Wird exzentrische Muskelarbeit adäquat perzeptiert? Eine Analyse anhand der BORG-Skala

Wird exzentrische Muskelarbeit adäquat perzeptiert? Eine Analyse anhand der BORG-Skala
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Einleitung und Fragestellung

Das exzentrische Krafttraining kommt seit kurzem in der Rehabilitation von Senioren zum Einsatz, da es im Vergleich zum konzentrischem Krafttraining zu einer niedrigerern kardiovaskulären Belastung führt. Zur Abschätzung der Belastungsintensität wird dabei oft die BORG-Skala (6-20) verwendet. Um die Herzfrequenz abzuschätzen, kann der Skalenwert mit zehn multipliziert werden. Da die Skala ursprünglich nicht für exzentrische Bewegungsformen entwickelt wurde, ergaben sich folgende Fragestellungen: Wie verhält sich das Belastungsempfinden bei Bewegungsformen mit exzentrischer Muskelarbeit? Lässt sich die Herzfrequenz weiterhin mit der genannten Formel anhand des rapportierten Skalenwerts abschätzen?

Design der Studie und Methoden

Auf einem Softroboter mit der Funktionsweise einer dynamischen Beinpresse wurden Messungen an sieben gesunden weiblichen (27.7±6.7 Jahre) und fünf männlichen Probanden (30±9.6 Jahre) durchgeführt. Das Belastungsprotokoll enthielt vier fünfminütige Durchgänge mit jeweils 15, 25, 35 und 45 Kilogramm mit hauptsächlich exzentrischer Last. Während der Belastung wurde die Belastungsintensität anhand der BORG-Skala (6-20) erfragt, sowie die Herzfrequenz mit einer Pulsuhr gemessen.

Ergebnisse und Diskussion

Die postulierte Formel, wonach der BORG Skalenwerte multipliziert mit zehn die Herzfrequenz ergibt, scheint für exzentrischer Muskelarbeit ihre Gültigkeit zu verlieren. Dies ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass exzentrische Muskelaktivität eine Titin basierte und nicht O2 abhängige direkt ATP gekoppelte Kontraktionsform darstellt. Dadurch resultiert bei gleicher Leistung bei exzentrischer Muskelarbeit nur rund ein Viertel des Sauerstoffbedarfs, was sich entsprechend auf die Belastungsperzeption auswirken könnte.

Methodische Einschränkungen und Störfaktoren

Die Studie wurde lediglich mit zwölf jungen gesunden Probanden durchgeführt wobei vier Teilnehmerinnen die höchste Intensitätsstufe nicht gänzlich durchlaufen konnten. Entsprechend sind nur erste Hinweise möglich und keine verallgemeinernden Schlussfolgerungen. Weiter lag die analysierte Leistung in einem sehr tiefen Bereich und entsprechend war der analysierte Herzfrequenzbereich mit 79.7±16.5 to 115±18.2 ebenfalls tief. Die Aussagen beziehen sich somit lediglich auf morderate Leistungen mit fehlender prospektiver Aussagekraft für höhere Herzfrequenzbereiche. Des Weiteren lassen sich die Hinweise möglicherweise nicht auf eine potentielle Zielgruppe des exzentrischen Krafttrainings, den kardiopulmonal beeinträchtigten älteren Personen, anwenden

Fazit für die Praxis

Die exzentrische Muskelarbeit eignet sich für kardial beeinträchtigte Personen, da es trotz hohen Trainingsintensitäten bzw. BORG-Skalenwerten nur zu geringen kardialen Belastungen kommt und sich daher gute Trainingseffekte erzielen lassen. Die Erfassung der Herzfrequenz sollte jedoch durch eine Pulsuhr und nicht durch die BORG-Skala erfolgen.

■ Gasser B, Püntener O, Hoppeler H, Flück M

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