DZSM-MITTEILUNG

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20.06.2017

Zusatzqualifikation „Sportkardiologie“

Die Kardiologie interessiert sich zunehmend für den Sport – sowohl wissenschaftlich als auch im praktischen Alltag.

Zusatzqualifikation „Sportkardiologie“
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Mittlerweile wird viel und hochrangig publiziert über Themen wie beispielsweise den plötzlichen Herztod beim Sport, physiologische Adaptationen und mögliche schädigende Effekte auf das Herz durch (Hoch-)Leistungs- bzw. Wettkampfsport oder – “ganz simpel“ – über das Sportler-EKG (4). Des Weiteren wurden in den letzten Jahren zahlreiche Studien zur körperlichen Aktivität in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie zum Training bei Patienten mit Herzinsuffizienz, KHK, ICD, Vorhofflimmern oder zuletzt auch nach Transaortaler Klappenimplantation (TAVI) publiziert (3). Für die Praxis können hieraus wichtige Rückschlüsse zur körperlichen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit kardialer Patienten gezogen sowie Trainingsempfehlungen für die kardiovaskuläre Prävention und Rehabilitation abgeleitet werden.

Doch Vieles, was zunächst einfach und banal erscheinen mag, kann in der Praxis bei der Beurteilung der Sporttauglichkeit Fragen aufwerfen und Probleme bereiten. Dies können zum Beispiel EKG-Veränderungen oder echokardiographisch grenzwertige Ventrikel- und Vorhofdimensionen und -funktionen von Sportlern sein: Ist die erhöhte ST-Strecke des in der Sprechstunde vorstelligen Sportlers physiologisch oder pathologisch? Passen die EKG-Veränderungen und echokardiographischen Befunde zur Sportart, zur Trainingsanamnese und zur Ethnie? Soll bei einem echokardiographischen Grauzonenbefund sicherheitshalber – oder eventuell gar aus rechtlichen Gründen – noch eine ergänzende Kardio-MRT erfolgen? Kann der Radiologe oder Kardiologe ohne entsprechende sportkardiologische Kenntnisse die kernspintomographischen Aufnahmen eines jungen Leistungssportlers richtig interpretieren? Soll im Zweifelsfall ein (Wettkampf-)Sportverbot ausgesprochen werden?

Bild Jürgen Scharhag
Prof. Dr. med. Jürgen Scharhag, Zentrum für Prävention und Sportmedizin, Technische Universität München © Scharhag

Aber nicht nur bei Leistungs- und Wettkampfsportlern können Fragen und Probleme auftauchen. Auch die Ermittlung von Trainingsempfehlungen und deren Umsetzung in der Prävention oder bei kardialen Patienten ist nicht einfach und banal: Welches Ergometrieprotokoll soll verwendet werden? Fahrrad- oder Laufbandergometrie? Sollen die Trainingsintensitäten über die maximale Herzfrequenz, die maximale Sauerstoffaufnahme oder besser über submaximale spiroergometrische Schwellen oder Laktatschwellen bestimmt werden? Soll nach der Dauermethode, der Intervallmethode oder gar der hochintensiven Intervallmethode (HIIT) trainiert werden?

Ist Krafttraining sinnvoll und möglich? Braucht man für das Training ausgebildete Sporttherapeuten und wie soll der kardiale Patient zu Hause trainieren? Kann man den Patienten in ein Fitnessstudio schicken, da Herzsportgruppen-Training einmal pro Woche zu wenig ist? Sportkardiologische Fragen gibt es viele. Deshalb wurde 2005 von Sportmedizinern die Arbeitsgruppe (AG) „Sportkardiologie“ in der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) gegründet.

Gut erinnere ich mich noch an das vorangegangene nette Telefonat mit dem damaligen Geschäftsführer der DGK, Professor Gunther Arnold, in dem ich die aus sportmedizinischer Sicht bestehende Notwendigkeit einer AG „Sportkardiologie“ schilderte. Da auch der Vorstand der DGK der Meinung war, dass hierfür Bedarf bestünde, erfolgte nach den ehemaligen AGs „Sportmedizin“ (1985) und „Körperliche Belastbarkeit bei nichtkoronaren Herzerkrankungen“ (1995) die „anstandslose Genehmigung“ der Neueinrichtung der AG „Sportkardiologie“.

Die erste Hauptsitzung der AG „Sportkardiologie“ wurde 2006 bei der Jahrestagung der DGK zum Thema „Kardiovaskuläre Sporttauglichkeitsuntersuchungen“ abgehalten und war so gut besucht, dass viele Zuhörer auf dem Boden des für ca. 250 Personen ausgelegten Saales saßen und der Projektor an der Decke aufgrund der Hitzeentwicklung im zu kleinen Saal zweimal kurz ausfiel.