Kardiovaskulärer Stress bei Fußball-Schiedsrichtern

Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Beitrags (Originalarbeit) aus der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin (DZSM) mit Link zum englischsprachigen Originalartikel und Downloadmöglichkeit als PDF.

Kardiovaskulärer Stress bei Fußball-Schiedsrichtern
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Methoden

Einundzwanzig Schiedsrichter aus den beiden oberen luxemburgischen Fußballligen wurden während und nach je einem Spiel mit einem ambulanten Langzeit-EKG über insgesamt ca. 17 Stunden überwacht. Gleichzeitig wurden zuvor definierte Stresssituationen während des Spiels notiert. Die Ergebnisse wurden mit denen eines sportkardiologischen Check-up einschließlich eines maximalen Stufentests auf dem Laufband mit EKG-, Blutdruck- und Laktatmessungen verglichen.

Ergebnisse und Diskussion

Alle Teilnehmer wiesen ein niedriges Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse in den nächsten 10 Jahren auf. Siebzehn Schiedsrichter hatten mindestens einen, zwei hatten 4 Risikofaktoren. Bei 3 Personen wurde ein erhöhter Blutdruckanstieg während und nach Belastung gemessen.

Während des Spiels befanden sich die Schiedsrichter im Durchschnitt zu 17%, 32%, 34% und 17% in den Bereichen „regenerativ“ (definiert als <80% der Herzfrequenz an der individuellen anaeroben Schwelle, IAS), „extensiv“ (80 – 87,5% IAS), „intensiv“ (87,6 – 102,5% IAS) und „hochintensiv“ (>102,5% IAS). Die mittlere (154 ± 11 /min, Mittelwert ±SD) bzw. die maximale Herzfrequenz (180 ± 10 /min) lag während des Spiels nur geringfügig niedriger als an der IAS (161 ± 9 /min) bzw. am Ende des Laufbandtests (183 ± 11 /min). Stresssituationen gingen mit einem signifikanten Herzfrequenzanstieg von 16 ± 10 /min einher. Das EKG zeigte sowohl im Langzeit-EKG als auch auf dem Laufband insgesamt nur geringgradige Arrhythmien, aber eine höhere Inzidenz von Extrasystolen während den 90 min des Spiels im Vergleich zu den 15,5 Stunden außerhalb des Spiels. Ein Schiedsrichter, der während des Spiels signifikante ST-Strecken-Senkungen aufwies, erlitt zwei Jahre später ein plötzliches kardiales Ereignis im Training.

Was ist neu und relevant?

Die kardiovaskuläre Beanspruchung bei Fußball-Schiedsrichtern liegt während etwa der Hälfte der Spielzeit im (hoch-)intensiven Herzfrequenzbereich mit einer Zunahme insbesondere bei Stresssituationen bis in den Ausbelastungsbereich der Laufbandergometrie.

Methodische Einschränkungen und Störfaktoren

Eine Unterscheidung zwischen dem Einfluss von physischem und psychischem Stress erfolgte nicht. Neben der Laufausdauer wurden keine weiteren konditionellen Voraussetzungen bestimmt. Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen auf dem Laufband (Ausdauer, EKG-Ereignisse) und während des Spiels waren aufgrund der jeweils geringen Anzahl statistisch nicht zu sichern.

Fazit für die Praxis

– Fußball-Schiedsrichter sind wie die Spieler einer erheblichen kardiovaskulären Beanspruchung ausgesetzt

– Ein systematisches Ausdauertraining ist für Schiedsrichter unverzichtbar

– Eine regelmäßige Gesundheitsüberwachung, einschließlich eines maximalen Belastungstests auf einem Laufband, sollte auch für Fußballschiedsrichter empfohlen werden

Herzfrequenz aus dem Langzeit-EKG eines Fußballschiedsrichters
Abb. 1: Herzfrequenz aus dem Langzeit-EKG eines Fußballschiedsrichters mit Stresssituationen: 1 = gelbe Karte; 2 = gelb/rote Karte; 3 = gelbe Karte; 4 = gelbe Karte nach Protest wegen Tor-Aberkennung, Aggression gegenüber Schiedsrichterassistent und Trainer, schließlich Spielabbruch. Die horizontale Linie zeigt die Herzfrequenz an der individuellen anaeroben Laktatschwelle der Laufbandergometrie. © DZSM 2022

■ Urhausen A, Vivas JP , Lambert C , Weiler B