Yips: Prävention und Therapie sportartspezifischer Dystonien

Yips: Prävention und Therapie sportartspezifischer Dystonien
© Daxiao Productions / Adobe Stock

Es gibt Pathologien, die aus der Ferne betrachtet harmlos erscheinen, bei Profisportlern aber das Karriere-Aus bedeuten können. Ein solches Beschwerdenbild sind sportartspezifische Dystonien (sports-related dystonia/SRD), allen voran die sogenannten Yips: intermittierende, unkontrollierte Muskelkontraktionen bei bestimmten hochqualifizierten motorischen Aktivitäten. Oft ist dies bei repetitiver Bewegung der Fall. Am häufigsten sind Golfer betroffen, für die der Begriff „Yips“ ursprünglich geprägt wurde. Bei anderen Sportarten wie z. B. Laufen, Tennis, Basketball, Eisschnelllauf oder Gerätturnen können ähnlich gelagerte Dystonien auftreten, weshalb man auch hier mittlerweile von Yips spricht. Ein US-amerikanischer systematischer Review hat die aktuelle Literatur bezüglich Symptomatik, Pathophysiologie und Therapieoptionen von SRD ausgewertet, um die behandelnden Mediziner bei der Betreuung betroffener Patienten zu unterstützen (1).

Yips – nicht nur für Golfer ein Problem

Die Prävalenz von Yips unter Golfern beträgt bis zu über 50 Prozent, je nach Auswertungsmodalitäten. Als erschwerende Faktoren werden grundsätzlich höheres Alter, längere Dauer der Golfkarriere und bestehende muskuloskelettale Beschwerden (mit und ohne Verletzungshistorie) identifiziert. Eine Arbeit aus dem Jahr 2021 konnte zudem einen Zusammenhang mit männlichem Geschlecht, Tabakabusus und Yips in der familiären Vorgeschichte herstellen. Am zweithäufigsten wird von Yips-artigen Bewegungsstörungen bei Läufern berichtet. Diese sogenannte Läuferdystonie ist deutlich seltener, bremst aber ebenfalls die effizienten Bewegungsabläufe und kostet damit nicht nur wertvolle Minuten, sondern erhöht auch das Verletzungsrisiko.

Symptome von Yips und anderen SRD

Bei Golfern treten Yips unilateral v. a. bei kurzen Bergab-Putts als episodisch wiederkehrende Zuckungen, Spasmen, Zittern und „Einfrieren“ von Hand und Unterarm auf. Typisch ist ein kurzes Verdrehen des Handgelenks während des Treffmoments. Seltener sind beide Hände oder weitere Körperteile betroffen; so sind etwa Fälle von unwillkürlichen Kopfdrehungen beim Putten oder Schwingen (dystonischer Schiefhals) bekannt. Höhere Griffkräfte scheinen das Problem zu verstärken. In jedem Fall sind Treffsicherheit und Schlagkraft schwer beeinträchtigt.

Eine Läuferdystonie betrifft – ebenfalls zumeist einseitig – den Fuß, das Knie und die Hüfte, und zwar in ebendieser absteigenden Reihenfolge. Nur selten entwickeln sich während des Laufens weitere Dystonien wie z. B. eine unwillkürliche Drehung von Nacken und/oder Rumpf. Für andere Sportarten gelten entsprechende Bewegungshemmnisse.

Sportartspezifische Dystonien: diffenzialdiagnostische Spurensuche

SRD sind ein hochkomplexes Phänomen. Athleten erhalten deshalb oft eine Vielzahl von Fehldiagnosen, bevor korrekterweise SRD bzw. Yips als Ursache identifiziert werden. So können etwa muskuläre Dystrophien, ein Kompartment- oder Piriformissyndrom oder eine Claudicatio intermittens ähnliche Symptomatiken hervorrufen. Ein hoher Anteil psychologischer Faktoren wie Leistungsdruck oder individueller Stress ist sehr wahrscheinlich. Mehrere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es zwei Typen von Yips gibt: Typ 1, der durch fokale Dystonien entsteht, und Typ 2, bei dem das Einfrieren der Bewegung („choking“) auf Leistungsangst zurückzuführen ist. Multimodale Neuroimaging-Techniken geben Hinweise darauf, dass taskbasierte Dystonien wie Yips durch eine abnorme Rekrutierung der parietalen und prämotorischen Kortexe zustande kommen. Insgesamt besteht großer Bedarf an weiterer Forschung, die alle potenziellen psychometrischen Faktoren in vollem Umfang berücksichtigt. Eine detaillierte Anamnese in Zusammenarbeit mit dem Patienten und ggf. zuständigen Trainern unter Hinzuziehung elektromyografischer Untersuchungen sowie kinematischer und Videoanalysen ist in der Diagnostik unerlässlich.

Behandlung von Yips

Inzwischen ist allgemein anerkannt, dass eine der Hauptursachen von Yips in fokaler Dystonie besteht, weshalb deren Behandlung unbedingt sinnvoll ist. Leider existiert bisher keine spezifische evidenzbasierte Leitlinie zur Behandlung von Yips und anderen SRD; bis dahin sind die Erkenntnisse mehrerer Fallstudien und Behandlungsberichte interessant. Einige betroffene Athleten erfahren demnach Linderung durch Akupunktur oder pharmakologisch durch die orale Gabe von Muskelrelaxanzien oder anderen Dystonika wie Benzodiazepinen, Trihexyphenidyl-Hydrochlorid und Baclofen. Vielversprechend scheint auch die Injektion von Botulinumtoxin in sorgfältig ausgewählte einzelne Muskeln zu sein, was allerdings dezidierte Erfahrung in diesem Bereich voraussetzt. Nur für sehr schwere Fälle von zervikaler Dystonie könnte eine pallidale tiefe Hirnstimulation (DBS) in Betracht gezogen werden.

Zu den nichtpharmakologischen Interventionen gehören z. B.  Hypnose, mentale Entspannungstechniken und begleitete Trainingsinterventionsprogramme. Für Golfer hat sich eine Umstellung der Griff-, Schlag- und Schwungtechnik (unter Hinzuziehung von Videoanalysen), eine veränderte Kopfposition, eine Neujustierung des visuellen Fokus oder die Verwendung eines längeren Putters bewährt. Läufer empfinden temporäres Rückwärts- oder Seitwärtslaufen, Druckausübung auf die Hüfte und das Erheben der Hände über den Kopf als hilfreiche Sofortmaßnahme. Begleitende Verhaltens- und Physiotherapie ist zu empfehlen.

Weiterführende Informationen

Bernd Paul Gerland
Der Yips – eine erlernte Störung motorischer Leistungsvollzüge?
Phänomenanalyse und Interventionsmöglichkeiten am Beispiel des Putt-Yips im Golf.
Schriftenreihe des Bundesinstituts für Sportwissenschaft.
1. Aufl. 2016, 210 S., Softcover,
42,80 €, ISBN: 978-3-86884-531-0

■ Kura L

Quellen:

  1. Lenka A, Jankovic J. Sports-Related Dystonia. Tremor Other Hyperkinet Mov (N Y). 2021; 11: 54. doi:10.5334/tohm.670