Aktuelle Überlegungen und Hinweise zum psychometrischen Trainingsmonitoring von Erholungs-Beanspruchungs-Zuständen

Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Review) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.

Aktuelle Überlegungen und Hinweise zum psychometrischen Trainingsmonitoring von Erholungs-Beanspruchungs-Zuständen
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Hintergrund

In einem durchdachten Trainingsmonitoring spielt auch die subjektive Einschätzung eine wichtige Rolle. Mittels psychometrischer Verfahren lassen sich individuelle Auswirkungen des Trainings und anderer externer Reize effektiv messbar machen. Fragebögen sind geeignet, um verschiedene Facetten des psychophysischen Befindens zu untersuchen und z. B. den aktuellen Erholungs-Beanspruchungs-Zustand zu erfassen. Dabei sind wissenschaftlich validierte Verfahren von ungetesteten selbstgebauten Skalen zu unterscheiden und von letzteren aufgrund mangelnder empirischer Evidenz abzuraten.

Kriterien psychometrischer Verfahren

Im vorliegenden Artikel werden wichtige Kriterien beispielhaft anhand zweier Verfahren skizziert, dem Akutmaß (AEB) und der Kurzskala (KEB) zur Erfassung von Erholung und Beanspruchung im Sport (Kellmann, Kölling & Hitzschke, 2016). Voraussetzung ist eine fundierte theoretische Herleitung und gleichzeitig die praktische Relevanz der zu erhebenden Konstrukte. In Anlehnung an Kellmanns heuristisches „Scherenmodell“ stehen Erholung und Beanspruchung zwar in Wechselbeziehung, werden im AEB und KEB aber separat und mehrdimensional erfasst. Dies wurde bei deren Entwicklung faktorenanalytisch bestätigt. Neben der Praktikabilität im Trainingsalltag zeichnen sich geeignete Verfahren zudem durch die Dokumentation psychometrischer Kennwerte der Reliabilität und Validität aus.

Analyse psychometrischer Daten

Die Datenanalyse sollte von gründlichen und sportpraktischen Überlegungen ausgehend erfolgen. Mittelwertbasierte Gruppenstatistiken liefern selten relevante Informationen zur Interpretation auf individueller Ebene. Ansätze von Einzelfallstudiendesigns und statistischen Methoden, welche die intraindividuelle Variabilität und bedeutsame Veränderungen ermitteln, sind für physiologische Parameter bekannt (z. B. Herzfrequenz, muskuläre Ermüdung). Neuere Entwicklungen sind bspw. graphische Darstellungen individualisierter Normwerte auf Basis Bayesscher Statistik oder Vorgehensweisen der Statistischen Prozesslenkung. Der Fokus liegt dabei auf der Identifikation auffälliger Muster außerhalb der üblichen individuellen Streuung, die auf Überbeanspruchung oder Untererholung hinweisen können.

Fazit für die Praxis

Die Übertragbarkeit dieser Methoden auf psychometrische Daten wird im Artikel diskutiert, aktuelle Untersuchungen hierzu stehen jedoch noch aus. Grundsätzlich sind die subjektiven Parameter im Gesamtkontext des Trainings und außersportlicher Faktoren zu interpretieren. Eine wesentliche Bedingung ist zudem die regelmäßige und wahrheitsgemäße Beantwortung der Fragebögen, welche wiederum das Vertrauen und die Compliance der Befragten voraussetzt. Begünstigen lässt sich dies u. a. durch Glaubwürdigkeit, Transparenz und Maßnahmen zum Datenschutz. Die Implementierung in digitale Monitoringsysteme kann die Prozesse der Datenerhebung, -aufbereitung, -analyse und Interpretation unterstützen. Die Reduzierung des komplexen psychophysischen Gefüges auf wenige Werte oder ein Ampelsystem ist allerdings äußerst kritisch zu bewerten.

■ Kölling S, Kellmann M

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