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Fortsetzung Sportverletzungen – Pech oder prognostizierbar?

Wie viel und welche Anstrengung wird toleriert?

Eine interessante Untersuchung hat Tim Gabbett (1) durchgeführt. Für die interne Trainingsbelastung verwendet er die Session-RPE-Skala (Abb. 1) und multipliziert den Wert mit der Dauer der Trainingseinheit in Minuten. Für Trainingseinheiten mit niedriger Intensität belaufen sich die Werte im Fußball auf 300 bis 500 Einheiten (»Anstrengungsminuten«), für intensive Einheiten auf 700 bis 1000. In einer Untersuchung der Trainingsbelastung und des Verletzungsrisikos von Elite-Rugbyspielern stellte er fest, dass eine wöchentliche Anzahl von Anstrengungsminuten zwischen 3000 und 5000 in der Trainingsphase vor einer Saison mit einer 50- bis 80-prozentigen letzungsrisiko hat. Bei einer bis zu zehnprozentigen Steigerung bleibt es gleich. Dann steigt es deutlich an – bei einer um 15 Prozent erhöhten Trainingsbelastung um mehr als das Zweifache.

Session-RPE-Skala zur Erfassung der internen Trainingsbelastung

Abb. 1: RPE-Skala © DZSM 2019

Eine weitere Möglichkeit, die Trainingsbelastung darzustellen, ist das Verhältnis von akuter zu chronischer Belastung (1). Unter »chronisch« wird in diesem Zusammenhang der Durchschnitt des üblichen Trainings (zurückgelegte Strecke, Anzahl Sprints etc.), quasi die Dauerbelastung, betrachtet, während »akut« Spitzenbelastungen meint. Analysiert man das Verhältnis der Dauer von akuter zu chronischer Belastung, so ergibt das einen Hinweis auf die Fitness – der Wert liegt bei ≤1. Ist die akute Belastung höher als die chronische (wegen geringer Fitness oder gesteigerten Trainingsumfängen), liegt der Wert bei >1. Im Bereich zwischen etwa 0,8 und 1,3 ist das Verletzungsrisiko gering, ab einem Verhältnis von 1,5 steigt es deutlich an. Auch bei Werten von <0,5 ist es höher als im Optimalbereich.

Sportverletzungen wird es immer geben und auch Screenings werden sie nicht in jedem Fall verhindern können. Doch verschiedene, teilweise schon lange genutzte Werte könnten in neuer Betrachtung weiteren Nutzen für Sportler bringen. Eine Gruppe, die in dem Artikel zu kurz kam, sind relativ unsportliche Personen, die neu mit einem Sport beginnen. »Diese Personen überlasten sich häufig unwissentlich zu sehr, so dass Verletzungen leider eine typische Folge sind«, betont Prof. Löllgen. Und weiter: »Dann geht der nützliche und gesundheitsförderliche Aspekt von Bewegung verloren und birgt Risiken.« Um das zu vermeiden, ist individuelle Anleitung – beispielsweise in Form eines Rezepts für Bewegung – ein wichtiger Ansatzpunkt.

■ Hutterer C

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Quellen:

  1. Gabbett TR. The training-injury prevention paradox: should athletes be training smarter and harder? Br J Sports Med. 2016; 50: 273-280. doi: 10.1136/bjsports-2015-095788

  2. Krosshaug T, Steffen K, Kristianslund E, Nilstad A, Mok KM, Myklebust G, Andersen TE, Holme I, Engebretsen L, Bahr R. The Vertical Drop Jump Is a Poor Screening Test for ACL Injuries in Female Elite Soccer and Handball Players: A Prospective Cohort Study of 710 Athletes. Am J Sports Med. 2016; 44: 874-83. doi: 10.1177/0363546515625048

  3. Rose G. Strategy of prevention: lessons from cardiovascular disease. BMJ. 1981; 282: 1847-1851.