 000 (4). Damit ist Deutschland in Europa Spitzenreiter. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder in Fitnessstudios fast verdreifacht (Abbildung 1). Hierzulande trainieren mehr als 11 Millionen Menschen in einem Fitnessclub und damit ist die Fitnessbranche mit Abstand der größte Anbieter für Bewegung in Deutschland (4) (Abbildung 2).

Entwicklung der Mitgliederzahlen in Fitnessstudios in Deutschland (in Millionen)
Abb 1.: Entwicklung der Mitgliederzahlen in Fitnessstudios in Deutschland (in Millionen) (2). © DZSM 2020
Vergleich der mitgliederstärksten Trainingsformen
Abb 2.: Vergleich der mitgliederstärksten Trainingsformen (in Millionen) (2). © DZSM 2020
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