Massagepistolen: Günstige Effekte und Verletzungsrisiken

Massagepistolen: Günstige Effekte und Verletzungsrisiken
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Über den möglichen Nutzen von Vibration bei der Behandlung von muskulären Beschwerden wird seit der Antike spekuliert. So ist es wenig überraschend, dass in den letzten Jahren die Beliebtheit von Massagepistolen steigt, mit denen Patienten und Freizeitnutzer kostengünstig in den Genuss einer Kombinationstherapie aus Vibration und Massage kommen können. Die einfach zu benutzenden elektrischen Geräte sind meist mit verschiedenen Aufsätzen ausgestattet, die auf Faszien, Muskeln und/oder Sehnen gerichtet werden und so die Durchblutung verstärken, Verspannungen lösen und die Beweglichkeit fördern sollen. Doch vor allem die häusliche Nutzung birgt auch Gefahren, wie einige Fallberichte der letzten Jahre zeigen.

Massagepistolen können muskulo­skelettale Schmerzen lindern

Auch wenn Massagepistolen sich bereits im privaten wie im klinischen Kontext etablieren konnten, ist die Evidenz für ihren Nutzen bisher gering und beschränkt sich häufig noch auf anekdotische Erfahrungen. Vor allem unterschiedliche Verwendungszwecke und variierende Benutzungsmodalitäten wie Massagedruck, Anwendungsdauer und -häufigkeit sowie Vibrationsrate erschweren die systematische Analyse der Effekte.

Ein neuer Review hat den gegenwärtigen Forschungsstand analysiert. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Vibrationstherapie in erster Linie über die Verbesserung kurzfristiger Erholungsprozesse hilfreich sein könnte und auch die Flexibilität und Beweglichkeit verbessert (3). Die positiven Effekte sind dabei gleichermaßen auf neuronale, vaskuläre und mechanische Prozesse zurückzuführen, wobei eine genauere Untersuchung der konkreten physiologischen Veränderungen noch aussteht. Spekuliert wird über verbesserten Blut- und Lymphfluss durch kurzfristige Ausschüttung von Prosta­glandinen und andere Botenstoffe, über die Synchronisation von Muskelspindeln und Aktivierung von motorischen Einheiten bis hin zur Veränderung der Viskoelastizität des behandelten myofaszialen Gewebes.

Aus den Daten lassen sich erste Hinweise für eine zielgerichtete Verwendung formulieren: So scheint es, dass eine längere Anwendung (länger als zwei Minuten) bei niedrigeren Frequenzen (weniger als 40 Hertz) zu Erholungszwecken ratsam sein könnte, während kürzere Dauern (weniger als zwei Minuten) und höhere Frequenzen (über 40 Hertz) Beweglichkeit und Flexibilität fördern sollen. Die Nutzung soll dabei rein am muskuloskelettalen System erfolgen. Eine nähere qualitative Untersuchung von Nutzererfahrungen eines bestimmten Modells kommt indes zu dem Schluss, dass Anwender vor allem bei der Selbsttherapie akuter und chronischer Schmerzen von positiven Ergebnissen berichten (1). Man kann also davon ausgehen, dass die kostengünstigen und leicht bedienbaren Massagepistolen Patienten eine niederschwellige Therapie leichterer Symptome wie Myalgien und Versteifungen ermöglichen.

Vorsicht bei Verwendung an Kopf und Nacken!

Doch die Anwendung ist nicht immer harmlos. Vor allem die unsachgemäße Heimanwendung birgt Gefahren. Während das Ansetzen der Massagepistole an großen Muskelgruppen häufig problemlos ist, kann besonders die Verwendung am Kopf und im Bereich der Halswirbelsäule teils schwerwiegende Verletzungen nach sich ziehen. Fallberichte zeigten etwa eine Augenlinsenverschiebung nach Nutzung einer Massagepistole an der Schläfe oder einen traumatischen Katarakt und die Entstehung eines starken Drehschwindels nach Anwendung im Nacken (2, 4, 5).

Das zeigt nicht nur, dass ein ungeschulter Umgang mit den Geräten gefährlich sein kann, sondern auch, dass bei einigen Nutzern bisher kein ausreichendes Wissen bezüglich der Durchführung sowie möglichen Risiken der Massagepistolen-Therapie gegeben ist. Untersuchungen zu den genaueren physiologischen Prozessen und eine damit einhergehende Formulierung evidenzbasierter Empfehlungen zur sicheren Nutzung der mittlerweile überall erhältlichen Geräte wären hilfreich. Doch auch die Aufklärung durch Ärzte, Physiotherapeutinnen und Trainer wäre ein erster wichtiger Schritt, um Schädigungen zukünftig vorzubeugen.

■ Taylan Y, Hutterer C

Quellen:

  1. Butala S, Galido PV, Woo BKP. Consumer Perceptions of Home-Based Percussive Massage Therapy for Musculoskeletal Concerns: Inductive Thematic Qualitative Analysis. JMIR Rehabil Assist Technol. 2024; 5. doi:10.2196/52328

  2. Elisha D, Nazarian R. Benign Paroxysmal Positional Vertigo After Use of Handheld Massage Gun. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2024; 1: 523-524. doi:10.1001/jamaoto.2024.0543

  3. Ferreira RM, Silva R, Vigário P, Martins PN, Casanova F, Fernandes RJ, Sampaio AR. The Effects of Massage Guns on Performance and Recovery: A Systematic Review. J Funct Morphol Kinesiol. 2023; 18: 138. doi:10.3390/jfmk8030138

  4. Garza Reyes A, Ahmad NU, Field MG, Skiles S, Oetting TA. Traumatic cataract induced by improper use of a percussion massage gun. Am J Ophthalmol Case Rep. 2024; 13: 101995. doi:10.1016/j.ajoc.2024.101995

  5. Mu J, Fan W. Lens subluxation after use of a percussion massage gun: A case report. Medicine (Baltimore). 2022; 9. doi:10.1097/MD.0000000000031825