Was hilft bei Rektusdiastase?
Diastasis recti abdominis (DRA) bezeichnet einen Zustand, der durch die Trennung der geraden Bauchmuskeln an der medianen Linea alba charakterisiert ist. Rektusdiastasen treten gehäuft bei Schwangerschaften auf, wenn die zwei Mm. recti abdominis (RA) durch den wachsenden Bauchumfang stark gedehnt werden. Der Spalt entsteht je nach Studie bei zwei Dritteln bis 100 Prozent der Schwangeren im letzten Trimester und sollte sich normalerweise innerhalb der ersten acht Wochen nach der Geburt wieder schließen. Untersuchungen zeigen aber, dass eine Rektusdiastase bei 36 Prozent der Frauen auch noch 12 Monate postpartum besteht. Da sich daraus für Patientinnen nicht nur ästhetische Probleme in Form abdominaler Protrusionen oder Invaginationen, sondern auch funktionelle Einschränkungen von Muskelschwäche über Rückenschmerzen bis hin zu Atmungskomplikationen ergeben können, ist eine gezielte Therapie ratsam. Dabei gilt Physiotherapie nach wie vor als Goldstandard, während eine chirurgische Intervention nur für besonders schwere Fälle vorgesehen ist.
Trotz des hohen Stellenwerts der konservativen Vorgehensweise ist die Studienlage zu den verschiedenen Rehabilitationsprogrammen bisher aufgrund einer uneinheitlichen Herangehensweise unübersichtlich. Ein umfangreicher Scoping-Review hat sich die Evidenz für verschiedene Maßnahmen und Übungen zur Behandlung der Rektusdiastase nun genauer angesehen, um in Zukunft eine standardisierte und hochwertige Herangehensweise zu fördern (1).
Bisher wird eine Vielzahl verschiedener physiotherapeutischer Übungsregime mit komplexen Übungszusammensetzungen zur Behandlung von Rektusdiastasen angewandt. Auch in den vom Scoping-Review untersuchten randomisierten kontrollierten Studien kam eine weite Bandbreite an Übungen zum Einsatz: von traditionelleren Kraftübungen wie Sit-ups und Crunches, die direkt die RA trainieren sollen, über statische Kontraktionsmanöver des Bauches, die eher den M. transversus abdominis (TrA) im Fokus haben, bis hin zu Beckenbodentraining oder funktionelleren Übungen wie Planks und Kniebeugen, die den gesamten Rumpf stärken. Auch alternative Trainingsarten wie Yoga, Schlingen- und elektromyographisches-Biofeedback wurden untersucht.
Tatsächlich konnten verschiedene Studien bei nahezu allen beobachteten Interventionsarten sowohl kurz- als auch langfristig einen signifikanten positiven Einfluss auf den Verschluss der Rektusdiastase im Vergleich zur jeweiligen Kontrollgruppe feststellen. Nur bei Übungen des TrA zeigte sich teils eine kurzfristige Verbreiterung des abdominellen Spaltes, die über eine akut verstärkte Spannung durch Aktivierung der querverlaufenden Bauchmuskeln erklärt wird. Doch auch hier überwogen nach 12 Wochen die positiven Effekte und das TrA-Training konnte langfristig die Remission fördern. Andere allgemeinere Parameter, die neben der reinen Breite der Inter-rectus-Distanz (IRD) zur Abschätzung des Krankheitsverlaufs herangezogen wurden, waren Faktoren wie chronische Schmerzen, funktionelle Alltagsbeeinträchtigung oder postpartale stressbedingte Harninkontinenz. Bei allen diesen für die allgemeine Lebensqualität hochrelevanten Faktoren konnten in erster Linie progressive und funktionelle Trainingsregime, Verbesserungen bewirken. Zusätzlich dazu sollten besonders in der unmittelbaren Postpartalperiode gezielt isolierte Kontraktionen der tiefen Bauchmuskeln und aktive Zwerchfell-Atmung geübt werden.
Insgesamt scheinten bei der Behandlung der DRA viele verschiedene Wege zum Therapieziel führen, ohne dass eine einzige optimale Herangehensweise herausgestellt werden kann. Was bisher fehlt, sind jedoch spezifische klinische Tests, die eine Abschätzung der jeweiligen Funktionsfähigkeit der Patientinnen ermöglichen, aus der sich konkretere, individualisierte Vorgehensweisen für den Einzelfall ableiten ließen. Zukünftige Studien könnten hier Abhilfe schaffen. Für Physiotherapeuten und Ärzte lässt sich festhalten, dass ein holistischer, aber individuell angepasster Ansatz unter Einbeziehung verschiedener Trainingsmethoden die beste Möglichkeit ist, eine RDA zu reduzieren.
■ TaylanY, Hutterer C
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Quellen:
Skoura A, Billis E, Papanikolaou DT, Xergia S, Tsarbou C, Tsekoura M, Kortianou E, Maroulis I. Diastasis Recti Abdominis Rehabilitation in the Postpartum Period: A Scoping Review of Current Clinical Practice. Int Urogynecol J. 2024; 35: 491-520. doi:10.1007/s00192-024-05727-1