Sport bei Kälte: Worauf man achten muss

Sport bei Kälte: Worauf man achten muss
© leszekglasner / Adobe Stock

Der Winter kommt, aber das Training draussen geht weiter – und viele Sportarten finden überhaupt nur im Winter statt. Das bedeutet körperliche Anstrengung bei eisigen Temperaturen, Wind, Regen und Schnee. Was sind die Risiken? Und was kann man tun, um trotz Kälte sicher und effizient zu trainieren? Ein österreichisch-italienischer Review hat sich jetzt mit der aktuellen Datenlage befasst und praktische Empfehlungen rund um Sport bei Kälte erarbeitet (1).

Einfluss von Kälte auf die Performance

Kälteexposition beeinflusst die sportliche Leistung, indem sie den Sauerstofftransport zum Muskel, die Energiegewinnung, die Funktion des neuromuskulären Systems sowie manche kognitiv-psychologischen Fähigkeiten tangiert. So sinkt z. B. die maximale kontraktile Kraft der Skelettmuskulatur mit fallender Temperatur und die Kraft-Geschwindigkeitskurve verschiebt sich; zusätzlich erhöht akuter Kältestress den Sauerstoffverbrauch. Beides kann Schnelligkeit und Ausdauer beeinträchtigen. Kommen weitere externe Stressfaktoren wie Wind oder Nässe dazu, wird viel Energie für die Aufrechterhaltung der Muskel- und Körperkerntemperatur benötigt – auf Kosten der Performance. Außerdem können sich unter Kälteeinwirkung Sehschärfe, Wachsamkeit und Reflexe verschlechtern, was auf Kosten von Genauigkeit und Sicherheit geht. Am optimalsten für die Gesamt-Ausdauerleistung ist – je nach Sportart – eine Lufttemperatur 10 bis 13 °C , in jedem Fall aber unter 20 °C.

Gesundheitliche Risiken

Kurzfristige Risiken betreffen das muskuloskelettale sowie das Atmungs-, Herz-Kreislauf- und Hautsystem. So kann etwa wiederholtes tiefes Einatmen kalter, trockener Luft innerhalb weniger Minuten die Schleimhäute dehydrieren und zu einer reversiblen Verengung der Atemwege mit Husten, Keuchen und verstärkter Schleimbildung führen. Kardiopulmonale Beschwerden entstehen durch Veränderungen in der kardiovaskulären Dynamik. Selten kommt es etwa bei einem Absinken der Körperkerntemperatur unter 35 °C zu Herzrhythmusstörungen oder Kammer- und Vorhofflimmern. In Sportarten mit großem Kraft- oder Ausdauerbedarf (z. B. alpiner Skilauf oder Biathlon) kann durch kältebedingte Funktionseinbußen der Muskulatur das Verletzungsrisiko steigen. Und natürlich besteht bei sehr kalten Außentemperaturen jederzeit die Gefahr von Erfrierungen an unbedeckten Hautpartien.

Langfristige Folgen kann regelmäßiges Ausdauertraining in der Kälte vor allem für die respiratorische Gesundheit haben. So lag 1998 die Prävalenz von belastungsinduzierter Bronchokonstriktion (exercise-indiuced bronchoconstriction, EIB) unter US-amerikanischen Winterolympioniken bei durchschnittlich 23, unter Skilangläufern sogar 50 Prozent. Für EIB ist in diesem Fall die Hyperpnoe kalter – und dadurch trockener – Luft verantwortlich, die auf Dauer das Atemwegsepithel schädigt. Die daraus folgende Vasokonstriktion und reaktive Hyperämie, Gefäßleckagen und Ödeme sowie freigesetzte Entzündungsmediatoren lösen dann eine Verengung der glatten Muskulatur aus.

Praktische Empfehlungen

Für Athleten aus Nicht-Wintersportarten, die nur ausnahmsweise in kalte Wetterlagen fallen können, schlagen die Autoren des oben genannten Reviews einfache Maßnahmen wie zusätzliche Schutzkleidung oder „Abhärtung“ durch regelmäßige Kaltwasser-Tauchbäder vor, etwa vor Wettkämpfen in kälteren Regionen.

