Beeinflusst Paracetamol die Ausdauerleistung?

Beeinflusst Paracetamol die Ausdauerleistung?
© Aleksandra Gigowska / Adobe Stock

Als Alternative zu NSAR oder Opiaten ist Paracetamol ein häufig angewendetes Medikament gegen leichte bis mittelstarke Schmerzen – auch in der Sportmedizin und Orthopädie. Da es nicht auf der Dopingliste steht, eine künstliche Erhöhung der Schmerztoleranz bei langen Trainings- oder Wettkampfeinheiten aber theoretisch durchaus die Ausdauerleistung steigern kann, liegt die Frage nah, ob dadurch unfaire Vorteile entstehen. Zu diesem Thema gibt es bereits einige Studien, die jedoch große Qualitätsunterschiede aufweisen und deren Ergebnisse höchst ambivalent sind. Eine aktuelle australisch-kroatische Metaanalyse hat sich des Themas nun angenommen und die existierende Literatur gesichtet. (1)

Entscheidender Faktor Einnahmezeitpunkt?

In die Auswertung kamen zehn randomisierte doppelblinde Crossover-Studien von sehr hoher Aussagekraft, die zunächst im Gesamtzusammenhang analysiert wurden. Untergruppenanalysen spezifizierten dann auf die Messinstrumente „Ausdauertest bis zur Erschöpfung“ und „Zeitfahren“. Die Paracetamol-Dosis lag je nach Studie bei 500, 1000 oder 1500 mg; drei Studien machten die Dosis vom Körpergewicht abhängig. Höhere Dosen scheinen dabei größeren Einfluss zu nehmen als niedrige.

Interessant war der große Einfluss des Einnahmezeitpunkts auf die Gesamtauswertung: Eine statistische Signifikanz zeigte sich erst nach Konzentration auf Studien, in denen Paracetamol 45 oder 60 Minuten vor Antritt der Trainingseinheit gegeben wurde (in zwei Studien betrug der Zeitraum 120 Minuten). Angesichts der Tatsache, dass die Serum-Halbwertzeit von Paracetamol bei 90 bis maximal 150 Minuten liegt, verwundert dieses Ergebnis allerdings nicht.

Fazit

In der gepoolten Gesamtanalyse steigerte Paracetamol im Vergleich zu Placebo die Ausdaueleistung nicht signifikant. Leichte ergogene Effekte bestanden hingegen bei der zeitnahen Einnahme (< 60 Minuten) vor dem Training sowie in reinen Ausdauertests bis zur Erschöpfung – hier vermutlich wegen der höheren akuten Induktion von Muskelschmerz und der größeren neuromuskulären Ermüdung, die beide auf den Wirkstoff ansprechen. Wurde die Leistung in Lauf- oder Fahrzeit gemessen, ergaben sich keine Vorteile.

Die Autoren weisen darauf hin, dass für eine belastbare Aussage zum Thema Paracetamol und Ausdauerleistung weitere gezielte Studien für Männer und Frauen notwendig sind, in denen verschiedene Dosen, Einnahmezeitpunkte (ggf. auch < 45 Minuten) sowie vorher gut eingeübte primäre Endziele direkt gegenübergestellt werden. Außerdem geben sie zu bedenken, dass der Wirkstoff bei häufigem Gebrauch die Leber belastet und sehr wohl Marker für anabole Signale abschwächt (z.B. die Phosphorylierung des ribosomalen Proteins S6), was je nach Trainingsziel eine Rolle spielen kann. Und natürlich sollten auch ethische Aspekte berücksichtigt werden; erste Rufe nach einer Aufnahme in die WADA-Liste ausnahmepflichtiger Substanzen sind bereits laut geworden.

■ Kura L

Quellen:

  1. Grgic J, Mikulic P. Effects of Paracetamol (Acetaminophen) Ingestion on Endurance Performance: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports. 2021; 9: 126. doi:10.3390/sports9090126