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Fortsetzung Operieren wir zu viel?

Welche Schlussfolgerungen ziehen?

Die prinzipielle Kritik an den oben genannten Studien ist, dass relativ unspezifisch Patienten eingeschlossen wurden und nicht exakt herausgearbeitet wurde, welcher Patient von welcher Operation profitiert. In der Studie von Beard et al erhielten z. B. nur 58% der Patienten aus der Gruppe, die nur eine diagnostische Arthroskopie erhalten sollen, tatsächlich diese Behandlung nach 6 Monaten, 48% ließen sich nicht operieren oder erhielten eine RM Refixation oder SAD. Dies unterstreicht, dass für eine erfolgreiche Intervention die korrekte Diagnose und exakte Indikationsstellung entscheidend ist!

Die zitierten Studien sind zur Entwicklung unseres Wissens und zur optimalen Behandlung unserer Patienten wichtig und dürfen nicht geringgeschätzt werden. Wir müssen unsere Behandlungsmethoden kontinuierlich kritisch überprüfen und weiterentwickeln. Auch deshalb hatte meine Arbeitsgruppe eine ähnliche Schulterstudie aufgelegt, welche von der Forschungsförderung der Deutschen Vereinigung für Schulter und Ellenbogenchirurgie unterstützt wurde.

In dieser Studie versuchen wir, die Kriterien und das Patientenkollektiv möglichst genau zur analysieren und zu fokussieren. Dies führte allerdings dazu, dass es sich in der Praxis schwierig gestaltet, Patienten für diesen prospektiv randomisierten Ansatz zu gewinnen: obwohl die Studie schon seit drei Jahren Patienten einschließt, sind die Zielgruppengrößen bisher noch nicht erreicht. Dies unterstreicht, dass gute und aussagefähige Studien in der täglichen Praxis schwierig durchzuführen sind.

Was bedeutet es konkret für uns?

In den wissenschaftlichen Gesellschaften wird immer noch intensiv diskutiert, welche Schlüsse aus den zitierten Studien gezogen werden sollen. Die Krankenkassen allerdings haben ihre Schlüssel schon gezogen und lehnen z. B. beim Knie eine Kostenerstattung ab, sobald die Diagnose eines Kniegelenksverschleiß genannt wird – unabhängig von möglichen anderen biomechanisch wirksamen Pathologien wie freie Gelenkkörper oder Meniskusläsionen. Dies zeigt, dass  – unabhängig von einer differenzierten wissenschaftlichen Bewertung – durch die Kostenträger Fakten geschaffen werden.

Für uns als wissenschaftlich tätige Ärzte ist es deshalb wichtig, weiter an der differenzierten Bewertung unserer Therapien zu arbeiten, die Ergebnisse durch unsere Fachgesellschaften gebündelt zu vertreten und weiterhin das Optimum für unsere Patienten zur deren Wohl zu tun. Es gibt anhand publizierter Daten klare und relative Operationsindikationen. Bei den relativen Indikationen gilt für mich das Prinzip, dass erst einmal konservativ therapiert werden sollte. Bei einem Scheitern dieser Behandlung kann dann über eine Operation nachgedacht werden.

■ Kasten P

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Quellen:

  1. Beard DJ, Rees JL, Cook JA, Rombach I, Cooper C, Merritt N, Shirkey BA, Donovan JL, Gwilym S, Savulescu J, Moser J, Gray A, Jepson M, Tracey I, Judge A, Wartolowska K, Carr AJ . Arthroscopic subacromial decompression for subacromial shoulder pain (CSAW): a multicentre, pragmatic, parallel group, placebo-controlled, three-group, randomised surgical trial. Lancet. 2018; 391: 329-338. doi: 10.1016/S0140-6736(17)32457-1

  2. Kirkley A, Birmingham TB, Litchfield RB, Giffin JR, Willits KR, Wong CJ, Feagan BG, Donner A, Griffin SH, D‘Ascanio LM, Pope JE, Fowler PJ. A randomized trial of arthroscopic surgery for osteoarthritis of the knee. N Engl J Med. 2008; 359: 1097-1107. doi: 10.1056/NEJMoa0708333

  3. Moseley JB, O‘Malley K, Petersen NJ, Menke TJ, Brody BA, Kuykendall DH, Hollingsworth JC, Ashton CM, Wray NP. A controlled trial of arthroscopic surgery for osteoarthritis of the knee. N Engl J Med. 2002; 347: 81-88. doi: 10.1056/NEJMoa013259