Winter-Ausdauersportler sollten isolierende, jedoch atmungsaktive Kleidung tragen; hier betonen die Autoren die ideale Rolle wärmender Unterschichten aus Merinowolle und bemängeln hauchdünne Kunstfaser-Anzüge wie etwa im Biathlon.

Geschwindigkeits- und Kraft-Wintersportarten wie Rennrodeln, alpine Skidisziplinen, Shorttrack-Eisschnelllauf oder Eisklettern folgen eher intermittierenden Abläufen: Hochintensive Abschnitte wechseln mit Ruhepausen und Inaktivität (z. B. Liftfahrten oder Wartezeiten); zudem sind die Athleten oft starken Winden ausgesetzt. Hier ist es schwieriger, die Haut- und Muskeltemperatur bzw. die metabolische Wärmeproduktion stetig aufrecht zu erhalten. Ein mehrlagiges Kleidungskonzept, das Rücksicht auf den steigenden Wärmebedarf in Inaktivitätszeiten nimmt, ist hier besonders wichtig; der Bedeckung von Extremitäten, Kopf und Gesicht als „Abstrahlflächen“ kommt spezielle Bedeutung bei.

Eine rechtzeitige Gewöhnung an Training oder Wettkämpfe in kühlen Regionen kann die Stoffwechselreaktion auf Kälte verändern und die Sympathikus-Aktivität verringern, was möglicherweise die Leistung positiv beeinflusst. Außerdem können Sportler auch mit dem Kleidungskonzept experimentieren, so dass sie bei Eintritt in die Wettkampfphase damit vertraut sind. Es ist z. B. durchaus sinnvoll, wie manche Skilangläufer zwischen Aufwärmen und Wettkampf die Unterschicht zu wechseln, um im Rennen die notwendige Hauttemperatur besser zu halten.

Die Absage oder Modifizierung von Trainings oder Wettkämpfen bei extrem kalten Temperaturen, die nicht mehr als sicher angesehen werden können, sollte jederzeit in Erwägung gezogen werden. Hier hat man sich auf eine Temperatur von -15 Grad als Sicherheitsschwelle geeinigt. Junioren- und Frauenkategorien sollten dabei besonders berücksichtigt werden, weil die thermische Regulation bei niedrigeren Körpergewichten und schmalerer Physiognomie meist empfindlicher ist.

Die Glykogenspeicher sollten vor einem Training oder Wettkampf in der Kälte mittels entsprechender Ernährung oder Supplemente gut aufgefüllt sein, da Energiemangel immer zu Leistungsabfall führt. Unter diesen Umständen ist auch die periphere Gefäßverengung vermindert und der Wärmeverlust umso größer.

Um das Risiko einer EIB zu minimieren, die oft nicht von einer saisonalen Atemwegserkrankung zu unterscheiden ist, sollten insbesondere junge Athleten mittels eines speziellen Belastungstests in trockener Luft oder sogar in der Kältekammer untersucht werden.

Aufwärmübungen von 10 bis 15 Minuten bei mäßiger Intensität können eine Refraktärperiode erzeugen, in der ggf. schon vorhandene EIB-Symptome reduziert werden. Schals oder Gesichtsmasken tragen zwar zum Erhalt der Wärme und Atemfeuchtigkeit bei, erhöhen jedoch die physiologischen Anforderungen an den Athleten. Eine Ernährung mit reichlich Omega-3-Fettsäuren hat möglicherweise eine gewisse Schutzwirkung auf das Atemwegsepithel. Pharmakologische Interventionen bei bestehender EIB sollten jeweils individuell mit dem betreuenden Arzt abgestimmt werden.

■ Kura L

Quellen:

  1. Gatterer H, Dünnwald T, Turner R, Csapo R, Schobersberger W, Burtscher M, Faulhaber M, Kennedy MD. Practicing Sport in Cold Environments: Practical Recommendations to Improve Sport Performance and Reduce Negative Health Outcomes. Int J Environ Res Public Health. 2021 Sep 15; 18: 9700. doi:10.3390/ijerph18189700