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Fortsetzung Die Entstehung der experimentellen Sportorthopädie

Diese Entwicklung der Sportorthopädie findet sich auch auf internationaler Ebene wieder. Führende internationale Fachgesellschaften treiben jeweils eine Sparte des Fachs voran. Während die AOSSM („American Orthopaedic Society for Sports Medicine“) über die Gründung ihres zweiten wissenschaftlichen Journals „Sports Health“ die Nähe zur interdisziplinären, sportbetreuenden Mitgliederbasis sucht, treiben AANA („Arthroscopy Association of North America“) und ISAKOS („International Society of Arthroscopy, Knee Surgery and Orthopaedic Sports Medicine“) mit „Arthroscopy Techniques“ die Perfektionierung der minimalinvasiven, arthroskopischen Chirurgie voran.

Demgegenüber hat sich die ESSKA („European Society of Sports Traumatology, Knee Surgery and Arthroscopy“) mit der Gründung ihres zweiten wissenschaftlichen Sprachrohrs, dem „Journal of Experimental Orthopaedics“, der experimentellen Basis, also der experimentellen Orthopädie und Sportorthopädie zugewandt.

Das Journal of Experimental Orthopaedics (Abkürzung der US-National Library of Medicine; NLM: J. Exp. Orthop.) hat sich zum Ziel erklärt, eine wissenschaftliche Plattform für Untersuchungen in diesem Gebiet zu sein. Es ist seit dem 26. Februar 2016 in PubMed gelistet. Sein Herausgebergremium umfasst weltweit führende Experten auf dem Gebiet der experimentellen Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportorthopädie. Unter den für die Sportorthopädie relevanten Publikationen in diesem Journal finden sich Arbeiten zur Früharthrose des Sprunggelenkes, Wahl des geeigneten Tiermodells für translationale Forschungen, das Problem der Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes bei Patienten mit offenen Wachstumsfugen, die Rolle von mesenchymalen Stammzellen bei der Meniskusreparatur sowie innovative Ansätze zur Immunmodulation als eine therapeutische Strategie für die Knochenregeneration.

Der praktisch tätige Sportmediziner oder Sportorthopäde darf sich zu Recht fragen, inwiefern ihm dieses neue Teilgebiet in der täglichen Praxis helfen wird. So unmöglich es ist, zukünftige Entwicklungen vorauszusagen, reicht aber ein Blick in die nahe Vergangenheit, um das Potential dieser Sparte zu erkennen. Ein Beispiel hierfür ist der Erhalt des Meniskus, z. B. im Rahmen von Verletzungen am vorderen Kreuzband. Wurde er im Falle einer Läsion bei gleichzeitigem Kreuzbandersatz noch vor nicht allzu langer Zeit fast systematisch aus dem Kniegelenk entfernt, so ist der Erhalt dieses Gewebes heute in vielen Fällen Realität und an der Tagesordnung – auch bei Sportlern. Die Fortschritte der arthroskopischen Verfahren – gepaart mit den dazugehörenden experimentellen Arbeiten – haben dazu geführt, die wissenschaftliche Grundlage dieses Gewebeerhalts zu etablieren. Es gibt eine Vielzahl ähnlicher Beispiele, sei es am Knie oder an anderen Gelenken. Gleichzeitig besteht ein grosser Bedarf, diese Errungenschaften weiter zu verbessern und derzeit noch ungelöste Probleme anzugehen.

Der Antrieb der wissenschaftlichen und medizinischen Gemeinschaft mag hierbei primär die Rückkehr zur sportlichen Aktivität (gewesen) sein. Hinter diesem vordergründigen Ziel verbirgt sich aber weit mehr als die Wiederaufnahme des Sports. Vielmehr geht es um den Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit im Langzeitverlauf durch die Prävention von Gelenkschäden und Arthrose. Es ist davon auszugehen, dass es durch die Vielzahl der Sportverletzungen zu einer immer steigenden Anzahl an Patienten mit Gelenkschäden, frühzeitiger Arbeitsunfähigkeit und eingeschränkter Lebensqualität in den letzten Lebensdekaden kommen wird. Die experimentelle Sportorthopädie hat das Potential, diesem Trend entgegenzuwirken und den Gelenkerhalt zu ermöglichen. Die Autoren hoffen, dass die innovativen Strategien und Arbeiten der experimentellen Sportorthopädie eine immer größere, verstärkt interdisziplinäre sowie international führende Rolle nicht nur innerhalb unseres Fachgebietes der Orthopädie und Unfallchirurgie findet, sondern auch gegenüber den anderen Disziplinen in der Medizin.

■ Seil R, Madry H

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Quellen:

  1. Angele P, Kujat R, Koch M, Zellner J. Role of mesenchymal stem cells in meniscal repair. J Exp Orthop. 2014; 1: 12. doi:10.1186/s40634-014-0012-y

  2. Castagnini F, Pellegrini C, Perazzo L, Vannini F, Buda R. Joint sparing treatments in early ankle osteoarthritis: current procedures and future perspectives. J Exp Orthop. 2016; 3: 3. doi:10.1186/s40634-016-0038-4

  3. Christensen BB, Foldager CB, Olesen ML, Vingtoft L, Rölfing JH, Ringgaard S, Lind M. Experimental articular cartilage repair in the Göttingen minipig: the influence of multiple defects per knee. J Exp Orthop. 2015; 2: 13. doi:10.1186/s40634-015-0031-3

  4. Madry H, Ochi M, Cucchiarini M, Pape D, Seil R. Large animal models in experimental knee sports surgery: focus on clinical translation. J Exp Orthop. 2015; 2: 9. doi:10.1186/s40634-015-0025-1

  5. Moran CJ, Ramesh A, Brama PA, O‘Byrne JM, O‘Brien FJ, Levingstone TJ. The benefits and limitations of animal models for translational research in cartilage repair. J Exp Orthop. 2016; 3: 1. doi:10.1186/s40634-015-0037-x

  6. Schlundt C, Schell H, Goodman SB, Vunjak-Novakovic G, Duda GN, Schmidt-Bleek K. Immune modulation as a therapeutic strategy in bone regeneration. J Exp Orthop. 2015; 2: 1. doi:10.1186/s40634-014-0017-6

  7. Seil R, Weitz FK, Pape D. Surgical-experimental principles of anterior cruciate ligament (ACL) reconstruction with open growth plates. J Exp Orthop. 2015; 2: 11. doi:10.1186/s40634-015-0027-z