Der Einfluss der Berechnungsmethode auf Kniewinkel-Verläufe und winkelspezifische Kraft in mehrgelenkigen isokinetischen Beinstreckungen

Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Originalarbeit) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.

Der Einfluss der Berechnungsmethode auf Kniewinkel-Verläufe und winkelspezifische Kraft in mehrgelenkigen isokinetischen Beinstreckungen
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Design der Studie

Die Segmentlängen der unteren Extremität beeinflussen die Gelenkkinematik bei mehrgelenkigen Bewegungen deutlich. Daher erscheint eine anthropometrische Standardisierung erforderlich, um muskuläre Kraft-Längen-Geschwindigkeits-Relationen in vivo zu untersuchen. Mathematische Ansätze zur Berechnung der notwendigen linearen Geschwindigkeiten für die gewünschte Winkelkinematik aus individuellen anthropometrischen Daten existieren und sind in Verwendung. Allerdings lassen diese Modelle mögliche Verschiebungen durch Kompression von Sitzpolsterung und Körpergewebe unberücksichtigt. Ziel der Untersuchung war es, einen Vergleich zwischen mathematisch berechneten und per Videotracking erhobenen Gelenkwinkeln während mehrgelenkigen Beinstreckungen anzustellen.

Methoden

38 Sportstudenten (31 männlich, 7 weiblich, 24 ± 4.32 Jahre, 175.93 ± 7.92 cm, 74.93 ± 10.86 kg) nahmen an der Untersuchung teil. Kniewinkel und winkelspezifische Kräfte abgeleitet aus einem anthropometrischen Modell wurden den entsprechenden Kniewinkeln und Kräften erhoben mittels optischem Markertracking während mehrgelenkiger isokinetischer Beinstreckungen bei zwei verschiedenen linearen Geschwindigkeiten (0.1 m/s und 0.7 m/s) gegenübergestellt. Zudem wurden die Kraftmaxima sowie die Kniewinkel und Kniewinkelgeschwindigkeiten am jeweiligen Kraftmaximum der vier Messkonditionen verglichen.

Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse zeigen signifikante Unterschiede (p < 0.05) für Kniewinkel und winkelspezifische Kraft während mehrgelenkigen isokinetischen Beinstreckungen mit 0.1 m/s. Für 0.7 m/s konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Die Daten zum geschwindigkeitsspezifischen Kraftmaximum zeigen signifikant größere Kraftmaxima und signifikant niedrigere Winkelgeschwindigkeiten bei 0.1 m/s im Vergleich zu 0.7 m/s. Der Kniewinkel des Kraftmaximums zeigte keinen Unterschied zwischen den Geschwindigkeiten für das anthropometrische Modell sowie zwischen den Modellen für 0.7 m/s. Im Vergleich zum anthropometrischen Modell war der Kniewinkel am Kraftmaximum bei 0.1 m/s signifikant größer, wenn er über Videotracking erhoben wurde.

Was ist neu und relevant?

Eine anthropometrische Standardisierung bleibt eine Notwendigkeit für mehrgelenkige Beinstreckungen zur Untersuchung von Kraft-Längen-Geschwindigkeits-Relationen. Dennoch können unterschiedliche lineare Geschwindigkeiten zu verschiedenen Abweichungen des Kniewinkels führen. Es sollte zukünftig untersucht werden, wie dieser Effekt die Ergebnisse biomechanischer Studien beeinflusst und inwiefern das Alter und das Nutzungsverhalten von isokinetischen Dynamometern über die veränderten mechanischen Eigenschaften der Polsterung den Kniewinkelverlauf beeinflussen.

Methodische Einschränkung und Störfaktoren

In der vorliegenden Untersuchung wurde lediglich der Kniewinkel zu diskreten Zeitpunkten untersucht. Wie der Hüftwinkel beeinflusst wird kann hier nicht beantwortet werden. Zusätzlich könnte zukünftig eine kontinuierliche Analyse der Daten über den gesamten Bewegungsbereich wichtige Ansatzpunkte liefern.

Fazit für die Praxis

1. Die Berechnungsmethode des Kniewinkels beeinflusst das Ergebnis bei mehrgelenkigen, isokinetischen Beinstreckungen bei langsamen linearen Geschwindigkeiten.
2. Bei höheren Geschwindigkeiten ist kein Unterschied festzustellen.

■ Möck S, Günther C, Wirth K