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Fortsetzung Sportlerleiste, Leistenhernie und Schenkelhernie

TEP, TAPP und Minimal Repair – alle OP-Methoden sind gut

Sowohl bei dem von Dr. Muschaweck entwickelten Minimal-Repair-Verfahren als auch beim TEP- oder TAPP-Verfahren ist innerhalb von 14 Tagen die Rückkehr ins Training möglich (1). Bei TEP und TAPP wird entweder über einen Zugang zum Spaltraum zwischen Bauchfell und Bauchdecke (TEP) oder über die Bauchhöhle ein Netzgewebe platziert, um das geschwächte Gewebe zu stützen und den Druck auf die Stelle besser zu verteilen. Beide Verfahren sind vom Erfolg her vergleichbar (2). Die Minimal-Repair-Technik kommt ohne Verwendung körperfremder Materialien aus. Bei dieser Methode wird die erweiterte Faszie gestrafft und vernäht, ohne weitere Gewebe zu beschädigen. Ist der für den Schmerz ursächliche Nerv sichtbar geschädigt, wird er durchtrennt. Ist das nicht der Fall, kann er erhalten bleiben.

Leistenbruch bei Männern, Schenkelhernie bei Frauen

Manchmal steckt hinter den Schmerzen in der Leiste auch eine klassische Leistenhernie (vor allem bei Männern) oder eine Schenkelhernie (vor allem bei Frauen). Nicht immer ist das durch einen ausgeprägten Bruchsack sofort ersichtlich, doch lässt sich ein Leisten- oder Schenkelbruch bei der klinischen Untersuchung gut tasten und auch im Ultraschall bestätigen. Während bei der Sportlerleiste die Leistenkanalhinterwand nur geschwächt ist und dem Druck aus dem Bauchraum als ganzes nachgibt, tritt bei der Leisten- und der Schenkelhernie Bauchinhalt durch das erweiterte Gewebe.

Bei der Leistenhernie ist die Schwachstelle, durch die das Gewebe nach außen tritt, oberhalb des Leistenbandes an der Stelle, wo der Samenstrang zum Hoden zieht, und tritt daher bei Männern acht- bis zehnmal häufiger auf als bei Frauen. Bei der Schenkelhernie liegt die Schwachstelle unterhalb des Leistenbandes, und zwar dort, wo Beckengefäße unter dem Leistenband zum Oberschenkel ziehen. Die Schenkelhernie ist folglich bei Frauen zehnmal häufiger.

Ursachen sind, wie bereits genannt, die »Sollbruchstellen« im Leistengewebe. Hinzu kommt eine genetische Veranlagung und (chronisch) erhöhter Bauchinnendruck, etwa durch chronische Verstopfung, chronischen Husten (COPD) oder auch bei Sportarten, bei denen willentlich der Druck im Bauch stark erhöht wird. Dazu gehört beispielsweise das Gewichtheben.

Schenkelhernien werden sofort operiert, Leistenhernien können warten

So lange ein Leistenbruch keine Beschwerden verursacht, muss er nicht operiert werden. »Das ist vertretbar, weil sich pro Jahr nur in zwei bis drei Prozent der Leistenhernien Bauchinhalt einklemmt, was dann zu Komplikationen führt«, erläutert Prof. Seelig. Wenn er aber stört, auch ohne Schmerzen zu verursachen, ist eine OP sinnvoll. »Wir wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb von fünf Jahren Schmerzen auftreten, bei 80 Prozent liegt. Die allermeisten Leistenbrüche werden also früher oder später operiert«, führt er weiter aus. Bei den Schenkelhernien wird hingegen die Indikation zur OP sofort bei Auftreten gestellt, weil hier die Rate an eingeklemmtem Gewebe bei 15 Prozent und somit um den Faktor sieben höher liegt als bei der Leistenhernie.

