DZSM-MITTEILUNG

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Fortsetzung Zur Verrechtlichung des Dopingbegriffs

Denn für die hier genannten Handlungen „zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport“ fällt der in §1 neben der Gesundheit genannte Schutzzweck „um die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben zu sichern und damit zur Erhaltung der Integrität des Sports beizutragen“ ins Leere, soll doch im Rahmen dieses §2 dieser „Sport“ (wie in der AMG-Tradition seit 1998) den Freizeit- und Fitnesssport und das Bodybuilding meinen. Von daher ist es nicht verständlich, warum für diesen Bereich – der im Regelfall nicht dem WADC unterfällt – die Verbotsliste des WADC (in der vom Bundesministerium für Inneres jeweils in jedem Jahr neu im Bundesgesetzblatt Teil II als Anhang zum UNESCO-Übereinkommen bekannt gemachten Fassung) gelten soll, die nicht notwendig – wie gezeigt – nach der möglichen Gesundheitsgefährdung aufgestellt wird. Offenbar hat der Gesetzgeber das Problem erahnt, weil er in §2 Abs.3 das Erwerben und Besitzen nur auf Dopingmittel bezieht, die ausdrücklich vom staatlichen Gesetzgeber in der Anlage zum AntiDopG selbst genannt sind. Jedenfalls soll dieses Verbot des §2 für jede Person gelten, auch wenn sie sich nicht dem WADC unterworfen hat, ja wenn sie sich nicht einmal sportlich betätigt.

Nicht ganz so weit formuliert §3 AntiDopG („Selbstdoping“) das rechtlich neue Verbot, sich selbst für einen Wettkampf des organisierten Sports zu dopen oder unter Anwendung eines Dopingmittels an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen; auch das Erwerben und Besitzen eines Dopingmittels ist verboten, wenn dies in Bezug auf eine Teilnahme an einem solchen Wettbewerb geschieht. Auch hier ist nicht Voraussetzung, dass der/die Betreffende sich dem WADC unterworfen hat. Deutlich wird, dass damit der Staat nicht den sportlichen Wettkampf als solchen schützen will – dafür bleiben die rechtlich organisierten Sportverbände zuständig, die daher auch unabhängig vom staatlichen Strafrecht ihr Dopingverfahren durchführen sollen –, sondern (in den Worten des §1 die „Integrität des Sports“ als eines schützenwerten Kulturguts. Von daher ist jede Person verpflichtet, dieses Kulturgut nicht zu schädigen, auch wenn sie in keiner Weise sportlich interessiert ist.

Fraglich ist, ob diese Begründung stichhaltig ist. Jedenfalls hat der Gesetzgeber in §4 Abs.7 AntiDopG eine Strafbarkeit gegen ein Zuwiderhandeln gegen §3 nur auf Personen vorgesehen, die SpitzensportlerInnen oder „ErwerbssportlerInnen“ (die aus der sportlichen Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang beziehen [was immer dies inhaltlich bedeuten soll]) sind. Fast scheint es, als ob deshalb zumindest auch Schutzzweck des AntiDopG die Einkommensverhältnisse im gut verdienenden Sportbereich sein könnten. Niemand kann dies bei der schlechten Qualität dieses Gesetzes wissen; es verzichtet sogar (als notwendige Konsequenz des Zusammenwerfens unterschiedlicher Sportbereiche) auf eine Definition sowohl von „Doping“ als auch von „Sport“.

So bleibt als Ergebnis dieses Prozesses der Verrechtlichung ein Unbehagen zurück. Doch wie anders sollte ein rechtlich zureichendes Kontrollverfahren statuiert werden? Für die Sportmedizin bleibt die Aufgabe, für die Erstellung der Verbotsliste zuverlässige Untersuchungen durchzuführen, jedenfalls in gleicher Weise wie seit jeher bestehen.

■ Schild W

Quellen:

  1. Asmuth, Christoph (Hg.) Was ist Doping? Fakten und Probleme der aktuellen Diskussion. Bielefeld, 2010.

  2. Chrobok D. Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz. München, 2017.

  3. Kotzenberg J. Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte. Baden-Baden, 2007.

  4. Stellungnahme der Hochschullehrer der deutschen Sportmedizin und des Wissenschaftsrates der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP). Doping im Leistungssport in Westdeutschland. Dtsch Z Sportmed. 2011; 62: 343-344.

  5. Schild W. Gerichtliche Strafbarkeit des Dopings, in: Rico Kauerhof/u.a. (Hg.), Doping und Gewaltprävention. Leipzig, 2008: 35-128.

  6. Schild W. Doping, Sportethos und rechtliche Sanktionierung, in: Peter-Alexis Albrecht/ u.a. (Hg.), Festschrift für Walter Kargl zum 70. Geburtstag. Berlin, 2005: 507-522.

  7. Steinacker JM, Schild W, Striegel H. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaftfür Sportmedizin und Prävention e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport. Dtsch Z Sportmed. 2015; 66: 156-160. doi:10.5960/dzsm.2015.181

  8. Stellungnahme der Hochschullehrer der deutschen Sportmedizin und des Wissenschaftsrates der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP). Doping im Leistungssport in Westdeutschland. Dtsch Z Sportmed. 2011; 62: 343-344.

  9. Tauschwitz M. Die Dopingverfolgung in Deutschland und Spanien. Eine strafrechtliche und kriminologische Untersuchung. Berlin, 2015.

  10. Wilkmann J. Die Überführung des Sportlers im Dopingverfahren. Direkter und indirekter Nachweis im Lichte der Unschuldsvermutung. Berlin, 2014.