Behandlungsoptionen bei Patellafrakturen
Patellafrakturen sind mit einer Häufigkeit von einem Prozent aller Frakturen eher selten. Technisch stellen sie noch immer eine Herausforderung dar. Betroffene leiden für gewöhnlich unter Schmerzen, Gelenkerguss und starker Bewegungseinschränkung des Kniegelenks. Um Abhilfe zu schaffen, gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten, mittels derer bei zügiger Diagnose und passender Therapie grundsätzlich eine komplette Remission erreicht werden kann. Welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Therapieformen haben und bei welcher Ausgangslage welche Methoden in Frage kommen, behandelt ein aktueller Review (1).
Die Therapieentscheidung sollte dabei in erster Linie aufgrund von Frakturmuster, Grad der Weichteil-Beteiligung und verbliebener Extensor-Funktion, sowie dem vor dem Trauma gegebenen Funktionsniveau des Patienten gefällt werden. So können vor allem nicht-dislozierte Frakturen, bei denen das Retinaculum intakt und die Extensor-Funktion erhalten bleiben, konservativ behandelt werden. Das bedeutet vier- bis sechswöchige Immobilisation mittels Gips oder Brace. Allerdings haben frühere Studienergebnisse gezeigt, dass bei diesem non-invasiven Vorgehen Patienten post-interventionell mit Extensionsdefiziten von bis zu 20 Grad und höherer Prävalenz von Arthritis zu rechnen hätten. Die Tendenz ging deshalb v. a. bei Bedarf für ein höheres Funktionsniveau im Alltag, wie z. B. jüngeren oder prä-traumatisch mobileren Patienten, zum operativen Vorgehen. Verschiedene operative Verfahren stehen aktuell zur Verfügung.
Anterior tension band (ATB)
1950 gelang mit der Einführung des Anterior tension band (ATB) das erste operative Verfahren, das volle Rehabilitation, hohe Bewegungsfreiheit und frühe Remobilisation nach Patellafrakturen ermöglichte. Gerade letztere ist wichtig, um Versteifungen des Kapselapparates sowie Knorpeldegeneration vorzubeugen. Begleitend muss der Patient dazu nach der Operation ein umfassendes Reha-Programm absolvieren, bei dem der Bewegungsgrad des betroffenen Kniegelenks sukzessive erweitert wird. So soll nach drei bis sechs Monaten eine komplette Wiederherstellung der Mobilität erreicht werden.
Tension band wire (TBW)
Bei transversalen Patellafrakturen wird gemeinhin die Verwendung des Tension band wire (TBW) als Goldstandard akzeptiert. Hierbei werden zwei 1,6 mm starke K-Drähte parallel zueinander um die frakturierte Patella gebogen und anschließend mittels Drahtumreifung fixiert. Die Materialkosten des TBW-Verfahrens sind zwar vergleichsweise günstig, aber hohe Komplikationsraten und daraus resultierende Re-Operationsraten von bis zu 65 Prozent sind ein eindeutiger Nachteil.
Kanülierte Schraubenfixierung
Um insbesondere der Weichteilirritation vorzubeugen, die durch TBW hervorgerufen wird, führte man die kanülierte Schraubenfixierung ein, bei der zwei Hohlschrauben innerhalb der Patella positioniert und dann mittels Achter-Verdrahtung verstärkt werden können. Diese Methode zeigt eine bessere biomechanische Stabilität und weniger Komplikationen als das TBW allein, doch birgt der vergleichsweise hohe Schraubendurchmesser das Risiko, die Gelenkoberfläche zu schädigen und die Fraktur noch zu vergrößern.
Locking Plates
In letzter Zeit kommen vermehrt auch kleine, anpassbare Locking plates zum Einsatz, die mittels flexibler Schraublöcher in kleinere Knochenfragmente verbohrt werden können. Dank ihrer Biegsamkeit und der Option, sie zuzuschneiden, ermöglichen sie äußerst individuelle Anpassungen an den einzelnen Patienten und maximale Fixationsstärke bei minimaler Weichteilirritation. Besonders komplexe und multi-fragmentäre Brüche lassen sich so optimal versorgen.
Patellektomie
Bei Trümmerbrüchen oder nach vergeblichen Interventionsversuchen bietet sich noch immer die Patellektomie als letzte Option und Salvage-Therapie an. Trotz eines durchschnittlichen Kraftverlusts von 50 Prozent in der Extension, kann sie zumindest akzeptable Ergebnisse bei schwieriger Ausgangslage bieten.
Patellafrakturen bleiben eine orthopädische Herausforderung. Die Bandbreite an Interventionsmöglichkeiten ist dem Spektrum an Frakturmustern und Patientenanforderungen geschuldet und notwendig, um jeweils ein möglichst gutes Outcome zu erreichen. Weitere klinische Untersuchungen können dazu beitragen, dass die Effektivität operativer Verfahren zu- und gleichzeitig Re-Operations-Raten abnehmen.
■ Taylan Y, Hutterer C
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Quellen:
Baid M, Narula S, Manara JR, Blakeney W. Evolution in the Management of Patella Fractures. J Clin Med. 2024: 1426. doi:10.3390/jcm13051426.