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Fortsetzung Was läuft falsch im Anti-Doping?

4. Weniger Labore und mehr Konsistenz im Anti-Doping

Aktuell will jede große Sportnation möglichst ein eigenes unabhängiges Anti-Dopingsystem mit eigenem Anti-Dopinglabor. Offenkundig ist aber das System für Manipulationen empfindlich. Das zeigen u. a. die Erfahrungen bei den Olympischen Spielen in Sotchi. Dort waren WADA-Kontrolleure anwesend und das Moskauer Labor wurde regelmäßig kontrolliert. Dennoch bemerkte anscheinend niemand, dass Proben manipuliert wurden. Natürlich ist es auch möglich, dass Manipulationen auffielen, aber aus Rücksichtnahme auf die Staaten nicht veröffentlicht wurden (sie halten 50% der Stimmrechte der WADA und zahlen 50% des Etats).

5. Neue Formen von Kontrollen?

Die Erhöhung der Zahl der Kontrollen hat Athleten mittlerweile einem hohen Kontrolldruck ausgesetzt, wobei dieser Kontrolldruck ganz asymmetrisch auf wenige Athleten und Nationen konzentriert ist, besonders auf die, die „compliant“ sind. Nationen und Sportler, die nicht „compliant“ sind, können offenkundig den Kontrollen ausweichen. Vielleicht schaut ein künftiges System so aus: Die Proben der Athleten werden in einem kriminalistischen System gesammelt und archiviert und nur nach Bedarf, zum Beispiel bei auffälligen Leistungssteigerungen, analysiert. Das entspräche einer Umkehrung bisheriger Vorgehensweisen, erlaubt aber mehr Proben zu geringeren Kosten.

6. Bessere Kommunikation

Der Meldonium-Fall hat gezeigt, dass die Kommunikation vollkommen unzureichend ist. Die WADA wusste, dass etwa 20% aller Dopingkontrollen aus ehemaligen Ostblockstaaten Spuren von Meldonium enthielten, da dies dort als zulässig betrachtet wurde. Diese hohe Zahl wurde aber nicht publiziert. Die Pharmakologie von Meldonium war wohl auch nicht richtig untersucht worden. Als dann Meldonium (richtigerweise) verboten wurde, unterschätzten alle das Problem. Entsprechend gab es keine ausreichenden Warnungen und die Sportler, die ein bis dahin erlaubtes Medikament weiter eingenommen hatten, traf es fast unvorbereitet.

7. Der Status „Non-compliant“ muss Konsequenzen haben

Wenn Anti-Doping-Labors nicht funktionieren, Kontrollen nicht oder schlampig durchgeführt, die Berichtspflichten nicht erfüllt werden oder der WADA-Code nicht in Gesetze und Regularien umgesetzt wird, dann kann die WADA den Status „Non-compliant“ verhängen. Dies muss allerdings spürbare Konsequenzen haben, beispielsweise die nicht mehr eigenständige Organisation von Doping-Kontrollen und das Startverbot für nicht kontrollierte Sportler, wie zuletzt in der IOC-Entscheidung zu Russland.

8. Es führt kein Weg vorbei an konsequenter Anti-Doping-Politik und an Reformen

Nur damit lässt sich die Integrität des Sports auch im Sinne der Chancengleichheit aufrechterhalten und der positive Wert von Sport für Gesellschaft, Gesundheit und Bildung erhalten.

■ Steinacker JM

Quellen:

  1. Duiven E, de Hon O. The Dutch elite athlete and the anti-doping policy. http://www.dopingautoriteit.nl/media/files/2015/The_Dutch_elite_athlete_and_the_anti-doping_policy_2014-2015_international_summary_DEF.pdf, Updated 31st August 2015. [13th October 2016].

  2. Steinacker JM, Schild W, Striegel H. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport. Dtsch Z Sportmed. 2015; 66: 156-160. doi:10.5960/dzsm.2015.181

  3. Wintermantel J, Wachsmuth N, Schmidt W. Doping Cases among Elite Athletes from 2000 to 2013. Dtsch Z Sportmed. 2016; 67: 263-269. doi:10.5960/dzsm.2016.258