Todesfälle unter Bodybuildern: Ursachen und Risikofaktoren

Todesfälle unter Bodybuildern: Ursachen und Risikofaktoren
© antondotsenko / Adobe Stock

Viel weist darauf hin, dass Leistungssportler eine höhere Lebenserwartung haben als inaktive Personen. Im Bereich Schwerathletik scheint dieser Vorteil jedoch nicht zu greifen: Immer wieder sterben Profi- und Freizeit-Bodybuilder in einem atypisch jungen Alter. Schnell wird dafür der Missbrauch leistungssteigernder Substanzen verantwortlich gemacht, der in dieser Athletengruppe sehr verbreitet ist. Und tatsächlich haben anabole Steroide (AAS) ein großes kardiovaskuläres Nebenwirkungspotenzial – bis hin zum plötzlichen Herztod. Aber ist diese auffällige Morbidität und Mortalität tatsächlich nur auf AAS zurückzuführen oder gibt es noch weitere Faktoren, die Bodybuildern zum Verhängnis werden können? Dazu ist die Forschung erstaunlicherweise sehr lückenhaft und inkonsistent; sie basiert hauptsächlich auf Fallstudien und lässt kaum epidemiologische Rückschlüsse zu. US-amerikanische Wissenschaftler haben deshalb versucht, die wichtige Frage nach „bodybuildingtypischen“ Todesursachen in einem systematischen Review zu klären (1).

Anabolika – alles andere als harmlos

Zu den bekannten Auswirkungen langjährigen Anabolika-Missbrauchs zählen koronare oder thromboembolische Ereignisse, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das Resultat kumulierter AAS-induzierter kardiovaskulärer Veränderungen sind, z. B.

■ Herzhypertrophie mit oder ohne Herzdysfunktion

■ Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM)

■ Größere linksventrikuläre Wanddicke

■ Verringerte rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion

■ Hohe Hämatokrit- und Homocystein-Werte

■ Geringeres HDL- und erhöhtes LDL-Cholesterin

Bodybuilder zeigen diese potenziell letalen Pathologien häufig, aber es wird vermutlich nie abschließend geklärt werden können, welchen exakten Anteil der AAS-Abusus daran hatte. Dazu kommen methodische Schwächen in den Studiendesigns: Bei vielen Arbeiten fehlte eine Kontrollgruppe (entweder von trainierenden AAS-Nichtanwendern oder von AAS-anwendenden Nichttrainierenden).  In anderen Arbeiten trainierten die Probanden nicht auf einem vergleichbaren Level, wiesen relevante Komorbiditäten auf oder konsumierten zusätzlich weitere Substanzen. Limitierend waren teilweise auch die Messmethoden selbst, etwa bezüglich Herz- und Körpermassebestimmung. Trotzdem ist der Impact von AAS auf die kardiovaskuläre Gesundheit laut Smoliga et al. ausreichend groß, um die Substanzgruppe unter besondere Beobachtung zu stellen.

Weitere Risikofaktoren für Bodybuilder

Neben Anabolika bringen auch verschiedene im Bodybuilding häufige Verhaltensweisen Herz und Gefäße in Gefahr, z. B.

Überanstrengung: Widerstandstraining führt temporär zu außergewöhnlich hohem systolischem und diastolischem Blutdruck (besonders riskant bei kardiovaskulärer Vorbelastung).

Extreme Ernährungspraktiken: Hohe Proteinzufuhr belastet ggf. die Niere; wiederholte Diurese, Kalorienreduktion und Binge-Eating zur Gewichtskontrolle sowie absichtliche Dehydrierung zwecks optischer Muskeldefinierung stören den Wasser-, Fett- und Mikronährstoffhaushalt.

Nahrungsergänzungsmittel (NEM): Überdosierte, falsch kombinierte oder kontaminierte NEM können z. B. hepatotoxisch wirken.

Kontaminierte Injektionen: Verunreinigte Muskelvolumen- oder Arzneimittel-Injektionen können potenziell letale Infektionen zur Folge haben.

An Bodybuilding ist alles extrem: das Körperbild, das Training, die Ernährung und der Konsum von ergogenen sowie anabolen Substanzen. Im Zusammenspiel wird daraus schnell ein gefährlicher Risiko-Cocktail, wenn ärztlicher Rat fehlt oder ignoriert wird. Umso essenzieller ist es, dass Sportmediziner, Trainer und Betreuer gut informiert sind und motivierend auf die Athleten einwirken. Zusätzlich sollten Dopingtests mindestens im Wettkampf-Bodybuilding strenger durchgesetzt werden, um u.a. das Thema Polypharmazie aus der Selbstverständlichkeit herauszuholen. Denn die Richtlinien des Dachverbands für Wettkampf-Bodybuilding IFBB sind zwar auf den WADA-Kodex abgestimmt, doch wurde in den letzten Jahrzehnten nur ein verschwindend geringer Anteil der Wettkämpfenden tatsächlich getestet.

Die Review-Autoren konnten tatsächlich Anabolika als Hauptverursacher von Todesfällen bei Bodybuildern identifizieren. Da aber genau diese Fixierung die Erkennung anderer, ebenso wichtiger Risikofaktoren verwässern kann, fordern sie weitere hochwertige Forschung an großen, klar definierten Kohorten und formulieren in ihrer Schlussbetrachtung entsprechende Randbedingungen.

■ Kura L 

Quellen:

  1. Smoliga JM, Wilber ZT, Robinson BT. Premature Death in Bodybuilders: What Do We Know? Sports Med. 2023: 1–16. doi:10.1007/s40279-022-01801-0 [Epub ahead of print]