Antibiose nach OP: kürzer reicht oft aus
Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit rasant zu. Ein Grund für diese mittlerweile dramatische Lage ist eine über Jahrzehnte hinweg oft unkritische Verordnungspraxis selbst bei lapidaren Erkrankungen. Nach der Veröffentlichung des globalen Arbeitsplans zur Prävention antimikrobieller Resistenzen (AMR) durch die Weltgesundheitsorganisation WHO im Jahr 2015 haben sich spezialisierte antimikrobielle Stewardship-Programme (ASP) der Findung eines gesunden und sicheren Mittelwegs verschrieben. Traditionell werden Antibiotika etwa seit ihrer Entdeckung zur Infektionsprävention oder -behandlung nach chirurgischen Eingriffen eingesetzt – hier liegt der Prozentsatz unangemessener Anwendungen bei bis zu 30 Prozent! Eine spanische Interventionsstudie hat nun untersucht, ob die Verkürzung, Anpassung oder sogar Aussetzung der Antibiose im chirurgischen Umfeld medizinisch vertretbar und realisierbar ist (1).
In die multizentrische prospektive interventionelle Kohortenstudie flossen die Daten von 32 499 Patienten ein, von denen 13,7 Prozent auf chirurgischen Stationen über einen Zeitraum von mehr als 7 Tagen gegen bestehende intraabdominelle Infektionen Antibiotika (Piperacillin/Tazobactam, Metronidazol, Meropenem, Amoxicillin-Clavulansäure, Ceftriaxon und Ciprofloxacin) erhielten. Bei 3912 Personen wurde die Antibiose durch ein interdisziplinäres ASP-Team u. a. über biologische Marker hinsichtlich ihrer Sinnhaftigkeit und Sicherheit überprüft. Ziel des Programms war die Vermeidung generell unnötiger oder aber zu langer antibiotischer Behandlungen, wichtigster Endpunkt der Vergleich der interventionell betreuten mit den übrigen ≥ 7 Tage lang antibiotisch behandelten Patienten.
In der Folge wurde eine entsprechende Empfehlung für das komplette Absetzen, die Beibehaltung, die Deeskalation, die Ausweitung des Spektrums, die Änderung der Verabreichungsart oder die Optimierung der Dosis der Behandlung ausgesprochen:
Empfehlung des ASP-Teams | Intervention | Einhaltung der Empfehlung n (%) |
Antibiose unverändert weiterführen | 40 % | 98 % |
Antibiose absetzen | 35 % | 85,3 % |
Antibiose absetzen (bei sehr guter septischer Herdkontrolle) | 51,2 % | 85,7 % |
Antibiose deeskalieren (verkürzen) | 15,5 % | 89,8 % |
Spektrum erweitern | 4,9 % | 93,2 % |
Behandlung verändern (Dosis, Verabreichungsart) | 4,7 % | 86,8 % |
In durchschnittlich 91,5 Prozent der Fälle hielt sich das ärztliche Personal an die ASP-Empfehlung, wobei eine Weiterführung leichter akzeptiert wurde als die Empfehlung zum Abbruch, zur Verkürzung oder zur anderweitigen Anpassung der Therapie. Gesundheitliche Nachteile für die Patienten ergaben sich dabei nicht.
Insgesamt resultierte das Programm in einem signifikanten Rückgang neuer prolongierter Antibiosen (Pc = -0,69; p<0,001), was als unbedingter Erfolg gewertet werden muss. Je offener während des ASP-Prozesses beraten und kommuniziert wurde, desto höher war die Compliance der behandelnden medizinischen Fachkräfte. Die Studienautoren schlagen deshalb vor, ASP-Audits so selbstverständlich wie möglich in die Prozesse auf chirurgischen Abteilungen zu integrieren.
■ Kura L
Quellen:
Batlle M, Badia JM, Hernández S, Grau S, Padulles A et al. Reducing the duration of antibiotic therapy in surgical patients through a specific nationwide antimicrobial stewardship program. A prospective, interventional cohort study. Int J Antimicrob Agents. 2023; 62: 106943. doi:10.1016/j.ijantimicag.2023.106943