Validierung eines Assistenzsystems zur Bewegungskontrolle
Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Originalarbeit) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.
Design der Studie
An der Untersuchung nahmen 18 gesunde Senioren (Alter 68,3±5,9 Jahre) teil, die die Übung Hüftabduktion am Seilzug in 3 Sätzen mit 10 Wiederholungen, 30 Sekunden Satzpause und einer Gewichtsbelastung von 10 kg absolvierten. Währenddessen erfasste ein RGB-Tiefensensor im entwickelten Assistenzsystem die Bewegung, gleichzeitig observierte ein erfahrener Trainingstherapeut diese. Mittels eines Bewertungsbogens wurden die definierten Fehlerbilder erfasst. Ziel war es, die Genauigkeit des Assistenzsystems für den Einsatz in der Trainingstherapie zu prüfen.
Methoden
Im Vorfeld der Messungen wurden dem Assistenzsystem die Fehlerbilder durch zuvor aufgezeichnete Beispielsequenzen mithilfe von Skelettdaten des RGB-Tiefensensors automatisch annotiert. Auf dieser Basis wurden Bewegungen durch eine support vector machine als Fehlerbild identifiziert, die außerhalb definierter Grenzen lagen.
Die Datenauswertung erfolgte mittels Korrektklassifikationsrate. Es wurde für jede Wiederholung jedes Probanden die Differenz zwischen Assistenzsystem und Therapeut gebildet, sodass Differenzencodes, die in Figure 2 im Originalartikel visualisiert sind, entstanden. Zur Ermittlung der diagnostischen Kenngrößen wurden anhand der ausgegebenen Codes die Fälle gleicher und ungleicher Bewertung je Fehlerbild mittels Vierfeldertafel berechnet.
Ergebnisse und Diskussion
Es ergab sich über alle Fehlerbilder eine Übereinstimmung >70% zwischen Therapeut und System. Die Sensitivität lag zwischen 12,9% (rotierte Hüfte) und 66,6% (gebeugtes Knie), die Spezifität um 80%. Die Werte aller diagnostischen Kenngrößen sind in Table 4 in der Originalarbeit einzusehen. Assistenzsysteme zur Verbesserung der Bewegungskontrolle müssen hinsichtlich der Gütekriterien hohen Ansprüchen genügen, um in der Praxis eine Unterstützung zu sein.
Die Sensitivität zeigt, dass nicht jedes vom Therapeuten erkannte Fehlerbild vom Algorithmus identifiziert wurde. Bei den Übenden können sich folglich falsche Bewegungsabläufe automatisieren, da der Fehler vom System nicht als korrekturnotwendig bewertet wurde. Die Spezifität gibt an, dass richtige Bewegungen meist als korrekt gewertet wurden. Dies ist für die Nutzerakzeptanz von Bedeutung.
Was ist neu und relevant
Der Neuheitsgrad des in dieser Arbeit vorgestellten Assistenzsystems besteht in der Erkennung und Vermittlung spezifischer Fehlerbilder während einer Therapieübung basierend auf maschinellem Lernen. Außerdem wurde der Sensor Kinect 1.0 bisher gegenüber anderen Motion-Capture-Systemen validiert, jedoch nicht mit einem Trainingstherapeuten.
Methodische Einschränkungen
Aussagen darüber, wie die Fehlererkennung bei anderen Übungen funktioniert, können derzeit nicht getroffen werden. In der vorliegenden Studie wurde die Bewertung eines Therapeuten herangezogen. Zur ganzheitlichen Validierung sollen in einer weiteren Untersuchung drei Therapeuten die Bewegung beurteilen.
Fazit für die Praxis
Das entwickelte Assistenzsystem kann als objektives Instrument zur Bewegungskontrolle in der Therapie dienen. Langfristig soll den Patienten mittels eines solchen Systems eine visuelle Bewegungsrückmeldung gegeben und der Therapieverlauf dokumentiert werden.
■ Lösch C, Nitzsche N, Nitzsche N, Richter J, Lehmann L, Wiede C, Weigert M, Schulz H.