Ganzkörper-Elektromyostimulation – eine Richtlinie zur sicheren und effektiven Anwendung

Ganzkörper-Elektromyostimulation –  eine Richtlinie zur sicheren und effektiven Anwendung
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Einleitung

Ganzkörper-Elektromyostimulation (WB-EMS) erfreut sich durch Zeiteffizienz, Individualisierbarkeit und Effektivität im Gesundheits-, Breiten- und Leistungssport zunehmender Beliebtheit.

Problemstellung

Nach Erstanwendung von WB-EMS werden in Einzelfällen (extrem) hohe Kreatinkinase (CK)-Werte berichtet, die in einem gesundheitlich bedenklichen Bereich liegen. Bedingt durch die flächige, simultane Applikation bei dezidierter Ansteuerung jeder einzelnen der 12-14 Muskelgruppen/Stimulationsfläche mit möglicher supramaximaler Reizhöhe liegen für die Trainingstechnologie WB-EMS tatsächlich die meisten, wenn nicht alle, Voraussetzungen vor, die von der trainingswissenschaftlich/sportmedizinischen Literatur für eine „exertional Rhabdomyolysis“, also eine ausgeprägte körpertrainings-induzierte Muskelschädigung, verantwortlich gemacht werden.

Ergebnisse

Eine vorliegende Untersuchung mit 26 gesunden Sportlern ohne WB-EMS Vorerfahrung zeigte nach ausbelasteter, also hochintensiver, WB-EMS-Erstapplikation eine durchschnittlich 117-fache Erhöhung der CK-Konzentration, also Werte die im Bereich einer schweren („severe“) Rhabdomyolyse liegen (≥50-fache Erhöhung des Ruhe-CK). Eine daran anschließende Evaluierung des Effekts regelmäßigen WB-EMS Trainings (1×20/Wo.) bei diesem Kollektiv zeigte nach 10-wöchigem Konditionierungszeitraum und anschließender, wiederum ausbelasteter WB-EMS-Applikation einen ausgeprägten „repeated bout effect“ mit CK-Spitzenwerten im unteren Bereich konventionellen Krafttrainings (<1000 IE/l), also in einem gesundheitlich unbedenklichen Bereich.

Diskussion

Obwohl für keinen dieser gut vorbereiteten, gesunden und konsequent ärztlich begleiteten Studienteilnehmer, die in der Literatur berichten, negative renale und kardiale Indizien einer Rhabdomyolyse vorlagen, können die gesundheitlichen Konsequenzen bei vorgeschädigten, leistungsschwachen und/oder schlecht vorbereiteten Personen, insbesondere in der frühen Phase des WB-EMS-Trainings, deutlich ungünstiger ausfallen.

Konsequenz

Aus den vorliegenden Daten leiten wir ab, dass (a) unangemessene, hochintensive oder gar ausbelastende WB-EMS-Erstapplikationen im Einzelfall (s. o.) negative gesundheitliche Konsequenzen haben können und daher (b) insbesondere in der Anfangsphase des WB-EMS-Trainingsprozesses in jedem Fall vermieden werden sollten. (c) Ein rascher Gewöhnungseffekt auch hinsichtlich hochintensiver bzw. ausbelasteter WB-EMS-Applikation auftritt, wobei (d) ausbelastende WB-EMS-Applikationen zur Realisierung klinisch-relevanter Effekte vergleichbar einem konventionellen Krafttraining nicht zwingend nötig sind und nur sehr speziellen Trainingszielen vorbehalten bleiben.

Fazit für die Praxis

WB-EMS ist eine hocheffektive Trainingstechnologie, bei der ein versierter und verantwortungsvoller Umgang unbedingt angezeigt ist, um einerseits eine angemessene hohe Reizhöhe zur Generierung positiver Effekte zu realisieren und andererseits mögliche negative Begleiterscheinungen zu vermeiden.

■ Kemmler W, Froehlich M, von Stengel S, Kleinöder H

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