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Fortsetzung Hypoxietraining – nicht nur im Leistungssport eine Option

Live High – Train Low

Beim LH-TL-Konzept leben Athleten für einen Zeitraum von drei bis vier Wochen entweder in der Höhe unter natürlicher Hypoxie oder in speziellen Häusern, die künstlich hypoxisch gehalten werden. In Peking, Tokio, Doha und Canberra beispielsweise gibt es solche Einrichtungen. Die Athleten verbringen mindestens 12 Stunden pro Tag in Hypoxie, trainieren aber unter normoxischen Bedingungen. Ein Vorteil von LH-TL ist, dass die absolute Trainingsintensität nicht reduziert werden muss, wie das bei LH-TH der Fall ist. Der Sportler profitiert also von Hypoxieeffekten in Ruhe plus hoher Trainingsintensität. Die Hämoglobinmasse steigt in ähnlichem Maße wie bei LH-TH. Interessant sind die Ergebnisse einer Metaanalyse (2), die zeigte, dass es einen Unterschied macht, ob unter natürlicher Hypoxie (also hypobarer Hypoxie mit vermindertem Sauerstoffpartialdruck) oder unter künstlicher Hypoxie gelebt wird. In letzterem Fall wird die verringerte Sauerstoff- verfügbarkeit durch eine »Verdünnung« der Luft mit Stickstoff, aber bei gleichbleibendem Partialdruck erreicht. Unter hypobarer Hypoxie lag die Leistungssteigerung bei Eliteathleten bei vier Prozent, bei normobarer Hypoxie nur bei 0,6–1,4 Prozent.

Train-High-Konzepte zeigen kaum Effekte

Ein weiteres Konzept des Hypoxietrainings ist das Live Low – Train High. Dafür gibt es unterschiedliche Protokolle, die, grob gesagt, auf die Anforderungen der jeweiligen Sportart abgestimmt sind. Beliebt ist diese Trainingsform, weil sie relativ zeitsparend (ohne wochenlange Trainingslager) und kostengünstig (Training z. B. mit Masken oder in einzelnen im Sauerstoffgehalt regulierbaren Räumen) stattfinden kann.

Man unterscheidet

a) kontinuierliches hypoxisches Training, bei dem zwischen 20 und 90 Minuten submaximal trainiert wird,

b) Intervalltraining unter Hypoxie, bei dem intensive Einheiten von 30 Sekunden bis fünf Minuten mit mehr als 70 Prozent der VO2max durchgeführt werden,

c) wiederholtes Sprinttraining, bei dem sehr kurze (fünf bis 30 Sekunden), aber hochintensive Belastungen mit unvollständigen Erholungszeiten kombiniert werden,

d) Krafttraining unter Hypoxie und

e) intermittierendes Hypoxietraining, bei dem in Ruhe einige Minuten der Hypoxie mit Normoxie über einen Zeitraum bis zu mehreren Stunden abwechseln.

 

Bild Varianten Hypoxietraining
Kontinuierliches hypoxisches Training, IHT: Intervalltraining unter Hypoxie, RSH: Wiederholtes Sprinttraining, RTH: Krafttraining unter Hypoxie © DZSM 2018

Für die Trainingsregimes a), b), d) und e) konnte bislang keine überzeugende Evidenz gefunden werden. Die Leistung wird durch diese Art des Trainings nicht oder nur sehr gering positiv beeinflusst. Etwas besser sieht es aus, wenn das Hypoxietraining mit intensivem Normoxietraining kombiniert wird. »Nach der aktuellen Literaturlage scheint das repetitive Sprinttraining besonders für sprintintensive Mannschaftssportarten interessant zu sein. Hierfür zeigen Studien eine Verbesserung der maximalen Sprintleistung ähnlich einem Sprinttraining unter Normoxie. Doch die Ermüdungsresistenz ist im Gegensatz deutlich verbessert«, erklärt Prof. Schmidt. Die physiologischen Zusammenhänge sind noch nicht ausreichend verstanden. Bekannt ist, dass eine Reihe molekularer Adaptationen stattfindet. So ändert sich die Expression relevanter Gene für den Sauerstofftransport, den Kohlenhydratstoffwechsel, die Biogenese von Mitochondrien, die Regulation von pH-Wert und oxidativem Stress sowie die Struktur der Sarkomere im Muskel. Doch solche Veränderungen lassen keine direkten Rückschlüsse auf die Leistungsverbesserung zu.

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