Bei beiden Hernientypen wird während der OP ein Netz an der erweiterten Stelle eingelegt, das das Gewebe verstärkt. »Wir empfehlen unseren Patienten, sich nach einer Hernien-OP 14 Tage zu schonen und maximal fünf Kilogramm zu heben. Danach ist jede Belastung wieder möglich. Interessanterweise wurde noch nie umfassend untersucht, ob frühere Belastung das Risiko für ein Wiederauftreten erhöht. Mit diesem Vorgehen haben wir aber gute Erfahrungen gemacht«, sagt Prof. Seelig.

Leistenschmerzen – besser früher als später zum Arzt

Dr. Muschaweck und Prof. Seelig betonen, dass Sportler Leistenschmerzen nicht bagatellisieren sollten. In der Regel entstehen Leistenschmerzen durch Über- oder Fehlbelastung. Hier sollte man Schmerz frühzeitig als Warnsignal wahrnehmen und nicht immer wieder in den Schmerz hineintrainieren. Eine Behandlung der Schmerzen im Akutstadium, gegebenenfalls begleitet von angepasstem Training, kann weitere Schädigungen und ein wiederholtes Auftreten verhindern. Das Hinauszögern verschlechtert in den meisten Fällen die Situation. Nicht selten gesellen sich dann, beispielsweise aufgrund veränderter Bewegungsabläufe, zusätzliche Beschwerden durch Fehlbelastungen hinzu. Frühere Leistenverletzungen stellen zudem einen Risikofaktor für eine weitere Leistensymptomatik dar.

Prof. Dr. Matthias Seelig, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Krankenhaus Bad Soden
Prof. Dr. Matthias Seelig, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Krankenhaus Bad Soden © Seelig

■ Hutterer C

Quellen:

  1. Bracale U, Melillo P, Pignata G, Di Salvo E, Rovani M, Merola G, Pecchia L. Which is the best laparoscopic approach for inguinal hernia repair: TEP or TAPP? A systematic review of the literature with a network meta-analysis. Surg Endosc. 2012; 26: 3355-3366. doi:10.1007/s00464-012-2382-5

  2. Kler A, Sekhon N, Antoniou GA, Satyadas T. Totally extra-peritoneal repair versus trans- abdominal pre-peritoneal repair for the laparoscopic surgical management of sportsman's hernia: A systematic review and meta-analysis. Surg Endosc. 2021; 35: 5399-5413. doi:10.1007/s00464-021-08554-3

  3. Kraeutler MJ, Mei-Dan O, Belk JW, Larson CM, Talishinskiy T, Scillia AJ. A Systematic Review Shows High Variation in Terminology, Surgical Techniques, Preoperative Diagnostic Measures, and Geographic Differences in the Treatment of Athletic Pubalgia/Sports Hernia/Core Muscle Injury/Inguinal Disruption. Arthroscopy. 2021; 37: 2377-2390.e2. doi:10.1016/j.arthro.2021.03.049

  4. Mercurio M, Corona K, Galasso O, Cerciello S, Morris BJ, Guerra G, Gasparini G. Soccer players show the highest seasonal groin pain prevalence and the longest time loss from sport among 500 athletes from major team sports. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2022; 30: 2149-2157. 10.1007/s00167-022-06924-5doi:

  5. Muschaweck U, Koch A. Sportlerleiste: Begriffsbestimmung, Differenzialdiagnostik und Therapie [Sportsmen's groin : Definition, differential diagnosis and treatment]. Radiologe. 2019; 59: 224-233. doi:10.1007/s00117-019-0499-4

  6. Weir A, Brukner P, Delahunt E, Ekstrand J, Griffin D, Khan KM, Lovell G, Meyers WC, Muschaweck U, Orchard J, Paajanen H, Philippon M, Reboul G, Robinson P, Schache AG, Schilders E, Serner A, Silvers H, Thorborg K, Tyler T, Verrall G, de Vos RJ, Vuckovic Z, Hölmich P. Doha agreement meeting on terminology and definitions in groin pain in athletes. Br J Sports Med. 2015; 49: 768-774. doi:10.1136/bjsports-2015-094869

  7. Zuckerbraun BS, Cyr AR, Mauro CS. Groin Pain Syndrome Known as Sports Hernia: A Review. JAMA Surg. 2020; 155: 340-348. doi:10.1001/jamasurg.2019.5863